KIEL – Die Kieler Störche in ihrem ersten Jahr in der Bundesliga. Als erster Verein aus Schleswig-Holstein überhaupt. Schnell war für mich klar, diesen Kracher unter der Woche wollte ich mir nicht entgehen lassen. Borussia Dortmund an der Förde, ein Anblick, den sich viele Fans gewünscht haben. Als neutraler Beobachter ein Leckerbissen! Im letzten Jahr durfte die Anhängerschaft aus Nordrhein-Westfalen zum Champions-League-Finale nach London reisen. Was für ein Kontrastprogramm, am Dienstagabend steht man nun im neuen Gästeblock auf der Stahlrohrtribüne hinter dem Tor.
Zu meinem Jahresanfang brauch ich nicht viele Worte verlieren, frozen pitch, Flugverspätungen und Flugausfall. Die Motivation erreichte ihren Tiefpunkt, nachdem der Flug HH-MAN am Freitagabend flöten ging. Die Stadien in Liverpool und Leeds stehen weiterhin auf meiner To-do-Liste. Ich war der einzige aus der Reisegruppe, der sich gegen jeden Alternativplan wehrte. Am Sonntag motivierte ich mich für einen Besuch in Groningen. Es sollten Kräfte gesammelt werden, denn das Jahr startet von vorne. Reichlich Chaos erlebt, geheult wird zuhause und einfach mal machen. Ab jetzt geht es steil bergauf!
Positiv hervorzuheben für meinen ersten neutralen Besuch in Kiel: Das Ticket für den alten Gästeblock, welcher jetzt in den Heimbereich integriert wurde, kostet 17€. Fußball muss bezahlbar bleiben und für alle Schichten der Gesellschaft erreichbar sein! Das ist hier definitiv erreicht, Zuschauer bekommen immerhin auch die Bundesliga zu sehen. Zudem habe ich selten ein Stadion erlebt, welches einen sehr guten Shuttle-Verkehr anbietet wie in Kiel. Der Abpfiff war um 20:33 Uhr und um spätestens 21:00 Uhr waren wir am Kieler Hauptbahnhof. Dazwischen liegen noch ungefähr 15 Minuten Busfahrt. Richtig gut!
Was erwartet man eigentlich von einem solchen Spiel? Wieso zur Hölle besucht der Redakteur zum sechsten Mal das Stadion, ohne Fan von irgendeiner teilnehmenden Mannschaft zu sein? In erster Linie geht es um Fußball, in der Hoffnung ein gutes Spiel zu sehen. Oftmals wichtiger ist mir ein guter Auftritt der Fanszene und/oder der Gäste-Szene. Ich hätte es nicht erwartet, dennoch waren beide Seiten heute sehr gut aufgelegt. Die Ohrwürmer der Woche kamen definitiv aus dem Gästeblock. Ob zur Melodie von “Last Christmas” oder dem überall bekannten “Und wenn du das Spiel gewinnst”. Balsam für das angeschlagene Jahr 2025 war es definitiv. Danke dafür!
Die Störche führten zur Halbzeit mit 3:0, mir fehlten die Worte. Von dem Heimteam war es eine verdammt gute Arbeit auf dem Platz. Ob gegen den Ball, nach vorne oder im taktischen Verhalten. Hätte mir eine Person vor dem Spiel gesagt, zur Halbzeit steht es 3:0, ich hätte mit dem Kopf geschüttelt. Wahnsinn! Die Dortmunder kamen gar nicht in das Spiel, kaum Offensivaktionen, eventuelle Angst und ein schwieriges Geläuf.
In der zweiten Halbzeit kam es, wie es kommen musste. In der 71’ Minute trafen die Ruhrpottler in das Tor von Holstein. Die Anfeuerungen im Gästeblock wurden lauter. In meinen Augen der einzig hoffnungsvolle Spieler am Abend: Jamie Gittens traf durch einen abgefälschten Schuss ins Tor. 3:2 in der 77’ Spielminute. Das ist Fußball, so bringt mir Fußball am meisten Spaß! Für solche Spiele betreibe ich den Aufwand. Jeden Kilometer, ob Auto, Bahn oder Flugzeug. Einfach nur geil!
Mittlerweile standen Lewis Holtby und Jann-Fiete Arp auf dem Platz. Wieso erzähle ich es? Eben jener Lewis Holtby, früher beim HSV, Tottenham oder Schalke. Was für eine Karriere! Dennoch grätschte er in der 86’ Minute Emre Can so unnötig um und bewies seiner Mannschaft einen Bärendienst. Glatt Rot! Mit so viel Erfahrung, doppelt bitter und unnötig. Für die Kieler hieß es jetzt verteidigen, es klappte gut. Kaum eine Großchance für die Borussen. Zur letzten Ecke kam Kobel nochmal nach vorne aus seinem Kasten. Die Flanke fand keinen Dortmunder, der Ball wurde nach vorne getragen und Arp lief alleine mit dem Ball in Richtung Tor. Aus circa 40 Metern schoss er und traf zum 4:2-Endstand.
08.06.2024 HSC-Stadion an der Constantinstraße Landesliga Hannover Zuschauer: ca. 500
HANNOVER – Zufälle bestimmen manchmal das Leben. Zufällig war der Schwechheimer Landbote vor einer Woche in Garbsen, wo sich der TSV Wetschen auf den letzten Drücker mit einem 4:0 beim TuS Garbsen auf Platz 1 der Landesliga-Tabelle schob. Punktgleich mit dem HSC Hannover ging der Dorfverein aus der Samtgemeinde Rehden in den letzten Spieltag, führte die Tabelle nur aufgrund eines einzigen mehr geschossenen Törchens an.
Überhaupt nur zufällig kickt aber auch der HSC Hannover in der Landesliga Hannover mit. Als Tabellenzwölfter spielten die Landeshauptstädter vergangene Saison eigentlich eine solide Spielzeit. Doch da gleich vier niedersächsische Vertreter aus der Regionalliga Nord in die Oberliga abstiegen und mit der U.S.I. Lupo-Martini Wolfsburg auch der Oberliga-Zweite den Sprung nach oben in der Relegation vergeigte, musste der HSC den bitteren Gang in die Landesliga antreten. Hannover belegte damit zum 8. Mal in Folge in der Abschlusstabelle einen Auf- oder Abstiegsplatz. Dass die Lister drei Mal hintereinander in der Regionalliga starteten, verdankte man der Corona-Pandemie. Die jeweiligen Abbruch-Spielzeiten beendete Hannover auf dem letzten Platz. Zuvor marschierte der HSC direkt aus der Landesliga in die Regionalliga durch. Aufstieg, Abstieg, Repeat.
Zufall dann auch die Berichterstattung vom letzten Spieltag an der Constantinstraße. Eigentlich war eine Reportage bei der Fußballabteilung des ehemaligen Handball-Bundesligisten VfL Fredebeck geplant, welche kurzfristig ins Wasser fiel. Die Gunst der Stunde wurde schnell genutzt und schon saß man im Zug nach Hannover. Die Marschroute in dem vollbesetzten HSC-Stadion war klar: Tore müssen her. Die Ausgangslage spitzte sich auf ein Wettschießen mit dem TSV Wetschen zu, der nur wenige Kilometer entfernt beim OSV Hannover sein letztes Spiel bestritt. Während Wetschen recht früh in Führung ging, kam der HSC nur schwer in die Pötte. Die 9-0-1-Mauertaktik der Gäste erfüllte zunächst ihren Zweck. Angespannte Stimmung auf der gut gefüllten Tribüne an der Constantinstraße. Denn auch für die Gäste stand einiges auf dem Spiel: Mit einem Sieg hätte der letztjährige Aufsteiger aus Halvestorf, einem Hamelner Stadtteil, gute Aussichten auf den Klassenverbleib in der Landesliga gehabt.
Doch es kam alles anders. Nach einer halben Stunde war der Bann gebrochen. In die Kabine ging der HSC mit einem 3:0. Und da Wetschen sich die Führung noch vor der Pause aus der Hand nehmen ließ, hieß der Meister und Aufsteiger in der Blitztabelle zur Halbzeit: Hannover! Weiter ging es nach dem Wiederanpfiff nur in eine Richtung. Drei Tore und etliche Großchancen und Aluminiumtreffer auf Seiten der Gastgeber folgten. Die Taktik der Heimelf ganz klar und klassisch: Den Gegner mit permanentem Toreschießen zermürben. Spannend wurde es trotzdem noch, denn Wetschen ging kurz vor dem Abpfiff im Oststadtstadion mit 5:2 in Führung. Am Ende fehlten 2 Treffer. Hannover schafft den sofortigen Wiederaufstieg, nachdem man während der kompletten Rückrunde die Tabelle anführte. Außer an dem besagten vorletzten Spieltag – da hatte der TSV Wetschen seine 15 Minuten Ruhm.
Gratulation, Ruhm und Ehre also an den HSC Hannover, der mehr als verdient am Ende aufgrund der Tordifferenz und mit exakt 100 geschossenen Toren die Saison mit dem Aufstieg krönt. Auch das Drumherum sammelte Bestnoten. Vor allem die Verpflegung vom örtlichen Schlachter wusste mit Spanferkel auf der Speisekarte zu überzeugen. Die Oberliga Niedersachsen ist eine Spielklasse, die dem Traditionsverein und deutschen Rugby-Meister von 1909 (!) gut zu Gesicht steht. Vertraut man dem Gesetz der Serie, dann müsste nun wieder der Durchmarsch in die nächsthöhere Klasse folgen. Also, vielleicht sieht man sich bald in der Regionalliga wieder… (mm)
„MEISTERRUNDE UND POKALFINALE – DREI BEGEGNUNGEN BINNEN 13 TAGEN“
19.04.2024
Merkur Arena
Bundesliga
Zuschauer: 15.205
GRAZ – Dem Landboten-Reporter hat das Ösi-Fieber gepackt, nach meinem Besuch im Februar beim Wiener-Stadtderby wurde der Geist geweckt und die Meisterrunde terminiert. Meine Augen wurden immer größer, als diese Paarung am Freitagabend stattfinden sollte, schnell eine bekannte Flugpreis-App durchforstet und Hamburg-Graz mit Direktflügen von Freitag bis Montag gebucht. Eine sehr schöne Verbindung und arbeitnehmerfreundliche Flugzeiten, kann ich nur wärmstens empfehlen.
Heute durfte es endlich soweit sein: Mein viertes Spiel von Sturm Graz und endlich das erste Heimspiel. Der heutige Gast aus Wien gab dem Besuch die Kirsche auf der Torte. Auf den Rängen definitiv das Beste, was Österreich aktuell zu bieten hat. Sturm Graz liefert sich aktuell ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Meistertitel mit einem Verein aus Salzburg. Für Rapid hingegen geht es in der Meisterrunde um die goldene Ananas. Besonders beeindruckend war hier die Mitmachqoute im Heimblock, wahnsinnig laut und einfach geil! Zum Intro gab es eine kleine Gedenkchoreo plus Beifall für “Heimo” von den Gästen. Kurz danach ging die Rapid-Show los, der Gästeblock erstrahlte mit einer schönen Pyroshow und gepaart mit Doppelhaltern ergab es ein sehr ansehnliches Bild. Die melodischen Lieder von beiden Seiten werden in den nächsten Tagen weiterhin im Ohr des Landboten erklingen.
Das Spiel startete mit Angsthasen-Fußball, nicht ohne Grund fiel heute das einzige Tor des Tages durch einen fatalen Fehler vom Rapid-Torwart in der 79. Spielminute. Fast pünktlich zur Rapid-Viertelstunde hielt der Torwart klassisch den Ball nicht fest und der Stürmer konnte einnetzen. Somit stieg meine persönliche Serie von kuriosen “Eigentoren”, auf Platz 1 schafft es der Torwart aber nicht. Daniel Heuer Fernandes wird es verstehen. Im Heimbereich wurden von nun an ebenso pyrotechnische Gegenstände abgebrannt, welche die Stimmung nochmal anhob. Den Sieg ließ sich der SK Sturm Graz heute nicht mehr nehmen. Somit eroberte Sturm Graz den ersten Tabellenplatz!
Für den Landboten ging es nach dem Spiel noch mit dem Bus nach Brno, hier standen drei Spiele am Samstag auf dem Programm. Schon am Mittwoch findet das Rückspiel der Partie in Wien statt und am 1. Mai das Pokalfinale in Klagenfurt. Das Stadion ist schon lange für das Finale ausverkauft, wir werden es mit Spannung verfolgen! (tp)
WIEN – Schon weit vor Anpfiff wusste ich, dass dieses Spiel heute richtig gut wird. Rapid Wien vor diesem Spiel seit 12 Derbys sieglos, irgendwann muss ja mal wieder ein Derbysieg nach Hütteldorf gehen. Zu meinem Glück traf es ein und Rapid gewann das Spiel glanzvoll mit 3:0. Zudem war es der erste Derby-Heimsieg überhaupt im neuen Stadion.
Rapid spielte in der ersten Halbzeit Austria Wien fast schon an die Wand und ging mit dem heutigen Endstand in die Kabinen. In der zweiten Halbzeit, holte der Rapid-Keeper einige Paraden heraus und so blieb es beim 3:0. Guido Burgstaller spielte lange in Deutschland, kehrte 2022 nach Österreich zurück und traf zum zwischenzeitlichen 2:0.
Der Gästeblock passte sich schnell der Mannschaft an und blieb ein wenig hinter den Erwartungen. Die Rapid-Fans hingegen mit einer brutalen Ohrwurm-Parade. Ganz großes Kino! Dieses Kurvenbild mit den Schwenkern, da kann man ja nur schwärmen. Die Choreo 1A umgesetzt, alles hat gestimmt und der Support allererste Sahne.
Dieser Sieg ist auch enorm wichtig für die eventuelle Teilnahme an der Meisterrunde. Jetzt sind es noch zwei Spieltage, meine persönlichen Daumen sind natürlich gedrückt. (tp)
PADERBORN – Ganz genau hatte ich unter der Woche die Ohren gespitzt. Das Thema in den Nachrichten: „Corona“. Das Virus hatte Italien fest im Griff. In der Schweiz wurden bereits alle Veranstaltungen abgesagt und auch Dänemark zog am letzten Februar-Wochenende nach. In Deutschland trat COVID-19 bis dahin nur vereinzelt auf – lediglich dem Kreis Heinsberg wurde von den Medien besondere Beachtung geschenkt. Zu diesem Zeitpunkt dachte man noch, dass das Virus ein regionales Problem ist – und bleiben würde. Ein paar Mal stand ich vor einer Deutschland-Karte und wusste nicht so recht, was ich von der räumliche Entfernung zwischen Heinsberg und Paderborn halten sollte. Sobald es zur vollen Stunde schlug und die Radio-Nachrichten die üblichen Schreckensmeldungen verkündeten, drehte ich die Lautstärke nach oben. Kaum zu glauben, aber wahr: Ab Mitte der Woche wanderten Corona-News nach hinten, das heißt: Das Thema verlor an Wichtigkeit. Und meiner Reise am ersten März-Wochenende stand schließlich nichts mehr im Weg. Bundesliga, Premier League und Oberliga Westfalen, so der Plan.
Ursprünglich wollte ich für dieses Wochenende so viel Geld wie möglich einsparen, das Motto lautete: Low Budget. Doch als sich dann sowohl eine Möglichkeit für das Bundesliga-Spiel am Freitag in Paderborn ergab, als auch einem Premier-League-Spiel in London tags darauf beizuwohnen, konnte ich mich dank der recht hohen Ticket-Preise von dem totalen Minimalismus bald verabschieden. Bei Paderborn bekam man nur Tickets für das Spiel gegen Köln, wenn man bereits Bestandskunde im Online-Shop der Ostwestfalen war. Wie immer wurde ich bei eBay Kleinanzeigen fündig. Das Angebot dort war aber ausgesprochen rar: 27 Euro und damit 10 Euro über dem offiziellen Preis – eigentlich nicht so das Problem. Für einen Stehplatz aber schon ein stolzes Sümmchen, zumal ich die aufgerufene Zahl vom Schwarzmarkthändler noch drücken konnte. Das Premier-League-Ticket für den doppelten Preis, schien da schon eher eine Belastung für das Budget zu werden.
Um trotzdem an einem Minimalismus-Gedanken festzuhalten, probierte ich es als Fahrer mal bei bei „Blablacar“ aus – und siehe da: Junge Frauen rissen sich darum, mit mir zusammen in den Westen zu fahren! Sowohl auf der Hin- als auf der Rücktour, hatte ich nette und gesprächige Begleiterinnen an Bord. Alle waren sie jünger als ich, vermutlich in der 20ern. Kurioserweise hörten zumindest zwei von ihnen auf Namen, die auch in den 20ern beliebt waren – in den 1920er-Jahren: Beate und Ilona.
Im Dauerregen geht es nach Paderborn. Auf meine Frage zu Beate, ob sich ein Abstecher in das Zentrum der Stadt lohne, vernehme ich leises Gekicher. Die junge Frau stammt aus Bad Driburg und kennt sich aus. Da ich mich nach Ankunft noch um ein paar andere Dinge kümmern muss, erledigt sich eine Sightseeing-Tour durch Paderborn mangels Zeit ohnehin schnell. Ich glaube, das ist nicht weiter tragisch. Die Stadt wird ja nicht umsonst „Paderboring“ genannt. Und der erste Eindruck bestätigt das eindrucksvoll – Regengrau und Ostwind beflügeln die Fantasie auch nicht gerade. Aber ich werde das gerne nochmal nachholen – wenn über Paderborn und dem Rest der Welt wieder die Sonne scheint.
„Die erste Corona-Paranoia?“
Vor dem Spiel gab man mir einen Parkplatz-Tipp: Vom Nixdorf-Betriebsgelände fahren Shuttle-Busse zum Stadion. Im Bus steht man eng an eng. Die Stimmung ist gediegen. Ich habe das Gefühl, so wirklich glücklich wirken die Fahrgäste bei der körperlichen Nähe in diesen Zeiten nicht. Die erste Corona-Paranoia? Im Bus kommt trotzdem bei weitem keine Platzangst auf. Nach fünfminütiger Fahrt erreicht man die „Benteler“-Arena, die auf der grünen Wiese steht, im Dunkeln mit blauer Beleuchtung aber einen schicken Fixpunkt liefert. Das Stadion ist eine kleine Fertigbau-Arena, heute nichts Besonderes mehr. Das heißt: Langweilig, aber mit dem Komfort der Neuzeit. Im Stadion fällt auf, dass man die Tribünen nur durch innenliegende Treppen erreicht und das Spiel so aus einer erhöhten Position verfolgen kann. Die Zäune um das Spielfeld unten sind abgeklebt, ähnlich wie oft in Holland der Fall. Durch die hohen Stadionwände wirkt der Ort viel größer als er eigentlich ist. Warum nicht? Negativ bleibt mir die SCP-Behausung irgendwie nicht in Erinnerung. Auf Seiten der Haupttribüne wird das Stadion zur Zeit (von außen) etwas umgebaut.
Als Aufsteiger belegt der SCP aktuell den letzten Platz. Das konnte man erwarten. Dennoch stellt die Truppe von Steffen Baumgart eine Bereicherung für die Liga dar. Denn bei dem offensiven Spielstil kommt keine Langeweile auf und so feierte der Aufsteiger zuletzt einige Achtungserfolge – beispielweise verlor man das Spiel bei den Bayern vierzehn Tage zuvor erst in letzter Minute. Auch Köln in bestechend starker Form: Unter Neu-Trainer Markus Gisdol mit drei Siegen in Folge und damit weit weg von den Abstiegsrängen. Die Paderborner bilden auf ihrer Stehplatztribüne, die nach dem Möbelhaus-Patriarchen Wilfried Finke benannt ist, zunächst gar keine schlechte Einheit. Die etwas schrullige Vereinshymne wird durch die Bank weg mitgesungen. Eine kleine Ultra-Gruppierung, die nicht viel auf die Reihe kriegt und mit Bässen aus dem Ghettoblaster die Kurve desorganisiert, zerstört in der Folge aber Hoffnungen auf einen einheitlichen Support der heimischen Fans. Der Kölner Auswärtsblock ist pickepackevoll. Mit Doppelhaltern in beeindruckender Zahl und etwas Pyrotechnik, zelebrieren die Domstädter ein schönes Intro. Auf beiden Seiten wird im Laufe der Partie halbherzige Kritik an Dietmar Hopp geübt, der an diesen unbesorgten Tagen Anfang März überall im Fadenkreuz der Fans steht, weil u.a. in Sinsheim bekanntlich ein Spiel gegen die Bayern nach Fan-Kritik am Hoffenheimer Mäzen unterbrochen wurde. Highlight ist in diesem Zusammenhang ganz klar der Wechselgesang zwischen Paderborn und Köln Mitte der zweiten Halbzeit: „Scheiß DFB!“.
Das Spiel kommt schwer in die Gänge, aber schon bald zeichnet sich etwas ab: Die Hausherren haben nicht ihren besten Tag erwischt. Die Baumgart-Elf greift den Gegner früh an, kommt zu einigen Ballgewinnen, agiert im Spiel nach vorne aber viel zu ungenau. Was wiederum zu Ballverlusten und unverhofften Umschalt-Situationen für Köln führt. Irgendwann agiert Paderborn verunsichert und der FC hat den SCP „ausgelesen“. Geschickt wird der Gegner aus der Reserve gelockt, die Rheinländer nutzen die naive, fehlende taktische Flexibilität des Aufsteigers und den dargebotenen Raum für dominantes Vorwärtsspiel. Dennoch benötigt die Geißbock-Elf erst einen Eckball für die Führung: Jorge Meré trifft abseitsverdächtig, doch völlig regelkonform in die Maschen. In Folge einer Konter-Situation schließt DFB-Verteidiger Jonas Hector wenig später einen gekonnten Offensivspielzug mit einem sehr sehenswerten Schuss in den Giebel ab. Das wird schwer für die flinken, aber wirkungslosen Paderborner.
Natürlich kommt die Heimelf nach der Pause motiviert auf den Rasen zurück. Doch ansehnlichen Fußball bringt man nichts auf’s Grün. Das gilt allerdings auch für die Kölner, die offensiv gar nicht mehr am Spiel teilnehmen. Mit beherzten Zweikämpfen und dem Willen eines Außenseiters, kämpft sich der Aufsteiger dennoch in die Partie zurück. Und spätestens nachdem Dennis Srbny per Kopf zum Anschluss trifft, entwickelt sich ein spannendes und rasantes Spiel. Köln verpasst in Person von Anthony Modeste die Vorentscheidung: Der Franzose tanzt zunächst Leopold Zingerle aus, kriegt den Ball aber nicht im leeren Tor unter. Paderborn ist definitiv am Drücker, kurz vor Schluss landet ein fulminanter Distanzschuss nur an der Latte – am Ende soll es nicht sein. Ein Unentschieden wäre verdient gewesen und trotzdem geht der Kölner Sieg auch irgendwie in Ordnung. Komisches Spiel, aber der SCP ist irgendwie auch ein besonderer Aufsteiger.
Die Fahrt zurück zum Parkplatz gelingt gleich mit dem ersten Bus und nicht mal 20 Minuten nach dem Abpfiff dieses Bundesliga-Spiels, fahre ich schon wieder auf der Autobahn meiner Unterkunft in Dortmund-Sölde entgegen. Für ein Bundesliga-Stadion war das leichte, bekömmliche Kost. Doch bei Paderborn weiß man nie – vielleicht wird der Ground ja irgendwann wieder für eine mögliche Komplettierung der Regionalliga West interessant? Und dann steht die „Benteler“-Arena lässig gekreuzt mit einem Bundesliga-Spiel in meiner Statistik. Noch dazu mit dem letzten Heimspiel vor Zuschauern – für eine sehr lange Zeit.