Málaga CF – Cádiz CF – 0:2
„ALLE 11 MINUTEN VERLIEBT SICH EIN GROUNDHOPPER IN EINEN DERBYHELDEN“
09.03.2025
Segunda División de España
Estadio La Rosaleda
Zuschauer: 20.857
MÁLAGA – Das Andalusien-Derby im „Estadio La Rosaleda“ sollte der schöne Abschluss einer ereignisreichen Spanien-Woche werden. Das Spielchen rutschte nur auf die Speisekarte, weil Betis Sevilla am Donnerstag ein Heimspiel im Europapokal zugelost wurde. Bis dahin hatte man ein wirklich gutes Fußball-Line-up und nur gute Spiele gesehen. Das Mittelfeld-Duell Dreizehnter gegen Vierzehnter versprach zwar keine Partie für Feinschmecker zu werden, aber in Spanien wurde man eigentlich noch nie enttäuscht. Und sollte das Spiel halten, was es nicht versprach, bliebe ein wunderbarer Ground, der eigentlich so aussieht wie der in Sevilla, aber in den nur halb so viele Leute passen.
Am Vorabend nochmal kurz ins Ticketing geklickt – viele tausend Plätze waren noch frei. Und so schlenderte man frohen Mutes nachmittags zum Rosaleda. Von weitem sah man schon die geöffneten „Taquillo“-Schalter, aus denen die Tickets verkauft werden. Das Tickethäuschen war vollbesetzt – trotzdem wurde die Schocknachricht überbracht, dass am Spieltag keine Karten mehr verkauft werden. Weder on- noch offline. Grund dafür die Einstufung als „Hochrisikospiel“. Ob man das in Spanien nötig hat? Wo es kaum Auswärtsfahrerei gibt? Und überhaupt, was soll das bringen, wenn man sich bis zum Vortag beliebig eindecken kann? Auch wenn hier eine „linke“ Fanszene auf eine „rechte“ traf, entschied man sich, diese Maßnahme als völligen Quatsch einzustufen.
Aber diese Einschätzung spülte kein Ticket an Land. Es wimmelte jedoch sofort von Schwarzmarktverkäufern auf dem Vorplatz. So richtig unseriöse Typen im Jogger, mit Bauchtasche und „Nike Air Max“ an den stinkenden Füßen. Zu allem Überfluss verhökerten sie auch noch ausgedruckte E-Tickets. Ein Opa schaltete sich sofort in die „Verhandlungen“ ein. Leider sprach der Mann nur Spanisch. Vermutlich ging es darum, dass ein Ticket nicht reicht und auch die beiden Kinder eine Zutrittsberechtigung benötigen. Offensichtlich hätte er auf seiner Dauerkarte ein Kind mit reinnehmen können. Aber was bringt das? Das Ticket für den Papa-Groundhopper fehlte. Zudem waren gerade mal 47€ Bargeld geblieben. Das sollte aber wenig später für ein Papierticket reichen. 45 Peseten wechselten den Besitzer. Der Opa schlug sich an die Stirn, schüttelte mit dem Kopf und ging weiter. Nicht gerade ermunternd.
Auf ging es zum Eingang und das mit den Kindern machte Sorge. Der Plan war die ganze Zeit, die Jungs mit reinzuschmuggeln. Wenn es Probleme gibt, dann holt man eben noch schnell zwei (ermäßigte) Tickets. Doch das war bei diesem Spiel ja nicht möglich. Also postierte man sich vor dem Eingang und… wartete die Zeit ab. Nach 10 Minuten kam eine ganze Jugendmannschaft. Alle Jungs hatten Tickets in der Hand, nur wir nicht. Aber dieser Umstand sollte reichen, um mit reinzuhuschen. Das 45€-Ticket galt natürlich für den unüberdachten Bereich. Da es unentwegt tröpfelte, ging es pauschal Richtung Tribüne – und siehe da, keinerlei Kontrollen. Irgendwie hatte sich die heikle Situation binnen Minuten in eine komfortable Situation gemausert.
Und ein Fußballspiel gab es ja auch noch. Málaga, der gefallene Riese, bei dem man irgendwie immer an Borussia Dortmund denken muss, startete die Partie mit viel Schwung. Sowohl auf dem Rasen als auch auf den Rängen. Die „Ultras“ hinter dem Tor gaben den Takt an und das ganze Stadion hatte Bock mitzumachen. Von Cádiz und den vielleicht 250 oder 300 Auswärtsfahrern war man quantitativ zunächst enttäuscht. So ein Bohei um zwei Handvoll Gästefans. Ihre Zeit sollte aber noch kommen.
Die Partie war das typische Spiel zweier formschwacher Teams in der zweiten Liga. Mittelfeld-Duelle mit offenem Visier, viel zu hoher Einsatz, auf jeden Ball am Mittelkreis wurde eingeprügelt und fast jeder Pass nach einem Ballgewinn ging in die Füße des Gegners. Es fehlte an Präzision und Konzentration, die Körner wurden zuvor in belanglosen Zweikämpfen verschossen. Cádiz war das smartere Team, aber wie Málaga weit von einem Tor entfernt. Während einer der Junior-Groundhopper während des Spiels einschlief, pendelte sich alles auf ein 0:0 ein. Das sagt wohl alles.
Schade wär’s gewesen, so ein hoher Einsatz für das Spiel und dann eine Nullnummer, zumal es für Cádiz nach einem Torwartfehler in der 1. Minute (!) fast geklingelt hätte. Es hätte auch nicht zu den unterhaltsamen Spielen in dieser Woche gepasst. Und so hatte Málaga ein Einsehen, vertändelte kurz vor Schluss einen hohen Ball und die Gäste schoben zum nicht mehr für möglich gehaltenen 0:1 ein. Nur Sekunden später gelang sogar noch der Endstand zum 0:2. Besonders pikant: Torschütze José Matos wurde mit einem gellenden Pfeifkonzert bei seiner Einwechslung begrüßt. Ein Blick in seine Vita verriet den Wechsel von Málaga nach Cádiz vor der Saison. Er war es auch, der zuvor das 0:1 auflegte. Unglaublich was für ein Drehbuch dieses langweilige Spiel am Ende noch parat hatte. Und auch die Auswärtsfans, die 83 Minuten nichts weiter als ein schöner gelber Fleck im Stadion waren, tanzten nach den Toren im Regen und übernahmen mit ihrer kleinen Delegation akustisch die Oberhand im Rosaleda.
In so einem Derby in Spanien steckt jede Menge Potential – wenn es denn mal wachgeküsst wird. José Matos, die Nummer 18, betrat als torloser Einwechselspieler in der 79. Minute den Rasen und verwandelte sich vom Judas zum Prinzen. Geschichten, die nur der Fußball schreibt. Oder simpel zusammengefasst: Alle 11 Minuten verliebt sich irgendwo auf der Welt ein Groundhopper in einen Derbyhelden. (mm)











