SG Groß Stieten – SV Schiffahrt und Hafen Wismar 61 – 5:3

SG Groß Stieten – SV Schiffahrt und Hafen Wismar 61 – 5:3

„KLEINES GLÜCK IN GROß STIETEN“

07.09.2024
Kreisoberliga Schwerin-Nordwestmecklenburg
Sportplatz Kastanienallee
Zuschauer: 150

GROß STIETEN – Für den Freitag war Entschleunigung auf dem platten Land angesagt. Keine Hektik, keine Termine, keine Kompromisse. Mit einem Revisit im letzten Dorf vor der ehemaligen innerdeutschen Grenze in Mustin bei Ratzeburg, wollte man das Wochenende einläuten und den schönen Spätsommerabend ausklingen lassen. Sogar Gesellschaft hatte sich angekündigt für diesen Abend und so fuhr man mit 10 Minuten Puffer gen Osten. Als dann kurz vor dem Ortseingangsschild von Mustin mehrere Male das Handy bimmelte, wurde man neugierig. Auf dem Display: Kurznachrichten mit Fahndungsaufrufen nach dem Schwehheimer Landboten. Da dämmerte was. Schnell die Social-Media-Kanäle von der SG Schlagsdorf/Mustin gecheckt – und siehe da: Die Partie wurde um eine Stunde vorgezogen.

Nun war guter Rat teuer. Ohne Smartphone wäre dieser Abend wohl in jeder Hinsicht gelaufen gewesen. Doch das Telefon spuckte Groß Stieten als einzige Alternative aus. Anstoß- und Ankunftszeit laut Google: 20 Uhr. Fünfzig Kilometer Landstraße. Noch nie was von gehört. Und da war es wieder so weit: Hektik, Termine, Kompromisse.

Die Ankunft konnte noch um 2 Minuten nach unten geschraubt werden und zack, lief man mit den Spielern zusammen auf den Rasen ein. Der Stress fiel sofort ab und die Fahrt hatte sich gelohnt, denn in Groß Stieten erwartete den gebeutelten Groundhopper das kleine Glück. Das ganze Dorf war gekommen, der Grill dampfte, Ballermusik vom DJ – ja, sogar ein Lichtkonzept hatte man auf die Beine gestellt. Zur Begrüßung an der Kasse gab es eine individuelle Eintrittskarte auf die Hand und an jeder Eckfahne wachte ein Ordner per Sprechfunk über die Sicherheit der Zuschauer. Das war hier in erster Linie ganz klar eine Dorfparty und kein Kreisoberligapsiel. Schon am Wochenende zuvor konnte die SG über 200 Zuschauer zum ersten Heimspiel begrüßen. Der Ground hat zwar kaum Ausbau anzubieten, besticht aber durch eine Menge Charme.

Zu der großartigen Stimmung trug auch das Spiel bei. Schon nach wenigen Minuten geht die Heimelf in Führung. Wismar gleicht aus. Doch Groß Stieten hat stets die bessere Antwort parat. Der direkt verwandelte Freistoß von SuH zum 4:3 wird mit einem – na klar – direkt verwandelten Freistoß zum 5:3 gekontert. Schade dass kurz darauf das mögliche 5:4 am Pfosten landet. Man mag sich nicht vorstellen, wie diese Partie sonst verlaufen wäre.

Nach dem Schlusspfiff geht die Party erst richtig los. Der „Stimmungsblock“ von Groß Stieten hatte sich in der zweiten Halbzeit bereits eingesungen. Dabei wurde auch munter DDR-Liedgut zum Besten gegeben. In den letzten Minuten muss der Pegelstand an „Lübzer Pilsener“ dann seinen Höhepunkt erreicht haben. Mit dem Abpfiff fluten schiefe Töne den Sportplatz, dazu wird die Luftgitarre ausgepackt und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, hier wird gerade ein frischgebackener Weltmeister gefeiert. Der Abend der Stimmungsmacher endet schließlich formvollendet in einer Schlägerei auf dem Parkplatz. Am Ende haben sich aber wieder alle lieb – in Groß Stieten, wo das kleine Glück zu Hause ist. (mm)

SG Theodor Körner Lützow – SG Roggendorf 96 – 2:3

SG Theodor Körner Lützow – SG Roggendorf 96 – 2:3

„NIEDERLAGE FÜR DIE PATRIOTEN“

06.11.2022

Kreisoberliga Schwerin/Nordwestmecklenburg

Sportstätte „Theodor Körner“

Zuschauer: 60

LÜTZOW – Ein erstaunlicher Ort, dieses Dorf kurz vor Schwerin, das bis ins 19. Jahrhundert noch „Blesse“ hieß und in der Folge per kaiserlichem Beschluss nach dem vorherrschenden Adelsgeschlecht Lützow benannt wurde. Alles hört hier auf das Kommando von Theodor Körner. Der Sportverein spielt in der gleichnamigen Sportstätte, trägt seinen Namen und auch das Logo geht auf das Werk „Leyer und Schwerdt“ zurück. Eine Sammlung patriotischer Gedichte des Schriftstellers Theodor Körner.

Vor Ort kommt man nicht umhin, sich mit der Geschichte Theodor Körners auseinanderzusetzen. Von seinem dichterischen Können mag man halten was man will, seine Berühmtheit lässt sich auf die Mitgliedschaft in einer preußischen Freiwilligenarmee, dem „Lützowschen Freikorps“, zurückführen. Theodor Körner fiel in den Befreiungskriegen gegen Napoleon vor über 200 Jahren einem französischen Angriff zum Opfer. Durch seinen frühen Tod im Kontext des patriotischen Einsatzes und der nationalen Poesie, stieg der Leutnant und Dichter posthum zu einer Ikone der deutschen Einigkeitsbewegung auf – bis heute.

Für einen Außenstehenden etwas befremdlich, die Huldigung eines nationalen Kriegshelden durch ein ganzes Dorf und Sportverein, zumal in diesem Landstrich und das im 21. Jahrhundert. Von der Uniform des Freikorps leiten sich bis heute übrigens die Farben der deutschen Nationalflagge ab. Eine schwarze Uniform wurde mit roten Absätzen und güldenen Knöpfen kombiniert – schwarz-rot-gold. Der Sportverein legt zu Ehren Theodor Körners jedes Jahr an seinem Sterbetag einen Kranz an dem dafür geschaffenen Denkmal in dem Wald nieder, in dem Körner im Kriegsgefecht fiel. Seine letzte Ruhestätte fand der Kriegsheld allerdings etwas weiter südostwärts in Wöbbelin – und auch dort hat sich 1997 ein Sportverein namens „Theodor Körner“ gegründet, der allerdings bereits seit rund 10 Jahren keine Fußballmannschaft mehr ins Rennen geschickt hat.

Das war jetzt viel Patriotismus, für mich etwas zu viel, obwohl man im Fußball übertriebenen Pathos ja gerne mal weglächelt. Ein weiteres, bekanntes Mitglied des „Lützowschen Freikorps“ ist im deutschen Sport übrigens omnipräsent: „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn zog ebenfalls freiwillig für Preußen in den Krieg gegen Frankreich.

Ins Gefecht ziehen muss in Lützow heute niemand mehr. Aber im Spiel gegen die SG Roggendorf stand immerhin ein hart umkämpftes Nachbarschaftsduell in der Kreisoberliga auf dem Programm. Interessieren sich bei den Liga-Spielen teilweise gerade mal fünfzehn zahlende Zuschauer für den Patriotenverein, so zog das Duell gegen das Nachbardorf an diesem Sonntag immerhin offiziell 60 Schaulustige an. Der Sportplatz mit seinem großen, begrünten Wall auf zwei Seiten, könnte ohne weiteres ein halbes Regiment an Zuschauern unterbringen.

Zu sehen bekam das Publikum trotzdem einen echten Fight. Die Aufsteiger von der SGTK gingen in diesem ungleichen Duell gegen einen ehemaligen Verbandsligisten als punktloses Schlusslicht zunächst in Führung. Roggendorf konnte das Ergebnis schon zur Pause in ein 1:3 umwandeln. In der zweiten Hälfte überraschte dann erneut Lützow, das nach einem Konter mit 2:3 wieder am Punktgewinn schnupperte. Bereits gut 10 Minuten vor Schluss suchte der Heimkeeper den Weg in den gegnerischen Strafraum. Aber aller Einsatz war mal wieder vergebens, am Ende setzte es eine Niederlage für die Patrioten. (mm)