Frankreich U23 – Spanien U23 – 3:5

Frankreich U23 – Spanien U23 – 3:5

„GIER NACH GOLD“

09.08.2024
Olympia
Parc des Princes
Zuschauer: 49.000

PARIS – Während es bei der Europameisterschaft ein Hauen und Stechen um die Tickets gab, ging es bei Olympia ganz easy. Die Karten für das Fußballturnier bekam man zunächst hinterhergeworfen. Sicherheitshalber wurde sich weit vor dem Turnier eine Random-Karte für 25€ gesichert. Die Auslosung ein paar Wochen vor dem Olympiastart ergab dann die Kracherpartie: Neuseeland gegen die USA.

Allerdings spielte das Fußballturnier bei der Olympia-Planung keine große Rolle. Ein Wochenende sollte in Paris verbracht werden und dafür wurden munter Tickets geordert: Wasserball, Kanu, Marathon und Boxen standen an den letzten drei Tagen der Olympischen Spiele auf dem Programm. Das Neuseeland-Spiel in Marseille geriet bald in Vergessenheit und vom Zutrittsrecht sollte kein Gebrauch gemacht werden. Aus heiterem Himmel flatterte nämlich ein Ticket für das olympische Finale ins Haus. Selbst ein Revisit im „Parc des Princes“ konnte den Willen nicht bremsen, einen dreistelligen Betrag für dieses Spiel abzulatzen.

Und schließlich wurde richtig spekuliert. Wenn schon nicht Messi bei Argentinien dabei war: Frankreich sollte es immerhin ins Finale schaffen. Ganz Paris flog auf einer Welle der Euphorie durch die Stadt. Frankreich lieferte Olympiasieger wie am Fließband ab und auch beim Fußball lief es prächtig. Im Halbfinale konnte die „Équipe Tricolore“ Ägypten nach Verlängerung besiegen. Im Endspiel wartete eine harte Nuss, das war klar. Spanien setzte sich gegen Marokko durch. Damit hatte es die wohl talentierteste Elf ins Finale geschafft. Während mit Marokko die Stimmung im Land an diesem 9. August vermutlich ihren Siedepunkt erreicht hätte.

Zur „Marseillaise“ zogen die Franzosen sogar eine kleine „Goldmedaillen-Choreo“ auf und der Traum ging weiter: Enzo Millot, wohlbekannt aus der Bundesliga, traf nach Torwartfehler früh zur französischen Führung. Was für einen Stellenwert hat so eine zusammengewürfelte U23, wenn es um Gold im eigenen Land geht? Die Antwort liefert das Stadion nach wenigen Minuten, als sich die Zuschauer im Jubel überschlagen. Die Gier nach Gold konnte man dem Finalgegner aber auch nicht absprechen. Nach tollen Kombinationen steht es wenig später 3:1 für Spanien. Was für ein Spiel! Frankreich schnauft kurz durch. Aber spätestens nach der Pause wird klar: Hier passiert noch was!

Es dauert lange. Nach einer Chancenflut und Rebounds im Sekundentakt, muss ein Freistoß 10 Minuten vor dem Ende für den Anschluss sorgen. Da liegt was in der Luft! Aber erst der VAR beschert den Gastgebern einen Elfmeter, den der ehemalige Mainzer Jean-Philippe Mateta locker zum Ausgleich einschiebt. Euphorisiert von dem Moment stimmt man in den Chor ein: Allez les Bleus! Spanien schafft es fast im Gegenzug noch die Goldmedaille in der regulären Spielzeit zu sichern, zielt aber nur wenige Zentimeter daneben. Die Aufholjagd hat Kraft gekostet. Als die große Anspannung in der Verlängerung vorbei ist, können die Spanier ohne den mentalen Druck wieder ihre Ballzaubereien auspacken, gehen in Führung und machen in der Schlussminute schließlich den Deckel drauf.

Die Franzosen sind faire Verlierer und gestehen sich die Überlegenheit der Spanier schließlich ein. Beide Teams erhalten bei der Siegerehrung Applaus, auch wenn das französische Publikum den Gegner während der 120 Minuten bisweilen heftig ausgebuht hatte. Obwohl es sich um eine U23 handelte, hatten die Iberer nach der Führung nämlich Zeit geschunden wie die alten Hasen. Ob Tom Bartels Frankreich öffentlich in der TV-Anstalt als schlechten Verlierer bezeichnete, wie Wochen zuvor das Gastgeberland der EM, ist nicht überliefert. Das Gepfeife gegen die Spanier ging jedenfalls runter wie ein guter Rotwein, dient es doch als Indikator der Leidenschaft. Und davon hatten die Gastgeber an diesem Tag mehr als genug gezeigt, was am Ende immerhin mit einer Silbermedaille gekrönt wurde. (mm)