Es ist endlich wieder soweit – der Freitag ist da, und somit auch eine neue Ausgabe der BILDERBUCHBUDE DER WOCHE (24)!
Das Ludwig-Jahn-Stadion in Herford ist schon eine schöne Groundperle. Wer das Kreuz noch nicht gesetzt hat, sollte dies unbedingt machen, denn man kreuzt ein ehemaliges Zweitligliga-Stadion. Der SC Herford spielte in den Jahren 1976-78 sowie 1979-81 (insgesamt 4 Jahre) in der zweithöchsten Liga Deutschlands, mittlerweile ist der Verein in der siebtklassigen Landesliga Westfalen angekommen.
17.11.2024 Regionalliga Nord Wilhelm-Langrehr-Stadion Zuschauer: 614
GARBSEN – Nachdem das Wochenende anderweitig im Weserbergland verbracht wurde, sollte als letzter Akt am Sonntag ein Spielchen auf dem Rückweg folgen. Aber sowohl Preußen Hameln als auch der SC Herford spielten nicht mit und verlegten ihren Zock auf Kunstrasen. So führten alle Wege zur dritten Alternative nach Havelse: Hier war zumindest eine Nebenplatzfalle ausgeschlossen, zudem ist der Verein als souveräner Tabellenführer der Regionalliga Nord gerade in aller Munde.
Der Rolle des Tabellenführers wurden die Garbsener auch an diesem Sonntag gerecht. Das Spiel war allerdings lange Zeit spannend. Havelse brauchte eine gute halbe Stunde Anlauf, scorte dann innerhalb weniger Minuten per Doppelschlag. Der Ball läuft wirklich gut beim TSV, hinzu kommt das Selbstvertrauen eines Tabellenführers. Alles deutete auf einen klaren Sieg der Heimelf hin.
Doch die Holsteiner kamen mit Mut und Können aus der Pause. Vor allem Ex-Bundesliga-Kicker Janek Sternberg schlug eine Flanke nach der anderen in den Strafraum. Während BTSV-Legende Mirko Boland doch jetzt spürbar abgebaut hat. Der Anschluss hätte zwingend fallen müssen, stattdessen traf Todesfelde den Pfosten, Havelse köpfte einen Ball von der Linie. Im Gegenzug besorgte ein TSV-Konter in der Schlussminute den 3:0-Endstand. Die handegezählten 9 Todesfelde-Fans im Gästeblock hätten sich einen anderen Ausgang des Spiels gewünscht, während die kleine Gruppierung auf Havelser Seite erst gegen Ende mit Trommel und Gesang auffiel.
Die schöne Bude in Havelse sollte in keiner Groundliste fehlen. In Garbsen ist die Welt noch in Ordnung. Drei verschiedene Tribünen, Patina, alte Eichen und keine verrückten Ordner. Eine megagute „Bratcurry“ und die kultige Vereinshymne nach der Melodie von „Ick heff mol en Hamborger Veermaster seh’n“ kommt noch hinzu, beim Hannoveraner Vorort-Verein. Wie in der Zweitliga-Saison 1990/91 gilt: Schade, dass das Wilhelm-Langrehr-Stadion den Anforderungen des Profi-Fußballs nicht genügt.
Aber auch so mag man dem Verein alles Gute im Aufstiegskampf wünschen – wenn es so weiter geht, heißt es am Ende der Saison womöglich: Ick heff mol en Halveser Aufstieg seh’n! (mm)
17.11.2024 Landespokal Sachsen Arena zur Vogtlandweide Zuschauer: 1.515
AUERBACH – Länderspielpausen, als nicht allzu großer Fan von den Länderspielen, sind Fluch und Segen zugleich. Oftmals wird es für mich ein Wochenende in näherer Umgebung oder es geht in die Nachbarländer. Zur Auswahl stand ein Revisit in Herne, wo die Partie gegen Arminia Bielefeld leider nach Wanne-Eickel verlegt wurde. Da ich den Ground ebenso schon habe, wirkte es deutlich unattraktiver. Das Überstundenkonto muss ja auch mal geleert werden, somit ergibt eine Tour ins benachbarte Tschechien durchaus Sinn. Am Freitagabend spielte der Drittligist FK Ústí nad Labem zuhause, da die Heimspiele dieses Vereins meines Wissens oft nur Freitag ausgetragen werden, muss man diesen freien Tag ja irgendwann so oder so mal opfern. Das Land bietet ja auch einiges, so verging die Fahrt nach Tschechien durch den entspannten Mittagsverkehr wie im Flug. Den Samstag verbrachte ich mit ehrlichem Amateurfußball in Tschechien und in Deutschland. Abends lockte mich der Revisit bei Slavia Karlovy Vary noch einmal nach Karlsbad. Eine sehr schöne Stadt und trotz des dortigen Kunstrasen auch ein sehr schönes Stadion. Besonders die Empfehlung für das Hotel direkt am Stadion geht hier raus, einfach und schlicht und eben zwei Meter Fußweg ins Hotelzimmer.
Kommen wir zum eigentlichen Hauptspiel der Tour, die BSG Chemie Leipzig spielt um 14:00 im überschaubaren Auerbach. Der VfB Auerbach ist ein früherer Regionalligist, die mittlerweile seit fast 3 Jahren in der NOFV-Oberliga Süd spielen. Die Arena zur Vogtlandweide gefiel mir durchaus gut, enge Gänge auf den Tribünen und keine Schwierigkeiten zum Parken vor dem Spiel. Die durchgesagten 1.515 Zuschauer fühlten sich meiner Meinung nach an wie mindestens 2.000. Als aktuell Drittplatzierter in der NOFV-Oberliga Süd versprach es ein spannendes Spiel zu werden, die BSG als Regionalligist aktuell auf dem 12. Tabellenplatz. Der Platz vor dem Spiel ist trotz des Wetters in einem normalen November-Zustand. Spannend bleibt es abzuwarten, ob der Rasen durchhält. Angesetzt sind noch 3 Heimspiele bis zum 14.12.2024, kurioserweise wird es in anderen Bundesländern anders gehandhabt und der Ball ruht deutlich früher. Pluspunkte zum Stadion sind außerdem noch die Lage des Gästeblocks. Dieser liegt auf der Gegengerade, das sorgt für ein schönes Bild. Durch den permanenten Wind wehen die Fahnen der Gäste geschmeidig. Ein schönes Bild für Fußballromantiker!
Das Spiel verlief nicht ganz so spannend wie erhofft. In der 18. Minute traf Tim Bunge zum 0:1 und ließ den Gästeblock jubeln. Eben jener Tim Bunge traf auch in der zweiten Halbzeit zum 0:2 Endstand. In der Halbzeit des Spiels wurden die Partien der nächsten Runde ausgelost, es wurde klar, dass der Sieger aus dem Spiel gegen den Leipziger-Stadtrivalen antreten darf. Die ersten Gesänge im Gästeblock nach der Halbzeit dienten also selbstverständlich dem verhassten Stadtrivalen. Das nächste Leipziger-Derby steht somit im Sachsen Pokal an.
Nach dem Spiel ging es für mich wieder in Richtung Heimat, 5 ½ Stunden Autofahrt sollten es an diesem Sonntag sein. Für unerfahrene oder “normal” lebende Menschen wahrscheinlich die Horrorvorstellung. Für Reisebegeisterte pure Entspannung und so fiel ich um 22:00 Uhr überglücklich ins heimische Bett. Jeder Kilometer der Tour hat sich mal wieder gelohnt. (tp)
CHEMNITZ – Seit der Saison 2021/2022 wird jährlich die „Fenix Trophy“ ausgetragen. An diesem Turnier nehmen oft Amateurmannschaften teil, die in den letzten Jahrzehnten gegründet wurden und eine Alternative zu bestehenden Vereinen bieten möchten. Ein bekanntes Beispiel ist der Rekordmeister FC United of Manchester, der 2005 von Fans von Manchester United gegründet wurde, als die Glazer-Familie den Verein übernahm.
Das erste Spiel fand 2021 zwischen dem Hamburger Fanverein HFC Falke und den Prag Raptors statt. Auch in diesem Jahr ist ein Verein aus Deutschland vertreten. Mit Athletic Sonnenberg hat sich 2020 ein Verein in einer Stadt gegründet, die durch Rechtsextremismus einen sehr schlechten Ruf hat. Die Sonnenberger möchten mit ihrem neuen Verein zeigen, dass es in Chemnitz auch Personen mit einem anderen Gedankengut gibt. Dieses Jahr nehmen sie zum ersten Mal an dem Wettbewerb teil.
Das erste Spiel des Turniers fand für Sonnenberg auf dänischem Boden statt. Im Hinspiel des Achtelfinals konnte der dänische Vertreter BK Skjold mit 3:0 gewinnen. Für das Rückspiel in Chemnitz war also ein kleines Wunder erforderlich. Bei eisigen Temperaturen und Flutlicht füllte sich die Sportanlage, die auch als Heimspielstätte von Fortuna Chemnitz dient. Insgesamt 650 Zuschauer ließen sich das erste internationale Pflichtspiel in Chemnitz seit über 34 Jahren nicht entgehen.
Zu Beginn des Spiels wurde eine Regenbogenfahne präsentiert, und ein großes Feuerwerk erleuchtete den Abend. Im Spiel beschränkte sich das Feuerwerk jedoch vor allem auf die Seite der Gäste. Bereits nach 39 Minuten führte BK Skjold mit 3:0. Den einzigen Treffer für den Gastgeber gab es nur eine Minute später per Strafstoß, was zugleich der Endstand war.
Trotz der 3:1-Niederlage war der Abend für alle Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.
Mehr als 34 Jahre nach dem letzten Europapokal-Spiel in der Stadt kamen über 600 Zuschauer, es gab echte Eintrittskarten, Feuerwerk, ein Konfetti-Intro und einen organisierten Support der Heimfans mit Fahnen und Doppelhaltern. Nach dem Spiel ließen sich beide Teams von den Fans feiern und genossen vermutlich noch den ein oder anderen Glühwein. (fj)
MARKRANSTÄDT – Via Nahverkehr ging es aus dem Schwechheimer Land direkt in die Niederungen der Sachsenliga. Oh wei, aber Markranstädt – war da nicht was?
Vor 15 Jahren übertrug der SSV sein damaliges Oberliga-Spielrecht an RB Leipzig und profitierte in den Folgejahren sehr stark von dieser Entwicklung. Vor knapp 10 Jahren stand man an der Schwelle zur Regionalliga und verlor nach einem Hinspielsieg doch noch das Aufstiegs-Play-Off gegen den FSV Luckenwalde. Mittlerweile geht die Entwicklung in die andere Richtung: Letztes Jahr gewann Markranstädt die Sachsenmeisterschaft und verzichtete auf die Oberliga. Nach einem dritten Platz in der Vorsaison, kam man in dieser Spielzeit bisher nur schwer in die Pötte und ist mit Abstiegskampf beschäftigt.
Die insgesamt zehnstündige Zugfahrt nach Markranstädt verlief problemlos und die Vorfreude auf den Abend war groß – so beschloss man die RB-Geschichte zu ignorieren und den Verein unvoreingenommen zu verfolgen. 15 Jahre sind eine lange Zeit und es tat gut, nicht päpstlicher als der Papst an diesen Kick heranzugehen. Das war sicherlich keine schlechte Idee, so konnte man den Glühweinstand in Beschlag nehmen und den schönen Ground bewundern. Auf den ersten Blick ist das „Stadion am Bad“ ein 10.000er. Eine Haupttribüne und fast rundherum viele Stufen. Für Zäune und Absperrungen ist auch gesorgt, Regionalliga in dem Ding wäre sicher kein Problem. Das namensgebende Bad hinter der Haupttribüne befindet sich nach Abriss übrigens grad im Neubau.
Vor der Partie wurde der A-Jugend-Torschützenkönig der vergangenen Saison gekürt und der Jungspund durfte auch als Mittelstürmer auflaufen. Eben jener Pepe Freigang erlöste die Zuschauer in der 72. Minute von einem „guten 0:0“. Kurz vor Schluss legten die Gastgeber nach einer Ecke noch ein schönes Tor drauf. Die gut zehn „Kinder-Ultras“ auf der Gegenseite gaben ihr Bestes, sogar einen Wechselgesang zettelten sie an. Auch sonst war die Stimmung gut im Rund, mit dem Abpfiff skandierten Team und Kinder zusammen: „Derbysieger!“
Angefühlt hat sich dieser Abend wie bei jedem anderen (guten) Amateurverein auch. Dass ein Verein „25 Jahre Bezirksliga-Meisterschaft“ in der Halbzeit feiert und alle ehemaligen Akteure einlädt und ehrt, kommt auch selten vor und ist an dieser Stelle mit Respekt zu würdigen. Und zumindest 1999 hatte Red Bull hier noch keine Finger im Spiel. (mm)