Raja CA Casablanca – Olimpic Club Dcheira – 1:0

Raja CA Casablanca – Olimpic Club Dcheira – 1:0

„GOLDENE MOMENTE AUF DER BRONZE-TRIBÜNE“

25.10.2025
Botola Pro
Stade Mohammed V
Zuschauer 43.856

CASABLANCA – Für den Samstag in Marokko stand so gleich ein Revisit auf dem Plan. Obwohl es mit dem CAF Champions-League-Spiel von FAR Rabat im brandneuen „Stade Prince Moulay Abdallah“ sicher eine brauchbare Alternative gab. Das WM-Stadion in der Hauptstadt wurde, wie das „Stade Mohammed V“, erst im September eröffnet. Doch Raja – eine der faszinierendsten Fanszenen Marokkos – versprach den größeren Reiz und in der großen Stadion-Schüssel im Herzen von Casablanca lässt es sich auch ein zweites Mal aushalten.

Nicht ganz so früh wie am Vortag ging es für ein paar Dirham wieder per Taxi zum Ground. In Casablanca ist jedes zweite Auto ein rotes Taxi. Hand hoch und für eine zehnminütige Fahrt bezahlt man umgerechnet nur etwas mehr als 1€. Das macht die Planung mit dem „ÖPNV“ in der hektischen Stadt sehr umgänglich, obwohl es auch eine Straßenbahn gibt. Am Stadion hielt sich das Gewusel eigentlich in Grenzen. Die Polizei-Ringe sortieren das Durcheinander großzügig. Doch diesmal waren im Vorfeld deutlich größere Gruppen unterwegs und in den Polizeisperren brachen immer wieder „Solitäre“ durch – einzelne jugendliche Ausreißer.

Das setzte sich am Drehkreuz fort, wo sich grundsätzlich zu zweit oder dritt durch den Eingang gequetscht wurde. Tickets gab es eigentlich nur digital über den externen Dienstleister „Tadakir“. Der QR-Code in der App verändert sich alle 60 Sekunden, daher wurde auch kein Schwarzmarkt wahrgenommen. Doch die marokkanische Jugend findet andere Mittel und Wege ins Stadion zu gelangen. Warum auch immer: Ein junger Bursche vor mir besaß ein Papierticket, das ich ihm direkt nach der Passage für 10 Dirham abschwatzte. Ich glaube der junge Mann wusste gar nicht wie ihm geschieht, aber die Aktion dürfte ein Gewinn für uns beide gewesen sein.

Saß ich am Vortag noch auf der überdachten Haupttribüne, wurden diesmal Tickets für die Gegengerade geordert. 60 Dirham mussten für einen Platz der Kategorie „Bronze“ hingeblättert werden. Dafür hat man einen Sitz neben den Gästefans und theoretisch gegenüber der „Curva Sud“ – dem Epi-Zentrum der Raja-Ultras. Theoretisch, denn selbst 100m entfernt ist man irgendwie noch Teil der Kurve. Die Crowd bei Raja scheint sich noch etwas mehr als bei Wydad auszudehnen. Gab es zunächst noch genug Knautschzonen auf den Rängen, füllte sich das Rund kurz vor dem Anpfiff mit einer wahren Flut an jugendlichen Fans, die vermutlich den Eingang gestürmt hatten.

Zugegeben: Das sorgte auch für ein bisschen Beklemmung, aber letztlich blieb alles unter Kontrolle. Als die Spieler einliefen und die Curva Sud akustisch eine Choreo ankündigte, lag der Fokus ohnehin schnell auf den „Green Boys“, die die Curva anführen. Tausende Fotohandys wurden gezückt und etliche Aufnahmen von zwei beeindruckenden Zettel-Choreos, die Bezug auf vergangene Motive nahmen, waren die Folge. Bei Raja hat wirklich jeder Bock auf die Ultra-Folklore. Sowohl die Kurve als auch die Gegengerade drehte vor und während des Spiels komplett am Rad – und das bis zum letzten Zuschauer am Rande des Gästeblocks.

Auch etwa 250 Zuschauer aus Dcheira fanden den Weg nach Casablanca. Die Gäste stiegen im Sommer in die „Botola Pro“ auf und für den Verein aus der Nähe von Agadir ist es die erste Saison überhaupt in der höchsten Liga Marokkos. Drei Plakate, die von dem historischen Aufstieg kündeten, wurden in der zweiten Halbzeit entrollt. Ansonsten verschaffte man sich einige Male Gehör, konnte bei der schieren Macht von Raja aber natürlich nicht mithalten. Bei den Gesängen von Raja ging es natürlich um die politische Situation in Marokko, vermutlich wurde aber auch Wydad gedisst – für den kommenden Spieltag stand das Derby auf dem Programm.

Die Machtdemonstration spiegelte sich im zweiten Abschnitt bei einer Pyro-Aktion in der einsetzenden Dämmerung wider: Die ganze Curva Nord glühte und sorgte abermals für tausende Schnappschüsse beim Rest des Publikums. Von einem zaghaften Support und dezentem Einsatz der Mittel, weil vier Tage später das Derby im Kalender stand, war nichts zu spüren. Auf dem Platz konnte der Aufsteiger zunächst mithalten und einige Chancen herausspielen, kassierte aber relativ früh das 1:0 und von da an war Raja das dominierende Team, das nach der Pause am zweiten Treffer arbeitete. In der Nachspielzeit war es so weit und ein Schuss aus der Distanz zappelte im Netz. Doch in keinem Winkel der Welt gibt es keinen VAR mehr und wegen eines Foulspiels zuvor, blieb es bei dem knappen 1:0.

Die Abreise aus Marokko folgte dann einen Tag vor dem Derby. Aber der Auftritt von den Green Boys & co entschädigte für den etwas unglücklichen Rückflug allemal und das Derby endete schließlich torlos. (mm)

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