Palermo FC – UC Sampdoria – 2:2

“SIZILIEN, ANDREA PIRLO UND EIN SCHÖNES STADION IN PALERMO“

06.04.2024

Stadio Renza Barbera

Serie B

Zuschauer: 22.000

PALERMO – Der Schwechheimer Landbote Schreiberling verbrachte seinen Rest des Urlaubs in Italien. Nachdem ich im Februar diesen Jahres Palermo schon geplant hatte und mir die Reise leider aufgrund eines Streiks in Deutschland durch die Lappen ging, konnte ich es einfach nicht lassen. Dieses Stadion begeistert mich einfach zu sehr. Mitte März kamen dann auch endlich mal alle Termine für die Ligen in Italien und die Flüge wurden schnell gebucht.

Angekommen in Palermo am Airport ging es relativ fix in die Innenstadt, hier erkannte man schnell, dass hier heute ein Fußballspiel stattfindet. Am Hauptbahnhof standen die Shuttle-Busse bereit und es liefen einige in einem wunderbaren Palermo Trikot herum. Die Recherche vorher ergab noch eine wunderbare Story, Trainer bei UC Sampdoria ist aktuell Andrea Pirlo. Dieser spielte selbst nie für den Verein aus Genua, doch hat hier seine mittlerweile dritte eigene Trainerstation. Da man ihn leider nur von weitem erkannte, sieht er aus meiner Sicht immer noch so aus, wie im WM-Halbfinale 2006 gegen Deutschland. Zeit für die danach anknüpfende Pressekonferenz blieb dem Schwechheimer Landboten auch nicht, da noch der Berg mit dem besten Panorama über Palermo erklungen werden musste. Bei Sonnenuntergang hatte man hier einen wirklich schönen Blick über die Stadt Palermo und über dieses wunderschöne Stadion.

Die Stimmung im Stadion war von der Heimmannschaft rund um die Curva Nord richtig gut, immer wieder stiegen mehrere Leute auf den Tribünen herum in die Gesänge ein. Ein wirkliches Spektakel für die Ohren. Die Gäste mit einer sehr weiten Anreise aus Genua, laut den bekannten Navigationssystemen immerhin eine 14-Stunden Autofahrt und circa 1408 Kilometern. Sollte also ein entspannter Tagesausflug werden. Dennoch fanden sich ungefähr 150 Gäste im Gästeblock ein, auch hier war die Stimmung einfach herrlich. “Palermo Palermo Vaffanculo” hallte durch diesen wunderbaren Ground. Meine persönliche Sympathie galt aber eindeutig der schönen Farbkombination von UC Sampdoria, bei diesem Anblick kann jedem Reporter nur das Herz aufgehen.

Tabellarisch finden sich beide Vereine absolut im Mittelfeld der Tabelle wieder, so war das Unentschieden auch einfach fair. Besonders hervorzuheben ist hier das Tor zum 2:2, E. Darboe zog einfach mal auf ungefähr 30 Metern ab und der Ball landete perfekt im oberen linken Eck.

Nach dem Spiel ging es also fix mit anderen Reisefreudigen aus der Hansestadt Hamburg auf den Berg, um die Aussicht über die Stadt zu genießen. Danach wurde die zweite Pizza des Tages verschlungen, Italien ist einfach jede Reise wert. (tp)

Atalanta B.C. – FC Internazionale Milano – 2:3

13.11.2022: Atalanta B.C. – FC Internazionale Milano – 2:3

„DAS KONZEPT BERGAMO“

Gewiss Stadium

Serie A

Zuschauer: 19.353

BERGAMO – Nach zwei Spielen in Parma und Piacenza folgte am Sonntag in Bergamo der Höhepunkt des Wochenendes. Bei jeder Begegnung sollte es einen Tick besser werden und beim dritten und letzten Spiel dieser Italien-Tour kulminierte diese Gesamtlage in einem vollen Stadion bei allerbestem norditalienischen November-Wetter. Der Besuch in der Lombardei fing mit der Ruhe vor dem Sturm an. Strategisch günstig das Auto am Bahnhof von Bergamo abgestellt, wunderte man sich über gespenstische Ruhe, die plötzlich von einer lauten Polizeisirene und rotierenden Hubschraubern durchbrochen wurde – die Inter-Fans waren gekommen und rauschten in einer Eskorte mit unzähligen Bussen an uns vorbei.

Das Spitzenspiel der Serie A konnte also beginnen. Trotz Personalien-Kontrolle am Eingang des „Gewiss Stadiums“, das für diesen Sponsorennamen die wunderbare Bezeichnung „Stadio Atleti Azzurri d’Italia“ abgelegt hat – von Aufregung keine Spur. Okay, in die Bude passen weniger Zuschauer rein als bei Waldhof Mannheim, trotzdem erstaunlich, sagt man den Italienern in Sachen Organisation doch manchmal die ein oder andere Schwäche nach. Das Spiel war für 12.30 Uhr angesetzt, unsere Maschine Richtung Heimatflughafen hob um 18.50 Uhr von BGY ab, die Ansetzung war also einmalig passend. Wir konnten nicht anders und mussten einfach eine fast dreistellige Summe für das Ticket auf den Tisch blättern. Billige Tickets für die Kurve gibt es bei solchen Spielen nur mit „DEA“-Fan-Karte, welche einem nach der Beantragung postalisch zugeschickt wird – aber ehe der Speichel von der Briefmarke getrocknet gewesen wäre, waren die billigen Plätze auch schon weg.

Bei dem Stadion weiß man im Vorwege nicht so ganz, was man von halten soll. Vor Ort zeigt sich aber eine kompakte Hütte mit Bauteilen aus allen Epochen. Auf den Längsseiten finden sich Spuren aus der fast hundertjährigen Vergangenheit des Stadions. Die „Curva Nord“ der Atalanta-Fans ist neu, weiß aber durch die verschachtelte Dachkonstruktion durchaus zu gefallen. Gegenüber der „Curva Nord“ sieht man noch die ursprüngliche Kurvenform der Arena, auf der vor allem die Gästefans untergebracht sind. Diese alte Stadionsubstanz soll nach der Saison simultan zur „Curva Nord“ umgebaut werden.

Mit viel Bohei auf beiden Seiten, aber ohne besondere Aktionen, ging es ins Spiel. Hin und wieder brannten auf den Ecken von Bergamo ein paar Fackeln oder Rauchtöpfe. Auch neben den Gästefans war eine Stimmungsgruppe platziert, die mit Provokationen Richtung Inter-Anhang nicht geizte. Statt zum Boykott der Katar-WM aufzurufen, wie es in Deutschland an diesem Wochenende geschah, zierte die „Curva Nord“ ein Banner, der gegen den „modernen Fußball“ und die Pay-TV-Strukturen stänkerte. Ok, Italien ist ja auch gar nicht bei der WM dabei… Atalanta gehörte nach zuletzt zwei Niederlagen die Anfangsphase. Nach zwei, drei guten Chancen wurde der Kolumbianer Duván Zapata im Strafraum gelegt, den Strafstoß verwandelte Ademola Lookman. Die Führung im Rücken bekam Bergamo nicht gut, fortan hagelte es Fehlpässe im Aufbauspiel. Inter antwortete mit einem artistischen Hackentor nach Standard-Situation in Person von Alt-Star Edin Dzeko.

So richtig in Tritt kamen die Gäste dann mit dem Wiederanpfiff. Federico Dimarco und Denzel Dumfries schlugen Brandfackeln bei ihren Flankenläufen in den gegnerischen Strafraum, Lautaro Martínez klebte die Kugel am Fuß. Der Auftrieb war derart sichtbar, dass wir noch schnell einen Zehner auf einen Auswärtssieg bei einem Wettanbieter platzierten – Minuten später stand es durch erneut Dzeko und per Eigentor 1:3. Damit war das Spiel gegessen, dennoch kam Bergamo durch den Eigentorschützen nochmal auf ein Tor ran und es wurde in den Schlussminuten spannend, auch wenn man dem Heimteam die Qualität für den Ausgleich nicht mehr so ganz zusprechen wollte. Schließlich blieb es bei dem Ergebnis, die „Interisti“ feierten den Auswärtssieg mit einem lauten Kanonenschlag im Block und bekamen als Dank das ein oder andere Matchworn-Trikot ihrer Idole über die Glaswand geworfen.

Nach dem Spiel reichte es sogar noch für „sizilianisches Streetfood“ in der Innenstadt und einen Ausflug per Standseilbahn auf die Città Alta zu dem UNESCO-Weltkulturerbe der venezianischen Stadtmauern. Bevor die Zeit im Nacken saß trudelte man auch schon am Flughafen ein, der gerade mal 10 Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt. Und um halb 10, nachdem der beliebte Low-Coster aus Irland uns überpünktlich in Deutschlands nördlichster Millionenstadt ausgespuckt hatte, schlug man zu Hause schon die Bettdecke auf, um sich von diesem letzten internationalen Trip des Jahres zu erholen. In Bergamo stimmt das „Konzept Fußball“ noch – im Gegensatz zu dem, was jetzt in den nächsten Wochen folgen wird. (mm)

US Pio IX Speranza – GSD Ambrosiano Dugnano

US Pio IX Speranza – GSD Ambrosiano Dugnano – 0:2

AMATEURFUẞBALL IN ITALIEN – „CALCIO?“

02.02.2020

Terza Categoria – Milano – Girone C

Campo Sportivo Oratorio Pio IX

Zuschauer: ca. 60

CINISELLO BALSAMO – Schon früh morgens geht es per auto mobile durch beträchtlichen Nebel auf einer mautpflichtigen, fast menschenleeren Autobahn der italienischen Metropole Mailand entgegen. Fußball im Jahre 2020: Das ist der Videobeweis, Lars Windhorst in Berlin oder eine Fußballmannschaft aus Leipzig in der Spitzengruppe der, nun ja, Regionalliga Nordost. Fußball in den 20er-Jahren, das heißt aber auch: Immer am Ball mit mobilem Internet. Dank der Handy-App „Tuttocampo“ ist es kein Problem, unterwegs mit ein paar Handgriffen ein Vormittagsspiel im Raum Mailand herauszusuchen. Dass es mit dem Verein US Pio IX Speranza aus dem Vorort Cinisello Balsamo den Tabellenletzten der letzten italienischen Liga trifft – who cares? Alles halb so wild: Als die Stadtgrenze von Mailand passiert wird, schält sich die Sonne aus dem Nebelnest und hellt den Norden Mailands mit schönstem Vor-Frühlingswetter auf.

In Cinisello Balsamo ist die Welt sonntags um 10 Uhr morgens noch in Ordnung. Der Sportplatz befindet sich direkt im Zentrum der kleinen Stadt – nebenan schlägt der Kirchturm zur vollen Stunde und auf dem Marktplatz herrscht reges Treiben. Dort gastiert um diese Zeit ein Flohmarkt, auf dem auch Merchandise aus der Blütezeit des italienischen Fußballs feil geboten wird. Eine Fan-Zeitschrift vom AC Mailand aus dem Jahre 1989, mit Marco van Basten auf dem Titelbild, wird den Verkäufern abgeluchst. In der Zeitschrift „Forza Milan!“ sind auch Fotos von Carlo Ancelottis (inszeniertem) dreißigsten Geburtstag zu finden. Die 3 Euro haben sich gelohnt. Kurz einen alten Mann auf dem Marktplatz nach „Calcio?“ gefragt und einen Fingerzeig später steht man auf dem Gelände des Neuntligisten. Eintritt wird nicht erhoben und die Verpflegung müssen die Kioske auf dem nahen Marktplatz übernehmen. Es gibt eine kleine Stehplatztribüne aus Beton und der Platz ist eingezäunt.

EINBEINIGE SCHIEDSRICHTER AUF „ITALIENISCHEM GRAND“

Es dauert bis die Mannschaften auf den Rasen gekrochen kommen und ein kahl geschorener Schiedsrichter die Partie schließlich mit rund zehn Minuten Verspätung anpfeifen kann. Der Platz verfügt nur über ein paar Grashalme – hier wächst gar nichts mehr, so trocken und abgetreten ist der Untergrund. Klarer Fall von: „Italienischem Grand“. Der Schiri hinterlässt einen sehr engagierten Eindruck. Mit Verve zückt er jede Gelbe Karte und gestikuliert im Laufe des Spiels das ein oder andere Mal herum wie ein Dirigent. Was die Linienrichter betrifft, so hat man allerdings das letzte Aufgebot in die Terza Categoria geschickt. Der Assistent auf der anderen Seite fällt mit einer Gehbehinderung auf und bewegt sich nicht von der Stelle. Trotzdem wedelt er – wenn’s Not tut – munter mit seinem Fähnchen herum. Während Speranza das Tabellenende ziert, spielen die Gäste in ihren grünen Trikots oben mit. Das wird in der Praxis auch schnell sichtbar: Die erste Halbzeit entwickelt sich zu einem munteren Spielchen mit zwei wunderbaren Toren für den Favoriten. Ein Lupfer über den Torwart und ein artistischer Flugkopfball kurz vor dem Pausenpfiff, finden den Weg über die Torlinie. Grande Calcio.

Im zweiten Abschnitt passiert allerdings nicht mehr allzu viel. Der Heimmannschaft fehlt die rechte Idee, doch noch zum Anschlusstreffer zu kommen und Dugnano hat seine Schuldigkeit mit den beiden Toren schon getan. Die Spielerfrauen auf der Tribüne haben wichtigere Themen zu bequatschen, Bambini pinseln mit Straßenmalkreide ihr eigenes Spielfeld auf den Vorplatz-Asphalt. Zwei Platzverweise für die Gäste täuschen nicht über die technischen Mängel im Spiel von Speranza hinweg. Die Theatralik und Hingabe wie gegen die Schiedsrichter-Entscheidungen protestiert wird, erweckt nicht zuletzt dank prominenter Vorbilder aus dem Stiefelland den Eindruck, es handele sich beim Lamentieren um eine Volkssportart. In der üppigen Nachspielzeit stolpern sich die Stürmer beider Teams durch die gegnerischen Spielhälften – und dann ist irgendwann Schluss. Es bleibt beim 0:2 – wie hätte das Spiel an so einem Datum auch sonst ausgehen sollen?