FC St. Gallen – FC Sion – 1:1

FC St. Gallen – FC Sion – 1:1

“MACH MIT – SCHREI DRUF LOOS!“

02.11.2024
Super League
kybunpark
Zuschauer: 17.160

SANKT GALLEN – Weiter ging die wilde Fahrt durch die Schweiz. Nach dem tollen Sightseeing in Bern sammelte mich die Hamburger Abteilung gegen Nachmittag ein und unsere Reisegruppe war komplett. Am Halloween-Abend schauten wir in Genf bei Servette gegen Luzern vorbei und sahen einen top Auftritt der Gästefans. Zum Einlauf der Mannschaften gab es ein Intro sowie eine Pyroeinlage unter dem Motto „uf Schrett ond Trett debii“. Die Spruchbänder waren dabei allesamt mit weißen Fußabdrücken versehen, nettes Detail. Servette hielt sich eher zurück und setzte wie Bern zuvor auf Einzelfackeln. Verständlich, denn die Konzentration galt dem Derby bei Lausanne wenige Tage später. Auch dazu gibt es einen Bericht von uns, also unbedingt weiter den Landboten lesen.

Genf sollte allerdings nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was wir in Sankt Gallen erlebten. Davor zogen wir uns unter anderem Austria Lustenau im Bregenzer „Exil“ rein. Schönes Stadion am Bodensee. Im Sommer geht es zurück ins runderneuerte Reichshofstadion mit Eröffnung hoffentlich gegen die Freunde aus Augsburg, wie uns ein Fan erzählte.

Am Abend trafen wir überpünktlich am kybunpark direkt an der Autobahn ein. Auch hier wieder das Schweizer Prinzip Stadion+Shoppingcenter. Im Stadionumlauf fielen uns direkt die Spruchbänder mit der Forderung auf, heute 15 Minuten früher auf den Plätzen zu sein. Da schlug das Redakteursherz natürlich gleich höher und wir erwarteten Großes.

So sollte es auch kommen. Auf allen Sitzschalen im Heimbereich war ein Päckli mit Poncho, Kassenrolle, einem wirklich hochwertigen Seidenschal sowie die Choreoanweisung geklebt. Unter dem Motto „Mach mit – schrei druf loos!“ kündigte der Espenblock die größte Choreographie der Vereinsgeschichte an. Im Vorfeld fanden wir keinerlei Hinweise darauf und der 145. Vereinsgeburtstag war bereits im April. Vielleicht kann ein Leser die Redaktion erhellen?

In den Minuten vorm Anpfiff zogen die Fans ihre Ponchos an. Oberrang grün, Unterrang weiß. Bereits das gab ein gutes Bild ab. Mit Einlaufen der Mannschaften war die Ganzstadionchoreo komplett: Es wurden insgesamt fünf Blockfahnen hochgezogen, darauf stellvertretend Fans aus allen Altersgruppen abgebildet. Sehr geil!

Im Anschluss folgten mehrere abgestimmte Gesänge und Hüpfeinlagen, bevor in der 40. Minute die Ponchos umherflogen. Der Espenblock bot dabei durchgehend ein gutes Kurvenbild mit vielen Schwenkern, Fahnen und Doppelhaltern. Gerne hätte sich die Stimmung häufiger auf das ganze Stadion übertragen können, wobei das aber Meckern auf hohem Niveau ist. Umso großzügiger zeigten sich die „Normalos“ beim Spendensammeln, als vor unseren Augen ein 200-Franken-Schein in die Dose wanderte. Die Schweizer haben es ja.

Untersützt von den Ansagen des Stadionsprechers flogen in der 60. Minute die grünen und weißen Kassenrollen und sorgten für das nächste Highlight. Den Abschluss bildete in der Schlussviertelstunde die Schalparade mit den erwähnten Seidenschals und die Sankt Galler trällerten auf die Melodie von „Country Roads“ das Espenmoos-Lied. Wirklich tolle Momente, die wieder einmal zeigten: Unverhofft kommt oft.

Gebannt von all den Choreo-Elementen blieb der Notizblock für den Spielbericht quasi leer. Das Unentschieden ging wohl in Ordnung, bedeutete für „Sangallä“ aber das achte sieglose Spiel in Folge. Natürlich wollen wir die Gäste nicht unter den Tisch fallen lassen, die 90 Minuten teilweise hörbar durchsupporteten. Sehr zufrieden und mit vielen Eindrücken im Gepäck erreichten wir kurz nach Mitternacht die Unterkunft in Zürich. (hk)

BSC Young Boys – FC Basel – 3:2

BSC Young Boys – FC Basel – 3:2

“BÄRN ISCH E HOCKEYSTADT!?”

30.10.2024
Super League
Stadion Wankdorf
Zuschauer: 30.024

BERN – Erneut lockte ein Feiertagswochende mit einer Hoppingtour, die im persönlichen Jahresrückblick weit vorne liegen wird. In der Schweiz rissen wir gleich mehrere Knallerspiele ab und die Berichte dazu gehen in den nächsten Tagen online. Idealerweise konnten wir die Tour mit dem Pokalauftritt des eigenen Vereins verbinden. In meinem Fall allerdings ging die KSV am Dienstagabend in Köln nach einer gruseligen Vorstellung unter und ich fiel ziemlich genervt ins Hostelbett.

Am Morgen danach war die Enttäuschung schon halbwegs verflogen, denn in dieser Saison kann es eh nur um den Klassenerhalt gehen und das ist erkennbar schwer genug. Von Köln aus lieferte die DB überraschend zuverlässig ab und nach etwa sechs Stunden erreichte ich Bern. Die Bundesstadt präsentierte sich in einer dicken Nebelsuppe und so fiel das Knipsen der Sehenswürdigkeiten eher mager aus. Das holte ich am nächsten Morgen nach und bei klarem Wetter wackelte ich über die Nydeggbrücke hoch zum Rosengarten. Toller Ausblick! Sehr zu empfehlen ist auch ein Spaziergang weiter unten an der Aare entlang.

Zurück zum fußballerischen Teil der Reise. In der Schweizer Liga stand eine englische Woche mit dem Topspiel Young Boys gegen Basel an. Die Historie des Wankdorfstadions dürfte jedem bekannt sein, der sich nur ansatzweise mit Fußballgeschichte auseinandersetzt. Im Neubau befinden sich im Erdgeschoss wie in der Schweiz fast schon üblich Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomie. Immerhin brachten es die Verantwortlichen nicht übers Herz, die originale Longines-Uhr mit abzureißen und platzierten diese vorm Stadion.

Draußen nahm ich noch den Marsch der Basler vom Bahnhof zum Stadion wahr, die mit voller Kapelle den Gästeblock enterten. Mit Anpfiff setzten die Jungs und Mädels gleich ein Ausrufezeichen mit einer Pyroshow aus gelben und roten Fackeln. Es folgten Spruchbänder und Sticheleien mit dem Vorwurf, dass Bern doch nur eine Stadt für Eishockey sei. Der Support konnte sich über 90 Minuten mit einer guten Lautstärke sehen und hören lassen.

Auf Heimseite gab es leider kein Intro. Sportlich befand sich der amtierende Meister mit bis dahin nur zwei Siegen in einer handfesten Krise und auch diesmal sah es zunächst nicht gut aus. Die Truppe vom FCB um die Altstars Shaqiri und Hitz im Tor ging nach 19 Minuten in Führung und brachte das Stadion zum Schweigen.

Allerdings drehten die Berner im zweiten Durchgang die Partie (auch dank zweier Eigentore) und stellten auf 3:1. In der Ostkurve klackten jeweils zum Torjubel einige Fackeln und mit der Führung im Rücken wurde die Stimmung bei den Gäubschwarzen immer besser. Durch den Anschlusstreffer in der 89. Minute war in den Schlussminuten nochmal Zittern angesagt, doch es blieb beim Heimsieg. Im Anschluss feierten Fans und Mannschaft ausgiebig und die letzten Fackeln mussten dran glauben. Gerne hätte die Stimmung noch mehr aufs ganze Stadion überschwappen dürfen, aber unter dem Strich ist Bern für mich mehr als nur eine Hockeystadt. (hk)

AEK – PAOK – 2:2

“DOPPELKOPFADLER UNTER SICH”

07.04.2024

OPAP Arena

Super League

Zuschauer: 31.080

ATHEN – Wenige Tage nach dem Athener Derby wurde es Zeit für das nächste Traditionsduell in der griechischen Hauptstadt. In der Meisterrunde traf AEK auf PAOK, wobei die Gastgeber nach der Derbyniederlage bei Panathinaikos unter Zugzwang standen.

Beide Vereine verbindet eine gemeinsame Gründungsgeschichte. Nach der Vertreibung aus Konstantinopel gründeten Griechen in den 1920er Jahren sowohl in Athen als auch in Thessaloniki neue Sportvereine. Der Bezug zur alten Heimat wurde sowohl im Vereinsnamen („K“ für Konstantinopel) sowie im Vereinswappen (Doppelkopfadler als Symbol des Byzantinischen Reiches) verankert.

Damit begann allerdings auch die Rivalität. Beide sehen sich als „Erben“ des griechisch geprägten Vereins Pera, der im Zuge der Vertreibung zwangsweise einen türkischen Namen bekam.

100 Jahre später steht AEK bei 13 Meisterschaften und diese sollte zum Vereinsgeburtstag natürlich verteidigt werden. Nach fast zwei Jahrzehnten im Olympiastadion konnten die Gastgeber im September 2022 endlich ihre neue Arena im Norden Athens einweihen und man kann hier wirklich sagen: „mal etwas anderes“.

Benannt nach der (H)agia Sophia Kathedrale spiegeln die vier tragenden Säulen den byzantinischen Stil wieder. Ferner beherbergt das Stadion ein Museum zur Geschichte der Vertriebenen. Eine Doppelkopfadler-Skulptur auf dem Vorplatz darf natürlich nicht fehlen.

Nun aber zum Spiel. Gästefans auch hier verboten, das nur der Vollständigkeit halber. Wie schon im Bericht zu Panathinaikos-AEK angedeutet, halten sich die Ultras mit Pyrotechnik aktuell weitestgehend zurück. So bestand das Intro aus ein paar Kassenrollen, Wunderkerzen sowie schwarzen und gelben Luftballons im Eck-Oberrang. Dafür wusste allerdings das Einsingen akustisch zu überzeugen.

Spätestens mit dem 1:0 war das gesamte Stadion auf Betriebstemperatur. Gate 21 konnte die Stimmung immer wieder anfachen und mitunter war es sehr laut. Mit einer Zwei-Tore-Führung sah AEK wie der sichere Sieger aus, vergeigte den Vorsprung aber durch dicke Fehler in der Abwehr. (hr)

Panathinaikos – AEK – 2:1

Panathinaikos – AEK – 2:1

“BEIM BARTE DES ZEUS ! ATHENER DERBY UNTER BESONDEREN VORZEICHEN”

03.04.2024

Stadio Apostolis Nikolaidis

Super League

Zuschauer: 12.101

ATHEN – Ursprünglich war die Tour nach Athen im Rahmen einer Englischen Woche für den Januar geplant. Allerdings verhängte die griechische Regierung nach mehreren Zwischenfällen einen Zuschauerausschluss für zwei Monate und es musste umgebucht werden. Nach einem kurzen Check des Rahmenterminkalenders fiel die Wahl auf den Doppelspieltag nach Ostern mit der Hoffnung auf ein bisschen Normalität und natürlich gute Spiele. Tatsächlich hatte ich dann bei der Terminierung der Meisterrunde Glück und erwischte die zwei Traditionsduelle Panathinaikos-AEK und AEK-PAOK.

Nach Ablauf der zwei Monate waren Zuschauer bei den Spielen tatsächlich wieder erlaubt, jedoch mehr oder weniger auf Bewährung. Flogen früher massenhaft Gegenstände und wurden die Stadien in Pyro-Orgien komplett in Rauch gehüllt, droht die Politik aktuell mit weiteren Geisterspielen auch bei kleinen Vergehen. Darüber hinaus soll die Videoüberwachung intensiviert und eine Art „griechische Passolig“ eingeführt werden. Details wusste keiner, den ich im Stadion fragte. Typisch Griechenland.

Apropos Stadion. Nach dem Genuss einer leckeren Pita für absolut faire 3,20 Euro traf ich circa eine Stunde vor Anpfiff am Apostolis Nikolaidis ein. Was für eine Perle! Es bröckelt an allen Ecken und Enden. Offiziell beträgt die Kapazität nur knapp 16.000 Zuschauer, aber die zwei wuchtigen Kurven hinter dem Tor lassen es größer erscheinen. Rundherum finden sich viele Graffiti und im Inneren der Tribünen haben weitere Sportabteilungen von Panathinaikos ihre Trainings/Wettkampfmöglichkeiten. Übrigens baut Panathinaikos nach langem Rechtsstreit seit einem Jahr einen neuen Stadionkomplex, der 2026 fertig sein soll.

Das ist allerdings Zukunftsmusik und im April 2024 stand erstmal der Kampf um die Meisterschaft an.

Im kleinen Athener Derby war Panathinaikos gegen AEK fast schon zum Siegen verdammt. Wie üblich bei Duellen der Big Five in Griechenland waren Gästefans verboten. Wie erwartet verzichtete Gate 13 auf eine Pyroshow, allerdings auch auf eine Choreo oder sonstige Aktion. Schade. Mit dem 0:1 nach nur 5 Minuten wurde es auch sehr leise im Stadion.

Allerdings drehte Panathinaikos das Spiel noch in der ersten Halbzeit. Nach einem geilen Torjubel ging dann auch die ein oder andere Fackel an und natürlich wurde die Stimmung merklich besser. Neben Wechselgesängen gab es auch Schlachtrufe, bei denen alle Tribünen mit einstiegen. Trotz Dauerdruck in den letzten 20 Minuten brachten die Gastgeber das 2:1 über die Zeit und sicherten sich den Derbysieg.

Mit Blick auf die schwierigen Vorzeichen war ich unterm Strich mit diesem Derby zufrieden. (hr)