Shenzhen Juniors FC – Suzhou Dongwu FC – 0:2
„WECHAT AUSGEDRIBBELT – CHINA 2.0“
25.10.2025
Longhua Culture and Sports Center Stadium
China Resources Beverage Chinese Football League 1
Zuschauer: 867
SHENZHEN — Am Donnerstag brachte ich noch über sieben Stunden die Schwechheimer Wirtschaft voran und fuhr dann mit meiner Gattin ein bisschen gestresst zum Schwechheimer International Airport. In der Lounge kam ich runter und stieg später seelenruhig in den Flieger nach Helsinki. Von dort ging es ca. vier Stunden später weiter nach Hongkong. Nach 11 ½ Stunden Absitzen kamen wir an, hatten keine Probleme bei der Einreise und fuhren mit dem Bus zur Grenze nach China. Auch die Einreisekontrolle in Shenzhen lief problemlos.
Wenige Meter später begann dann das Elend. Zuerst eierten wir quasi hilflos durch die Stadt, da unser Hotel auf der Karte nicht existierte. Vor Ort kann man auch fast keine Leute fragen, da die Englischkenntnisse direkt hinter der Grenzkontrolle aufhören. Mit der Übersetzer-App von Google kommunizierten wir mit einem Taxifahrer, der im Hotel anrief und die Adresse herausfand. Dieser Top-Lad lieferte uns an einem riesigen Gebäudekomplex ab, und nach wiederholter Misskommunikation bei anderen Hotels fanden wir dann endlich den Eingang. Durchatmen war angesagt – aber die Pointe ließ nicht lange auf sich warten.
Wir betraten das Zimmer und sahen Kleidung, einen Laptop und einen Koffer. Hier übernachtet schon einer! Also wieder runter zur Rezeption und der Dame mit der Übersetzer-App erklärt, dass das Zimmer schon belegt ist. 15 Minuten und einige wilde, laute Telefonate später bekamen wir eine neue Karte und konnten ein frisches Zimmer beziehen. Endlich angekommen!
Da der Magen mittlerweile knurrte, machten wir uns auf den Weg, um ein Restaurant aufzusuchen. Wenige Meter später entdeckten wir eine Dachterrasse mit Verkauf. Vor Ort erklärten uns die Kollegen, dass man die Speisen per WeChat-App an den Tisch bestellen muss. Das lief super einfach, und als wir die Getränke bekamen, kippte zwei Tische weiter ein Chinese um und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Weltklasse! Irgendwann kam der Krankenwagen und brachte den völlig besoffenen Jungen auf der Trage ins Krankenhaus. Dieses Szenario kann man in Asien öfter beobachten, da die Kollegen „nichts abkönnen“, was genetisch bedingt ist.
Wir genossen unsere Fleischteller, und spätestens dann war die ganze Hektik wieder vergessen.
Am Samstag skippten wir morgens das Frühstück, da der Toaster die Sicherung im Aufenthaltsbereich rausgehauen hatte, und gingen zum örtlichen 7-Eleven. Dort deckten wir uns genüsslich ein und öffneten die DiDi-App per WeChat. Die DiDi-Fahrer brachten uns für ganz kleines Geld komplett von „Hochhaus zu Hochhaus“. Die komplette Stadt besteht gefühlt nur aus Wolkenkratzern.
Klassisch um 15:30 Uhr sollte dann auch das runde Leder in der zweiten Liga rollen. Die Liga hört mittlerweile auf den Namen China Resources Beverage Chinese Football League 1. Das klingt schon fast so schön wie die Frank-Teuber-Wienke-Versicherungs-Kreisoberliga Nordwestmecklenburg.
In der Kreisoberliga geht man ganz entspannt an die Tageskasse und holt sich sein Ticket. In China läuft das ein bisschen anders. Tickets können nur in Verbindung mit dem Reisepass über WeChat oder andere chinesische Kanäle gekauft werden. Letztes Jahr unterstützte uns in Shanghai ein chinesischer Kontaktmann, dieses Jahr wollte ich die Tickets selbst kaufen. Also ließ ich mich komplett auf das „WeChat-Game“ ein, folgte den Shenzhen Juniors und fand die Ticketinfos heraus. Am Tag des freien Verkaufs wollte ich dann über den Verein die Tickets kaufen, bin aber an der Problematik „kein chinesisches Bankkonto“ gescheitert. Über den offiziellen Drittanbieter konnte ich dann tatsächlich zwei Karten kaufen, da dieser die American Express Kreditkarte akzeptierte. Ohne Amex biste hier also aufgeschmissen – wie gut, dass das silberne Metallstück regelmäßig glüht.
Ein Ticket bekommt man trotzdem nicht, sondern nur die Information, wo der Block ist, und dass man mit dem Reisepass zur Kontrolle gehen soll. Dort interessierte sich dann gar keiner für den Reisepass – die Ticketbestätigung reichte aus. Ein kleiner Fehler ist uns trotzdem noch unterlaufen: Wir haben den Gästeeingang genutzt, da Mr. DiDi uns dort abgeliefert hatte. Nach einer kurzen Kommunikation über die Übersetzer-App kamen wir dann auf die neutralen Plätze in der Mitte.
Vor dem Spiel lief natürlich noch die Nationalhymne, und auf die Sekunde genau ging die Partie los. Das Niveau in der ersten Liga war letztes Jahr wirklich ansehnlich – das hier in der zweiten Liga war unterirdisch. Das Spiel war zum Einschlafen langweilig, und richtig Fußball spielen können die Chinesen auch nicht. Das Volk kann ziemlich viel, aber für ein taktisch komplexes Spiel reicht es dann meistens nicht mehr aus. Deswegen qualifiziert sich die Nationalmannschaft auch fast nie für die Weltmeisterschaft.
Wir konnten am Ende froh sein, dass der Gast aus der Nähe von Shanghai zweimal in der Nachspielzeit treffen konnte. Somit konnten die zwölf mitgereisten Fans freudig ihren 1.466 Kilometer langen Rückweg antreten.
Für uns ging es ganz entspannt aus dem Stadion heraus, und ca. einen Kilometer später konnten wir in der Futbology-App dann auch einchecken. Die Kartenfunktionen der westlichen Apps und das GPS werden in China einfach keine besten Freunde. Vielleicht wäre das im großen Bao’An-Stadion besser gewesen, wo die Juniors eigentlich gegen den Ball treten. Dort spielten sie heute aber nicht, da das Stadion für die „China Games 2025“ gerade genutzt wird. Ab dem 9. 11. bewegen sich dann auch weitere Athleten im Longhua Culture and Sports Center Stadium, das eine Tribüne besitzt und relativ neu und modern aussieht.
Nach dem Spiel gab es dann noch leckere Köstlichkeiten für den leeren Magen, und zum Abschluss präsentierte uns Shenzhen eine atemberaubende Lichtershow auf den Wänden der Hochhäuser. Made in China! (mb)








