Fredrikstad FK – Molde FK – 4:2

Fredrikstad FK – Molde FK – 4:2

„WIE GOTT DEN GROUNDHOPPER SCHUF“

12.07.2025
Eliteserien
Fredrikstad Stadion
Zuschauer: 8.384

FREDRIKSTAD – Im mitteleuropäischen Sommer darf natürlich eine Schlaflos-Tour nach Skandinavien nicht fehlen und so wurde frühzeitig eine Hin- und Rückfahrt von Rostock nach Schweden gebucht. Für jeweils 30€ pro Tour eskortierte „Stena Line“ den ausgehungerten Groundhopper rund 7 Stunden über das Wasser nach Trelleborg. Alle Göteborger Erstligisten wurden an dem Wochenende Mitte Juli zu Hause angesetzt und das sollte als grober Plan reichen. Eine Woche vorher entschied man sich aber gegen einen Doppelbesuch im „Gamla Ullevi“ und sicherte sich eine Flixbusfahrt nach Sarpsborg. An der Fernbus-Haltestelle „E6 Lekevollkrysset“ mitten im Nirgendwo zwischen Sarpsborg und Fredrikstad auszusteigen, ist eigentlich so ein „Once-in-a-Lifetime“-Ding, doch da man letztes Jahr auf gleichen Pfaden schon nach Sarpsborg wandelte, kannte man sich in der norwegischen Provinz bestens aus.

Der Tag in Norwegen startete mit einem Problem. Den Bus kann man nur mit Bargeld bezahlen. Huch, wo war man denn hier gelandet? Im Süden von Oslo ist das irgendwie ein anderes Norwegen, das man sonst von der Westküste oder dem Norden im Kopf hat. Mit „gut zureden“ ging es also kostenneutral in die Stadt, die aus viel Beton und Asphalt besteht, aber eine schöne Wasserstraße durch den Ort bietet und eine unspektakuläre Altstadt, die wie auch das Stadion, vorrangig per kostenloser Fähre erreichbar ist. Das Stadion kann sich sehen lassen und bietet gute norwegische Hausmannskost mit vier engen Tribünen und einer fünfstelligen Kapazität, auch wenn in diesen Breitengraden fast immer Kunstrasen verlegt wird.

Die Kapazität braucht der FFK aktuell, denn der Zuschauerschnitt liegt bei über 10.000 Zahlenden pro Spiel. Über 10 Jahre war der 9-malige norwegische Meister in der Versenkung verschwunden. Letztes Jahr glückte der Wiederaufstieg und prompt belegte man Platz 6 in der Eliteserien. Dass man im Europapokal startet verdankt FFK jedoch dem Triumph im Pokalwettbewerb. Der Aufsteiger konnte die 118. Auflage des „NM“-Cup auf Anhieb gewinnen – und das gegen Molde. Ein halbes Jahr später nun also die Wiederauflage des Endspiels. Allerdings nicht ganz so glorreich, denn beide Teams stecken im unteren Mittelfeld der Eliteserien fest.

Bei Fredrikstad wird der Einsatz von Pyrotechnik schon beim Aufgang zur Tribüne angekündigt und zum Einlauf wurde dann auch etwas gezündelt. Molde brachte blaue Rauchtöpfe mit und somit zeigte sich der Fußballreisende mit dem Intro in diesem norwegischen Mittelfeld-Duell durchaus zufrieden, auch wenn von den rund 400 MFK-Fans der Großteil im Sitzblock Platz nahm. Es ging Schlag auf Schlag weiter, die Gäste trafen nach zwei schönen Loop-Bällen zur frühen Führung. In der Folge blieb etwas Zeit, den verlorenen Schlaf von der nächtlichen Schifffahrt auszugleichen: In den Strafräumen passierte nicht mehr allzu viel. Das Spiel plätscherte so dahin, ehe Molde im zweiten Abschnitt mit einem Eigentor die vermeintliche Entscheidung glückte. Ein Eigentor, das minutenlang vom VAR gecheckt wird, hat man auch nicht alle Tage. Aber es sah zuvor tatsächlich nach Abseits aus. Generell ließen die Reaktionen aus dem Publikum vermuten, dass in Norwegen gegenüber den Unparteiischen weiterhin eine kurze Zündschnur besteht, auch wenn das Publikum den Kampf gegen den VAR verloren hat, so scheint es.

Dieses typische Profi-Spiel zweier mäßig begabter Mannschaften hätte nun vielleicht noch mit einem Ehrentor oder der endgültigen Entscheidung weitergehen können. Doch mit dem Anschlusstreffer von Fredrikstad entstand ein Sog des Sieges, dem sich niemand an diesem Abend entziehen konnte. Die Hausherren trafen in den letzten 10 Minuten vier Mal (!) und bei jedem Tor war Glück dabei. Immer wieder wurden Bälle abgefälscht, kamen zurückgeprallt oder landeten – wie in der letzten Aktion – von einem gegnerischen Fuß im Netz. So etwas sieht man wirklich nicht jeden Tag. Aber – heisann! – solche Spielverläufe passieren alle paar Jahre mal und diese Schlussphase war schließlich die beste Bestätigung dafür, 20 Stunden durch Nordeuropa gerumpelt zu sein.

Abgesehen von diesem tollen Spiel, sollte die Ochsentour jedoch nicht zu Ende sein. Zurück an der Bushaltestelle „E6 Lekevollkrysset“ verpasste man den Bus nach Göteborg um Haaresbreite und die nächste Verbindung hatte über eine Stunde Verspätung. Wenn dir jemand einen Regenwurm gibt: Mach Heringsfilet draus! Also verbummelte man die Zeit im nahen Vestvannet-See, einem Nebenarm der Glomma – dem längsten Fluss Norwegens. Die Bade-Qualität wurde mangels Ausrüstung getestet, wie Gott den Groundhopper schuf und für gut befunden. Irgendwann kam dann auch der abgeranzte Flixbus Richtung Göteborg. Da man die schwedische Stadt erst um 2 Uhr erreichen sollte, keine Unterkunft gebucht hatte, aber Teile der Redaktion dieselbe Idee vom Wochenende in Göteborg verfolgten, wurde beim Kollegen (CvS) im Einzelzimmer auf der Luftmatratze genächtigt. Der würdige Abschluss eines unvergesslichen Tages. (mm)