Hamburger SV – SSV Ulm 1846 – 6:1
„IM HERZEN DER MILLIONENSTADT“
10.05.2025
2. Bundesliga
Volksparkstadion
Zuschauer: 57.000
HAMBURG – Der HSV ist wieder da! Einen Spielbericht zu diesem 33. Spieltag könnte man sich beinahe sparen, dieser furiose HSV-Sieg ist sicher an niemandem spurlos vorbeigegangen. Nach 7 passiven Minuten und dem folgerichtigen Tor für Ulm, sollte sich der Spieß schnell umdrehen. Die „Spatzen“ reisten ja auch nicht grundlos als Tabellensiebzehnter in die Hansestadt. Knackpunkt jedoch erst der gehaltene Elfmeter nach rund 35 Minuten. Ein Aufschrei ging durch das Rund – und das ist noch fast untertrieben. Mit den beiden Toren kurz vor der Pause war der Aufstieg praktisch eingetütet.
Aber fangen wir von vorne an. Bereits 2023 hätte die Redaktion gerne von einem Aufstieg aus dem Volksparkstadion berichtet. Im Vorfeld eine Karte für das Spiel gegen die SpVgg Fürth zu organisieren, war vor 2 Jahren kein Problem. Dann stand bereits vor dem letzten Spiel fest, der HSV läuft auf dem Relegationsplatz ein. Die Stimmung damals? Na, lassen wir das. Diesmal war sowohl die Euphorie als auch die Karten-Nachfrage wesentlich größer. Als klar war wer auf HSV-Seite alles noch nach Tickets für das Spiel sucht, wurden die Ambitionen auf Heimwege an Karten für diesen 33. Spieltag zu kommen rasch verworfen. Auch wenn diese Zeilen freundschaftlich-grün-weiß gegenüber dem HSV gefärbt sind – bei der Ticketvergabe für so ein Spiel sollten soweit nur Schwarz-Weiß-Blaue an der virtuellen Kassenschlange stehen.
Da in diesem Land unverständlicherweise bei der Berichterstattung über solche Ereignisse Medien mit vier Buchstaben im Titel bevorzugt werden, gab es nur eine Möglichkeit regulär das Volksparkstadion zu betreten. Und die hieß: Ulm. Eine zaghafte Anfrage wurde über die sozialen Medien in die weite Welt des Internets verschickt und tatsächlich meldete sich ein Ulmer. Alles nicht so, naja, vertrauenswürdig. Aber selbst bei einem möglichen Scam kann man schon mal 39€ riskieren, wenn so ein Spiel ins Haus steht.
Und nach dem Spiel in Darmstadt war klar: Es steht so ein Spiel ins Haus! Da weiter jeder eingefleischte HSVer auch Tickets für seine Oma und seinen Opa suchte, schien der Weg über Ulm und um Ulm herum der beste gewesen zu sein. Und schließlich blätterte man das Kalenderblatt auf Samstag um. In der S-Bahn zwei Stunden vor dem Anpfiff erstaunlich wenig Menschen und auch der Weg in Eidelstedt an den Ballerbuden vorbei, glich fast einer Flaniermeile. Ganz klar, der Mob war schon lange im Stadion. Und als der Scanner am Gästeblock grün blinkte, wusste man: Das kann nur gut werden!
Aber Pustekuchen. Nach einer Choreo auf der Nordtribüne und überbordender Stimmung bereits weit vor dem Anpfiff, kommen die Ulmer ihrem Selbsterhaltungstrieb nach und schießen in einer kurzen Drangphase das frühe 0:1. Für Ulm zählt nur ein Sieg für den Klassenerhalt. Was für eine Konstellation! Zu dem Zeitpunkt war man schon längst aus dem Gästeblock ausgebüchst. Im Oberrang gibt es keine Zäune und die Ordnerkette war mit „porös“ noch schmeichelhaft umschrieben. Obwohl sich der HSV stabilisiert und postwendend zum Ausgleich trifft, bleiben auch die Gäste im Spiel und als nach 35 Minuten ein Pfiff zu einem Elfmeter für die Ulmer führt, stockt jedem im Stadion der Atem. Der anschließende Jubel im weiten Rund wird am Ende des Tages von allen Jubelarien am intensivsten im Gedächtnis bleiben. Der Elfer wurde bekanntlich gehalten und zur Pause steht es bereits 3:1.
Spätestens mit einem ganz bitteren Eigentor von Philipp Strompf ist der Ausgang der Partie besiegelt. Das große Ulmer Engagment war umsonst, der Unterschied zwischen den beiden Teams definitiv in vorderster Front auszumachen. Während Ulm den Elfmeter vergeigte, nutzte der HSV all seine Chancen. Zunächst aus der Spannung heraus und im zweiten Abschnitt den Triumph vor Augen, vibriert das Stadion 90 Minuten lang. Trotz Roland Kaiser nebenan in der „Color-Line-Arena“ und dem allseits beliebten Hafengeburtstag in der Stadt – das Herz der Millionenstadt schlägt im Volksparkstadion. Und es schlägt hoch: Über die Mitmachquote an diesem Abend müssen wir nicht sprechen, erwähnenswert aber auch eine „Stehquote“, die ebenfalls an die 100% herankommt und Grundlage eines jeden unvergesslichen Fußballspiels ist.
Mit dem Abpfiff weiß man dann zunächst gar nicht wie einem geschieht. Zu schnell geht alles und ein Platzsturm von ganz besonderer Güte erfasst die Arena. Dass später bis zu 20 Schwerverletzte beklagt werden, ist ein bisschen zu ahnen. Aber was willste machen, wenn 7 verfickt-lange Jahre in der Zweiten Liga für so einen großen Verein enden? Bevor es zu den weiteren Feierlichkeiten geht, möchte man auch die Ulmer nicht vergessen. Daher gibt es um Minute 80 herum eine Durchsage vom Stadionsprecher, der den „Spatzen“ Respekt und Anerkennung ausspricht, was zur Folge hat, dass das ganze Stadion applaudiert. Das haben sich die tapferen Gäste verdient. Einer von vielen Gänsehautmomenten an diesem Abend.
Wer sich über die doch relativ hohen Werbebanden auf den Rasen begibt, wird die Szenen, die sich dort abspielen, so schnell nicht vergessen. Sogar das Tor wird auseinandergebaut und als Aufstiegssouvenir mitgenommen. Es herrscht eine Art positive Anarchie vor Ort, weshalb sich der Freund und Helfer auch schnell aus dem Geschehen zurückzieht. Ein Abend voller Höhepunkte, der nicht zu Ende gehen will. Selbst als man das Stadion verlässt und den Weg über die VIP-Logen anpeilt, stehen die Türen offen und schließlich findet man sich in einem Spalier wieder, durch den die Aufstiegsspieler laufen. Von dort ist es nicht mehr weit zu Tim Mälzers Kreationen für die Erstliga-Menschen in unserer Gesellschaft.
Der Abend wurde wirklich immer besser, nicht nur der HSV legte einen sagenhaften Aufstieg auf’s Parkett, die persönliche Bilanz fiel mit dem Durchmarsch aus dem Gästeblock in die VIP-Zone ebenfalls mehr als satt und zufrieden aus. (mm)
















