Die BILDERBUCHBUDE DER WOCHE (23). Während sich bei uns der Winter langsam nähert, fliegt der Landbote heute in Gedanken zurück nach Südostasien. Im thailändischen Urlaubsparadies Krabi besuchte ich im Februar 2023 ein Heimspiel des örtlichen Fußballklubs. Die Gastgeber gewannen souverän mit 4:1 und genauso überzeugend war auch das Speisenangebot. Vor dem Spiel erklomm ich noch die 1237 Stufen zum Wat Tham Suea, von dem man einen super Blick auf das Krabi Provincial Stadium hat.
18.02.2023 Krabi Provincial Stadium Krabi FC – Phrae United – 4:1
Ein herzliches „Tach auch“ aus der Redaktion! Es war der Sommer der „Lost Grounds“ in Deutschland. Und an der Spitze der unbespielten Stadien weit oben, steht unbestritten die „Vestische Kampfbahn“ in Gladbeck. Dieses Stadion mit einem offiziellen Fassungsvermögen von 37.612 Plätzen begrüßen wir in dieser Woche als 16. Mitglied unserer Reihe „BILDERBUCHBUDE DER WOCHE“.
Der Antik anmutende Eingangsbereich aus Sandstein bestätigt die Ahnung, dieses Stadion sei direkt aus der Weimarer Republik in die Neuzeit gepurzelt. Und tatsächlich fällt das Baujahr 1928 genau in diese Epoche. Bevor der oft auch als „Stadion Gladbeck“ bezeichnete Spielort im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs beschädigt wurde, hielt Adolf Hitler hier 1932 eine Wahlrede vor rund 50.000 Zuhörern ab. Bereits davor und auch danach diente das Gladbecker Stadion dem FC Schalke 04 immer wieder als Austragungsort bei Endrundenspielen um die Deutsche Meisterschaft. Fritz Szepan & co begeisterten vor fast hundert Jahren zehntausende Zuschauer am Wittringer Wald.
Es folgten moderate Modernisierungen, aber die Historie der Kampfbahn überstrahlt den Ort bis heute. Hin und wieder hat man das Glück und der SV Zweckel trägt alle paar Jahre mal ein Spiel in dem Rund aus. So geschehen am 18. August 2024 beim 3:2-Sieg gegen den SV GE-Hessler 06.
05.07.2024 Volksparkstadion EM Viertelfinale Zuschauer: 47.789
„FRANKREICH BEENDET DIE EM-KARRIERE VON CR7“
HAMBURG – Oft hat man davon geträumt Superstars wie Pepe, CR7, Mbappé oder Griezmann mal live im Volkspark sehen zu können. Dass die genannten Spieler wohl niemals die Raute auf der Brust tragen werden, ist selbsterklärend, und auch von einem Heimspiel in der Champions League ist der HSV meilenweit entfernt. Zumindest gaben sich in der vergangenen Saison Vereine wie der FC Barcelona, Royal Antwerpen und der FC Porto die Ehre, doch da die Champions-League-Heimspiele vom FC Shakhtar in der kommenden Saison nicht mehr in Hamburg, sondern in Gelsenkirchen stattfinden, werden bis auf Bobby Glatzel in naher Zukunft erst einmal keine „Top-Stars“ im Volkspark auflaufen.
Da der Turnierbaum ergab, dass es eine Neuauflage des EM-Finals von 2016 geben wird und das alles auch noch in Hamburg stattfindet, musste die Chance unbedingt genutzt werden. Am Abend vor dem Spiel konnte man sich mit einer Eintrittskarte eindecken.
Am Spieltag wurde sich an den Landungsbrücken auf das Spiel eingestimmt. Dort war ein beeindruckender Fanmarsch der Portugiesen zu sehen. Viele Fahnen wurden geschwungen und melodische Lieder gesungen. Im Stadion später setzten sie ihren stimmungsvollen Auftritt fort und zündeten zur Nationalhymne auch ein bisschen Rauch. Die meiste Pyro zündete aber die UEFA zu ihrer Zeremonie, als die Farben der Kontrahenten in den Himmel geschossen wurden.
Auf dem Rasen war es das Spiel zwischen dem 1,05 Milliarden teuren Kader der Portugiesen gegen die 1,23 Milliarden Euro teuren Franzosen. Dass es dennoch eines der schlechtesten Spiele werden würde, die ich je im Volkspark gesehen habe, hätte ich vor dem Anpfiff nicht für möglich gehalten – 120 Minuten torloser Gammelkick, hieß die Realität. Die Entscheidung musste durch das Elfmeterschießen fallen, und so war es Theo Hernandez, der die Franzosen nach einem vorangegangenen Fehlschuss von João Felix ins Halbfinale schoss.
Für Ronaldo war es damit das letzte Spiel bei einer Europameisterschaft. Für Frankreich geht es im Halbfinale gegen Spanien weiter. Man darf gespannt sein, wer den Titel holt. (fj)
GELSENKIRCHEN – Irgendein Achtelfinale sollte es bei dieser Heim-EM noch werden und nach kurzer Recherche entschied man sich für das K.O.-Spiel von England in Gelsenkirchen. Dieses Spiel am letzten Geltungstag des 49€-Tickets für den Juni, hatte den Vorteil, dass man theoretisch kostenneutral reisen konnte, so denn keine Verlängerung eintreten würde. Für den Fall der Fälle glühten also die Telefondrähte und irgendwie war schließlich jeder für diesen Spieltag versorgt. Denn dank ziemlich geringer Drittmarktpreise war nach und nach die halbe norddeutsche Groundhopping-Gilde in Gelsenkirchen unterwegs.
Aus mehreren Gründen ging die Zugfahrt allerdings erst in Kirchweyhe los, kurz hinter Bremen. Den Zug-Plan, mit lediglich einem Umstieg in Osnabrück, konnte diesmal nicht mal die DB crashen und so wurde man um kurz nach 4 am Hauptbahnhof GE ausgespuckt. Es stand der dritte Besuch in der Arena an. Mein letztes Spiel „auf Schalke“ fand im Herbst 2013 gegen den VfB Stuttgart statt. Jermaine Jones war damals der Mann des Tages mit zwei Treffern.
Wurde mal wieder Zeit. Das dachten sich auch die Engländer und waren schon Stunden vor dem Anpfiff zur Arena aufgebrochen. Mehrere Male musste ich checken, ob meine Uhr wirklich richtig geht, denn in der Gelsenkirchener Innenstadt war kein Mensch mehr unterwegs, knapp zwei Stunden vor dem Spiel. Mangels Stimmung machte man sich schließlich auch auf den Weg nach Buer.
Bis dahin verlief der Tag ohne Zwischenfälle. Nur die frechen Dönerkioskverkäufer sorgten mit ihren Getränkepreisen für Unmut. Die Tommys waren längst abgezogen und es bestand kein Grund mehr für UEFA-Preise vor Ort. Aber: Kein Bier um Vier. Und so ging es ohne obligatorische Blechbüchse in der Hand per Straßenbahn zum Stadion. Dort war – wie erwartet – der Großteil schon eingekehrt. Also blieb noch Zeit für Tagesordnungspunkt xy: Das Papierticket. Die Verlautbarung von der UEFA, dass es keine Hardtickets gibt, stimmt nämlich nicht. Es gibt sie sehr wohl. Aber nur für den Notfall. Und das meint die UEFA auch so. Ich war für den Notfall präpariert und hatte mir vor der Abfahrt noch schnell ein geschrottetes Alt-Handy in den Rucksack gepackt. Meine schauspielerischen Leistungen waren wohl reif für die „Goldene Himbeere“ und so verließ ich den Ticketschalter tatsächlich mit dem begehrten Papierticket.
Für diesen Ticket-Notfall musste ich diverse Fragen beantworten, sogar ein Foto von mir wurde angefertigt. Aber das kaputte Samsung S4 war der Trumpf und spätestens nach der völlig behämmerten Frage: „Bekomme ich jetzt ein Leihhandy von der UEFA?“ war das Ding in trockenen Tüchern. Was das ganze Ticket-Gedöns betrifft, so würde ich die „Goldene Himbeere“ selbstlos an die Selbstdarsteller von Nyon weiterreichen. Von der völlig überlasteten Ticket-Plattform ganz zu schweigen: Warum verkauft die UEFA nicht gegen Gebühr Papiertickets an Sammler? Für den Schaden, den man damit anrichtet und für den guten Ruf, darf man gerne einen Taler von den Erlösen spenden. Bei der letzten EM waren 14€ (!) für ein papierenes Ticket fällig. Da wären ein paar Cent für den Regenwald sicher drin gewesen. Alles macht man zu Geld, doch der Sammler wird im Regen stehen gelassen. Vielleicht könnte man den ökologischen Fußabdruck auch egalisieren, in dem man im Nachhinein die Ermäßigungen von den Eintrittspreisen für Minderjährige abzieht. Denn die gibt es gar nicht: Kinder müssen Vollpreise zahlen, das gilt selbst für Babys, die noch nicht sitzen können. Klarer Fall: Goldene Himbeere für „Die Selbstdarsteller von Nyon“.
Dennoch: Zufrieden und mit einem Stück Papier in der Hand ging es zum Stadion, das mir nach all den Jahren immer noch gefällt, auch wenn es als „Turnhalle“ verspottet wird. Die Arena war das erste „Hightech-Stadion“ in Deutschland. Irgendwie stimmen die Proportionen und der Blick auf das Spielfeld – mit dem Metall-Labyrinth an der Decke und dem Videowürfel in der Mitte. Und vor dem geistigen Auge fährt immer wieder Rudi Assauer auf dem Rasen ein. Auf diesen Moment wollte ich mir ein 10€-Bier gönnen. Aber ich kam nicht weit. Kein Alkohol auf den Rängen. Das war bei den Spielen zuvor in Hamburg und Berlin nicht der Fall. Komische Regie. Muss man nicht verstehen, aber vielleicht haben die Engländer ganze Arbeit geleistet.
Und trotz dieser Restriktionen traf man im Stadioninneren natürlich auf eine stark alkoholisierte britische Mehrheit. Herrlich unorganisiert und platzend vor Nationalstolz. Alles wie immer. Anziehend und abstoßend zugleich. Aber das macht die Faszination am englischen Fußball aus. Auf dem Rasen gab es schließlich auch das ganze Spektrum von anziehend bis abstoßend. Schranz-Fußball gegen Schrott-Fußball. Kurz nachdem man sich damit zufriedengegeben hatte, mit einem knappen slowakischen Sieg zumindest einer halbwegs betitelbaren „Sensation“ beizuwohnen, erzielte Jude Bellingham das vielleicht schönste Tor der EM per Fallrückzieher. So sind sie, die Engländer. Irgendwie können sie dann doch kicken, im Mutterland des Fußballs.
Tatsächlich ging es in die Verlängerung und prompt fiel der Siegtreffer von Harry Kane in der 91. Minute. Also eigentlich noch vor dem Ausgleich in der 90+5. Minute. Eine von vielen kuriosen Fußnoten bei dieser EM. Aber letztlich lief alles nach Plan. Die Engländer setzten sich knapp durch, obwohl sie sich eigentlich blamiert hatten, und wenig später saß man dann auch in der abgemachten Mitfahrgelegenheit Richtung Bremen. (mbh)
HAMBURG – Vor der Europameisterschaft im eigenen Land hätte ich persönlich nicht erwartet, dass mir dieses Event doch Spaß bringt. Eine richtige Euphorie im Land habe ich nicht mitbekommen, startete mein EM-Fieber doch erst beim Turnierstart. Im Volksparkstadion beim Spiel von Georgien gegen Tschechien fing alles an. Stimmung doch deutlich besser als zunächst erwartet. Somit hat mich die EM in den Bann gezogen und das nächste Spiel von dem sowieso geliebten Tschechien im Volksparkstadion wurde fest auf meine Agenda geschrieben.
Der pünktliche Feierabend wurde um 16:30 Uhr eingetütet und ab ging es zum Bahnhof. Es sollte meine erste Anreise zum Volksparkstadion sein, ohne vorab ein Ticket oder meine Dauerkarte nutzen zu können. Eine kuriose Angelegenheit, stellte aber letztendlich keine große Herausforderung dar. Weit vorm Spiel ergatterte ich ein Ticket für 30€ unter dem eigentlichen Originalpreis.
Auf beiden Seiten merkte man eine gewisse Anspannung, das Spiel war immens wichtig. Vor Anpfiff war für alle Seiten noch das Weiterkommen, sowie das Ausscheiden möglich. Mein vorheriges EM-Spiel der Tschechen ging 1:1 aus und die mitgereisten Klobasa- und Pivo-Fans konnten froh sein, das Unentschieden in den letzten Minuten nicht abgegeben zu haben.
Nach einigen unglücklichen Entscheidungen des Schiedsrichters Istvan Kovacs aus Rumänien, gewannen die Türken das Spiel mit 1:2. Die Tschechien agierten ab der 20’ Spielminute in Unterzahl, innerhalb von 9 Minuten bekam der Spieler Antonin Barak zwei gelbe Karten. Torschütze für die türkische Nationalmannschaft war unter anderem Hakan Calhanoglu, der Spieler sollte vielen Lesern durch seinen wenig wertschätzenden Abgang im Jahr 2014 in Hamburg bekannt sein. Der heutige erneute Auftritt in Hamburg war allerdings ziemlich leise im Vergleich zu seiner erstmaligen Rückkehr in das Volksparkstadion im Trikot des aktuellen deutschen Meister Bayer Leverkusen.
Durch den gleichzeitig überraschenden Sieg der Georgier gegen Portugal schieden die Tschechen mit der Niederlage im Volksparkstadion aus dem Turnier aus. Die Türkei zog mit dem Erreichen des zweiten Tabellenplatzes in das Achtelfinale ein. Dort wartet die starke Mannschaft aus Österreich, es bleibt spannend und wir verfolgen den weiteren Turnierverlauf. (tp)
DORTMUND – Die Europameisterschaft 2024 in Deutschland sollte die nachhaltigste EM allerzeiten werden. Es gibt keine Parkplätze und alle sollen mit der Deutschen Bahn und ihren Partnerunternehmen ankommen. Nach der Ticketbeschaffung buchte ich dann mal vorbildlich eine passende Bahnverbindung und wurde natürlich wie immer fatal enttäuscht. Kurz nach der Abfahrt fiel die Klimaanlage beim Lokführer aus, die Lok musste abgekoppelt werden und der Zug drehen.
Insgesamt kam ich dann mit 50 Minuten Verspätung in Dortmund an. Beim Einlass gab es wieder keine Probleme und ich war ratzfatz drin. Wundert mich aber auch nicht, da die UEFA Organisation einfach drauf hat. Im bekannten Block 55 (Gästeblock) nahm ich meinen sichtbehinderten Platz ein und hatte maximal 0,1 Prozent Sichteinschränkung. Die habe ich aber auch, wenn ich die Brille nicht aufhabe.
Zur polnischen Hymne brannten im „Gästesektor“ die ersten Fackeln und ähnlich heiß ging die polnische Nationalmannschaft ins Spiel um die Goldene Ananas. Frankreich wollte hier mit einem Sieg eigentlich den Gruppensieg klar machen, aber dafür spielten sie viel zu lethargisch und scheiterten in der ersten Hälfte des Öfteren an dem Spieler des Spiels, der polnischen Nummer 2.
In der zweiten Hälfte bekam Frankreich relativ schnell einen Elfmeter geschenkt, den die „Grande Nōz der Nation“ in Person von Superstar Mbappé auch sicher verwandelte. Trotzdem schafften die Franzosen das Ding nicht über die Zeit zu bringen. Ihrerseits bekamen die Polen in der 77. Minute einen Elfmeter, den Lewandowski im zweiten Anlauf verwandelte. Am Ende ergatterte Polen einen verdienten Punkt und Frankreich verspielte leichtfertig den Gruppensieg.
Das war wohl mein letztes Spiel bei der Europameisterschaft und ich war zuerst skeptisch, aber alles ums Stadionerlebnis hat super viel Spaß gemacht. Viele euphorische Fans, super Organisation seitens der UEFA und zwei faire Ticketpreise rundeten das Erlebnis ab.
Der Rückweg mit der Deutschen Bahn ging dann natürlich wieder völlig schief und ich kam mitten in der Nacht mit einer sehr hohen Verspätung in Hamburg an. (mb)
25.06.2024 Europameisterschaft Olympiastadion Berlin Zuschauer: 68.368
BERLIN – Das beste Spiel der EM, wie die Kollegen aus der Redaktion mit den großen Buchstaben den Kick betiteln, fing mit einer kleinen Ernüchterung an. Kroatien bekam am Vorabend in der Nachspielzeit das 1:1 von Italien eingeschenkt und damit hatte Österreich fast kampflos das Achtelfinale erreicht. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Bei der EM wollen wir die Fetzen fliegen sehen und keine Platzierungsspiele bejubeln. Nur mit einer hohen Niederlage würden unsere südlichen Nachbarn noch ausscheiden können, während Holland bereits in der K.O.-Runde stand.
Für das Spiel wurde ein enormer Aufwand in der Redaktion betrieben: Bei dem 60€-Ticket war diesmal ein wenig Glück im Spiel, aber Babysitter mussten organisiert und Arbeitszeiten zurechtgestutzt werden, Notfallpläne kamen nach einem Zugausfall auf den Tisch, für den nächsten Tag war nur mit wenigen Stunden Schlaf zu rechnen. Eine Fußverletzung tat ihr Übriges dazu bei. Unsere Nachbarn mussten unbedingt liefern, wo man mit so viel Einsatz vorangegangen war.
Naja, wenigstens ging es auf dem Papier noch um was. So zumindest die Ausgangslage. Denn Österreich schien sich für diese Spielchen nicht zu interessieren. Vom Reformvater der Viererkette – Ralf Rangnick – exzellent auf- und eingestellt, gab die Alpenrepublik von der ersten Minute an Gas und bewies trotz farbenfroher Kurve mal wieder: Grau ist alle Theorie. Begleitet von einem gut organisierten Block, der sich geteilt durch das Marathontor teilweise in Wechselgesängen übte, gelang nach schneller Kombination der frühe Führungstreffer. „Eigentor“ ploppte zum siebten Mal bei diesem Turnier auf der Anzeigetafel auf.
Während im holländischen Vereinsfußball Hooligans und Casuals den Ton angeben, scheint sich der Oranje-Mob bei Länderspielen aus höheren Gesellschaftsschichten zu rekrutieren. Orange trägt nur die Müllabfuhr, jaja, aber schon beeindruckend, so ein Block in Signalfarben. Im Zweifel können die Oranjes ganz schön laut werden. Doch der Support lahmte lange Zeit auf rätselhaftem Niveau, so wie auch das Spiel der „Elftal“. Trotzdem: Auf gute Momente kann man sich bei den Niederlanden auf dem Rasen und auf den Rängen immer verlassen. Und nachdem Gakpo und Depay im zweiten Abschnitt scorten, bebte die Kurve.
Als wenn nichts gewesen wäre, traf Marcel Sabitzer nach einem feinen Pass mit einem knallharten Schuss ein paar Minuten später zum Sieg. Da Frankreich nur ein Unentschieden gegen Polen holte, reichte das am Ende sogar zum Gruppensieg. Österreich spulte die letzten Minuten beängstigend souverän runter. Als wenn es das Normalste der Welt wäre, die Gruppe vor Holland und Frankreich zu gewinnen. Das beste Spiel der EM wird wohl erst noch stattfinden. Ein richtig guter Kick war das aber schon. (mm)
HAMBURG – Nach dem tollen Auftritt in Dortmund durfte ich die albanischen Fans am Mittwoch erneut erleben. Anders als am Wochenende diesmal quasi vor der Haustür in Hamburg und im Balkan-Duell gegen Kroatien. Wie es sich für einen umweltbewussten Redakteur gehört, radelte ich die überschaubare Strecke zum Stellinger S-Bahnhof. Bereits auf dem Weg kam ich an etlichen Fans im unverwechselbaren karierten Trikot vorbei und auch die typische Wasserball-Kappe durfte bei einigen nicht fehlen. In Stellingen angekommen dröhnte kroatischer Schlager aus den Boxen, stolz wurden die (Zaun)fahnen präsentiert und die ersten Fackeln gingen an. Hinter dem Tunnel zog eine albanische Gruppe mit traditionellen Trommeln und Flöten die Aufmerksamkeit auf sich. Arm in Arm tanzten Kroaten und Albaner zur Musik und eigentlich fehlte nur noch der Duft von Cevapi in der Luft. Herrlich!
Bedingt durch die offizielle Gästeplatzierung reisten die meisten Shqipëri Fans natürlich über Othmarschen an, sodass ich die Doppeladler erst im Stadion so richtig wahrnehmen konnte. Zum Einlaufen der Mannschaften wurde die Landesfahne mit der Botschaft „Origin, Destiny, Tradition“ über den Block gezogen. Auf der anderen Seite huldigten die Kroaten erneut ihrer Nr. 10 mit den Worten „Let The Magic Begin“.
Allerdings ließen Modric und seine Teamkollegen über weite Strecken die erhoffte Magie vermissen. Stattdessen gaben die Albaner den Ton an und spielten wie schon in Dortmund von Beginn an mutig nach vorne. Diesmal ohne Torrekord, aber das 1:0 nach elf Minuten sorgte auch so für eine Jubelexplosion bei den Rot-Schwarzen.
Den Kroaten fiel in der ersten Halbzeit wenig ein: kaum Torabschlüsse und wenig Zielstrebigkeit sorgten für frustrierte Gesichter bei meinen Sitznachbarn in Rot-Weiß. Erst mit einem Doppelwechsel zur Pause kam Schwung rein. Unabhängig vom Ergebnis trieb der Stimmungskern auf der Nordtribüne die Mannschaft an. Hier und da wurde eine Fackel angerissen und auch der unverkennbare orangene Rauch wehte durch das Volksparkstadion. Nervig waren da nur die ständigen Durchsagen des Stadionsprechers. Auf dem Feld drehten die Kroaten tatsächlich innerhalb von zwei Minuten dank Kramaric und einer unglücklichen Abwehr-Aktion das Spiel.
Den Schlusspunkt setzten allerdings die Albaner. Unglücksrabe Gjasula machte sein Eigentor vorne wett und traf in der 95. Minute zum insgesamt verdienten 2:2. Komplette Ekstase in Rot und Schwarz, totale Leere bei den kroatischen Fans in meiner Reihe. Das Ende einer goldenen Generation? Wir werden es sehen. (hr)
HAMBURG – 17 Tage vor dem Dritten Gruppenspiel in Hamburg konnte ich mir nicht erträumen für 30 Euro bei der Europameisterschaft dabei zu sein. In den ersten Phasen bin ich leer ausgegangen und dachte mir, dass der Zug komplett abgefahren sei, bis plötzlich eine Nachricht per WhatsApp in der Redaktionsgruppe erschien: „Es gibt wieder Tickets für die EM“. Keine zwei Minuten später war eine Fan First Karte für dieses Spiel im Warenkorb. Typischerweise hieß es mal wieder Tschechien. 2016 bei der EM in Frankreich sah ich Tschechien in Toulouse gegen Spanien, für die EM 2020 hatte ich Karten für ein Spiel der Tschechen in Glasgow, welche mir wegen Corona aberkannt wurden und nun Tschechien im heimischen Wohnzimmer.
Gegen 12.45 Uhr machte ich mich auf dem Weg Richtung Volksparkstadion und war verwundert, dass der HVV den S-Bahn Takt tatsächlich erhöhte. Parallel fuhren zwei Bahnen nach Stellingen. Von dort ging es diesmal nur zu Fuß zum Stadion, da der Shuttle nur für Personen mit einer eingeschränkten Mobilität zur Verfügung stand. Am Stadion dauerte es keine zwei Minuten, bis wir im Stadion waren. Rund eine Stunde vorher hörten wir schon die ersten Gesänge der Georgier.
Rund 15 Minuten vor Anstoß ging das ganze EM Prozedere los und die Mannschaften kamen sechs Minuten vor Anpfiff raus zu Hymne. Spätestens dort war die Stimmung besonders im Bereich der Georgier am kochen. Jede Aktion wurde in den ersten Minuten umgejubelt. Der Torwart parierte schon in der Anfangsphase einige Bälle und hielt Georgien im Rennen. Er war auch am Ende der Spieler des Spiels. Kurz vor der Halbzeit gab es dann einen Elfmeter für Georgien. Mikautadze trat an und traf. Extase pur! In der zweiten Hälfte spielte quasi nur Tschechien und jeder wusste, entweder die machen noch den Siegtreffer, oder Georgien bekommt ganz am Ende einen Konter und macht die Bude. Das Drehbuch war schon im Druck, nur Lobjanidze schaffte es nicht die Kugel aus acht Metern ins Tor zu schieben. Er hatte den ersten Sieg der Georgier bei einer EM auf dem Fuß, aber die lieben Nerven versagten dann doch und die Tausendprozentige ging nicht rein.
Nach dem Abpfiff wurden beide Teams von ihren Landsleuten gefeiert und wir gingen sehr zufrieden nach Hause. Es war ein schönes Erlebnis dabei gewesen zu sein, was vor allem an der Stimmung der beiden Ländern lag. Leider wird mindestens einer der beiden am Donnerstag wieder nach Hause fahren müssen. Zuvor spielen die Tschechen aber nochmal in der schönsten Stadt Deutschlands gegen die euphorischen Türken. Dort wird das Volksparkstadion nochmal ordentlich beben, bevor Taylor Swift die Bude für noch höhere Ticket- und wahrscheinlich auch höhere Bierpreise vollmacht. (mb)
DORTMUND – Die Europameisterschaft im eigenen Land ist für mich bisher keine Heim-EM. Noch nie bin ich bei solchen Turnieren in der Ticket-Lotterie leer ausgegangen. Bei der EM 2024 schon. Auch der Spielplan meinte es nicht sehr gut mit mir. Kaum Termine in der Vorrunde, die man ohne großes Freischaufeln wahrnehmen könnte. Und wenn ich mal in der Woche Zeit hab, wird in Stuttgart oder München gespielt. Viele Grüße aus dem Hansetal! Am Samstag hatte ich Zeit und angesichts der Tatsache, dass Norddeutschland nur mit Hamburg als Spielort bedacht wurde, lag Dortmund quasi um die Ecke.
Doch die Pechsträhne ging weiter. Vorab ließ ich mich ausnahmsweise mal auf einen Tickethändler aus dem Internet ein. Die Anzahlung von 50€ für das Spiel war es mir wert, am Samstag vor dem Spiel möglicherweise eine „ruhige Kugel“ schieben zu können. Aber die Anti-Stress-Investition war nicht erfolgreich und ich saß einem niederländischen Betrüger auf. Naja. Die Zugfahrt mit dem Deutschland-Ticket war umsonst, für die Hotelnacht in einer der feinsten Absteigen der Eisenbahnerstadt Hamm mussten 25€ berappt werden. Doch als ich den Dortmunder Bahnhof betrat, wusste ich: Jetzt ist es vorbei mit der Sparsamkeit. Vier Stunden vor dem Anpfiff wuseln auf dem Vorplatz mehr Ticketsuchende als Italien-Fans herum. Ansonsten haben die Albaner die Kontrolle in der Stadt übernommen. Heim-EM für alle! Überall viel Bling-Bling und fette Autos. Die Albaner muss man einfach liebhaben. Doch die Leidenschaft in den Augen der Skipetaren ist keine Show. Leider suchen auch die meisten Albaner vor Ort noch Tickets.
Vor dem Stadion werde ich dann mit meinem Schildchen recht oft angesprochen und die wenigen Fans, die Tickets übrig haben, bieten Karten zum Nennwert an. Leider liegt der Nennwert bei dieser Heim-EM meistens zwischen 300 und 400€. Das ist natürlich keine Option. Zumal ich mich dieses Jahr schon ein paar Mal ins Stadion geschmuggelt habe und der Kollege H. ein Ticket hat, das ich für die Kontrolle zumindest abfotografieren kann. Der Plan sieht auch vor, dass ich hinter meinem Redaktionskollegen durch das Drehkreuz husche. Nur, ich war ewig nicht mehr in Dortmund und da alles großzügig abgesperrt ist, kann ich mir vorab kein Bild von den Drehkreuzen machen.
Der Kollege H. trudelt erst etwa eine Stunde vor dem Anpfiff ein. Da sind die meisten Ticketinhaber schon drin. Und direkt nach der ersten laschen Durchsuchungskontrolle werden wir von der dahinter platzierten manuellen QR-Aktivierung durch die nächste Ordner-Riege überrascht. Unter einem Vorwand muss ich wieder raus und die Redakteure trennen sich schon vor den Drehkreuzen. Nach 5 Minuten stelle ich mich dann bei einem anderen Eingang an und eine Trantüte von Ordner bemerkt nicht, dass ich mich an eine Gruppe hefte, mit der ich durchflutsche. Danach kommen die Drehkreuze auf dem Stadionvorplatz. Doch die sind in Dortmund nur halbhoch. Hinter jedem steht ein Ordner, mit dem man Sichtkontakt hat. Und das größte Manko: Es sind keine Fans mehr da. Alle sind drin, 45 Minuten vor dem Anpfiff. Ich stehe vor den Ordnern wie auf dem Silbertablett, kann mich nicht verstecken, keine Hektik ausnutzen und nicht untertauchen. Ein Himmelfahrtskommando.
Zweimal versuche ich trotzdem über oder unter dem Drehkreuz durchzuhoppsen und fliege natürlich auf. Ich beklage selbstmitleidig, dass mein QR-Code nicht funktioniert oder das Internet zusammengebrochen ist und werde treudoof zum „Clearing Point“ geschickt. Einem jungen Ordner jammer ich die Ohren voll. Er hätte mich fast durchgelassen. Es müssen andere Lösungen her. Also schau ich mal ins „Strobels“ rein. Das ist eine Gastwirtschaft genau zwischen dem Westfalenstadion und der „Roten Erde“. Unter dem Vorwand auf’s Klo gehen zu wollen öffne ich einfach mal zwei Nebentüren und stehe plötzlich unter der Haupttribüne. Mit dem Kniff umgeht man die QR-Kontrolle. Doch leider kommt man durch die letzte Tür zum Stadion nur mit Arbeitskarte. Die Dame ist entsetzt, wie ich es hier hingeschafft habe. Ich spiele wieder den Dummen. Trotzdem: Die Reise ist an der Stelle zu Ende, an der einst auch Sebastian Pufpaff von „TV Total“ bei seinem Schummelversuch umkehren musste.
Nicht so schlimm. Ich bin mit meinem Latein noch nicht am Ende. Denn wenig später kommt eine Rotte Ordner vorbeigetrabt, für die ein Tor geöffnet wird und so komme ich unbemerkt von dieser Ordnergruppe ins Innere. Ich habe die Treppe zum Block schon im Blick, da spüre ich eine Hand auf der Schulter. Tja, einer der Drehkreuz-Kontrolleure hatte mich im Visier, da ich vor seinem Einlass auf- und abtigerte. Warum sollte man das auch machen, wenn man ein gültiges Ticket hat? Das wichtigste Element für einen ticketlosen Einlass fehlt: Der Andrang. Und der wurde ein paar Minuten vor dem Anpfiff dann auch nicht besser. Also lieber weg, bevor da noch weitere Freunde und Helfer mit ins Spiel kommen.
Der Plan das Spiel im Strobels auf Leinwand zu verfolgen endet dann allerdings mit einem stilechten Rausschmiss. Das Tor der Albaner kann ich noch akustisch und visuell mitnehmen. Völlig irre: Die Bildschirm-Übertragung direkt neben der Albaner-Kurve hängt etwa 10 Sekunden nach und ich kann mir überhaupt keinen Reim machen, warum wenige Sekunden nach dem Anpfiff schon so krass im Stadion gejubelt wird. Auf dem Fernsehbild seh ich ja erst den Anpfiff und irgendwie bin ich ja doch mittendrin. Anschließend kommen irgendwelche Security-Babos und verlangen nach meinem Ticket, das ich nicht vorzeigen kann. Ich bin der einzige Gast in dem Laden, abgesehen vom Staff, das kommt den Jungs spanisch vor. Die nächste Stunde verbringe ich trotzdem hinter der Absperrung direkt am Stadion. Dort ist man nicht der einzige Neugierige. Ein paar Dutzend Leute schauen das Spiel auf dem Handy mit der Original-Atmosphäre im Hintergrund. Etwa eine Viertelstunde vor Schluss wird aber auch diese Atmosphäre jäh beendet. Denn in Vorbereitung auf den Abpfiff drehen die Ballerbuden ihre Ballermannmusik auf und vorbei ist es mit dem authentischen Geräuschpegel aus dem Stadion. Aber ist ja am Ende nichts passiert… (sl)
Volume 2
DORTMUND – Ähnlich wie Kollege M. hatte auch ich kein Glück bei den Ticket-Verlosungen der UEFA und stellte mich innerlich auf eine EM vor dem Fernseher ein. Ohnehin war bereits für Ende Juni ein dreiwöchiger Trip Richtung Asien gebucht, sodass sich die Enttäuschung in Grenzen hielt. Bis plötzlich Anfang des Monats noch ein bunter Strauß an Karten online ging. Eher zufällig sah ich die E-Mail auf meinem Handy und deckte mich kurzerhand für drei Spiele ein, davon zweimal Albanien in Dortmund respektive Hamburg.
Italien-Albanien war definitiv mein Zielspiel, denn ich spekulierte auf einen Doppler in Verbindung mit den Playoff-Spielen unserer Nachbarn in den Niederlanden. Wie erhofft setzte der KNVB die Relegation um die Tweede Divisie zwischen Genemuiden und Maasluis für 14.30 Uhr an. Grüner Rauch übers ganze Feld, zwei Batterien abgefeuert, 0:3 nach 90 Minuten, Maasluis hält die Klasse, Abfahrt. So weit, so gut. Nach dem Check-In bei unserer charmanten Unterkunft in Hamm traf ich aber dann doch erst gegen 20.00 Uhr in Dortmund ein. Letztendlich dürfte das die fehlende Zeit gewesen sein, denn da waren die meisten Fans bereits im Stadion und wie beschrieben herrschte an den Drehkreuzen gähnende Leere.
„Wo ein Wille, da ein Weg“ dürften sich auch die Kosovo-Albaner gedacht haben. Viele Redaktionen schrieben schon im Vorfeld von einer Invasion der Kuqezinjtë-Fans ins Westfalenstadion. Auf dem Schwarzmarkt wurden absurde Preise verlangt und wohl auch durchgesetzt. Nachzählen konnte ich nicht, aber alle Tribünen waren wirklich zu großen Teilen in rot getaucht und die kolportierten 50.000 dürften gestimmt haben. Lediglich auf einer Ecke der Südtribüne sammelten sich die Tifosi der Squadra Azzurra, die (wie gewohnt) kaum bzw. nur beim Torjubel zu hören waren. Stattdessen schallte immer wieder „Shqipëri“ durchs Stadion. Zum Einlaufen der Mannschaften präsentierten die albanischen Fans ein Spruchband, eingerahmt von schwarzen und roten Papiertafeln.
Als wäre die Atmosphäre vor dem Spiel nicht schon beeindruckend genug, erzielte Bajrami nach nur 23 Sekunden das 0:1 und sorgte für komplette Ekstase. Neben den Bierbechern flogen auch jede Menge Qeleshe durch die Gegend, die traditionelle Kopfbedeckung in Albanien. Kein Halten mehr bei den Doppeladlern!
Entsprechend steigerte sich die Stimmung noch weiter, aber die italienischen Spieler schienen nur kurz geschockt zu sein. Zehn Minuten nach dem Rückstand köpfte Bastoni unbedrängt zum 1:1 mitten in die Euphorie rein. Fünf Zeigerumdrehungen später drehte Barella die Partie und ließ die Albaner buchstäblich verstummen. Der schnelle Dreher hatte bei den albanischen Fans definitiv den Sticker gezogen und die Lautstärke kam –wen wundert’s- nicht mehr an die ersten Minuten ran. In der zweiten Halbzeit schaltete Italien in den typischen Verwaltungsmodus und brachte das 2:1 relativ ungefährdet über die Zeit.
Nach dem Spiel traf ich mich wieder mit Kollege M. am Auto. Schnell noch eine vorzügliche Pizza Sucuk reingeschoben und nach einer verdienten Mütze Schlaf in Hamm brachen wir am Sonntag Richtung Doetinchem auf. Dort folgte der zweite Teil der Holland-Playoffs und sollte ein bisschen für das entgangene EM-Spiel entschädigen. Bericht folgt! (hr)