Wydad AC – Asante Kotoko SC – 5:1

Wydad AC – Asante Kotoko SC – 5:1

„KÖNIG MOHAMMED & DER TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT“

24.10.2025
CAF Confederation Cup
Stade Mohammed V
Zuschauer: 43.868

CASABLANCA – Der Landbote meldet sich aus Marokko! Vielleicht erinnert sich ein Leser noch an den Spielbericht aus Lissabon, als der runde Geburtstag des Magazingründers abends bei Sporting zelebriert wurde. Das war aber noch nicht alles, ein kleines Geburtstagsgeschenk sollte zwei Monate später folgen und für den Jubilar ging es ohne weitere Begleitung via Portugal nach Marokko. Der Plan war recht ehrgeizig, denn per Gabelflug über Porto wurde schon wieder ein Jubiläum eingetütet – in Braga wartete Ground Nummer 1000! Nur noch Feiertage in Portugal! Ob das auch für Marokko galt, stand auf einem anderen Blatt.

Der Anfang in Braga war gemacht und für Marokko sickerten in den Tagen zuvor tröpfchenweise Informationen durch. Einen Spielplan, der vor der Saison präsentiert wird, gibt es nicht. Die Spieltage werden kurzfristig benannt. Als erstes waren die Paarungen der „Botola Pro“ dran, welche Raja ein Heimspiel bescherten. Zuvor war schon klar, dass Wydad in der afrikanischen Version der „Europa League“ weitergekommen war – und das Rückspiel am passenden Wochenende bestreiten sollte. Top! Ligaspiel von Raja und Confed-Cup-Spiel von Wydad terminierten die Verbände zunächst jeweils auf den Samstag-Abend. Da beide Teams aber im kürzlich aufgehübschten „Stade Mohammed V“ auflaufen, war klar, dass da noch was folgt. Und die „CAF“, der afrikanische Verband, wusste was zu tun war: Wydad spielte am Freitag!

Wie es der Reiseplan wollte, ging der Flieger frühmorgens von Porto nach Tanger. Nachdem die Zeit in der Medina und bei einem Strandspaziergang verbummelt wurde, wartete der „Al Boraq“ mit Ziel „Casablanca Voyageurs“ am Bahnhof in Tanger – der Hochgeschwindigkeitszug mit französischer Technik. Die Bahn knattert vor allem zwischen Tanger und Kénitra mit über 300kmh durch die karge Landschaft und kostet so roundabout 25€ für eine Fahrt in die größte Stadt des Landes. Gut investiertes Geld, denn in Casablanca musste sich noch um’s Ticket gekümmert und ein Zimmerchen bezogen werden, bevor die Mannschaften abends zum Play-Off-Match antraten.

Tickets kauft man erstmal online und erhält einen Voucher. Diese Bestellbestätigung muss an einem Ticket-Point in ein richtiges Kärtchen umgetauscht werden, dabei wird der Ausweis kontrolliert. In Casablanca um 10 nach 2 angekommen, fiel der Blick auf diesen Voucher und mit Erschrecken wurde festgestellt, dass die Wydad-Stores um 14 Uhr am Freitag schlossen. Da auch das Stadion als Standort angegeben war und ein Wydad-Store in der Nähe lag, ging es per Taxi zum Spielort und zwar pronto! Da war natürlich nix, abgesehen von übertrieben viel Staatsmacht, die sich 4-5h vor dem Spiel schon zu einer Einheit formierte. Zu Fuß also weiter zum Wydad-Store, der zum Glück doch noch geöffnet war und in dem gelangweilte Mitarbeiter das Ticket ausdrucken. An Fanartikeln gab es dort fast nur Textilien zu westeuropäischen Preisen zu kaufen. Mit dem individuellen Ticket als Souvenir war ich zufrieden.

Stunden später rollte ein Taxi mit dem Redakteur des Schwechheimer Landboten zum Mohammed V. Es war mein 1001. Ground und der erste in Afrika. Passt. Die Reise geht weiter. Anderthalb Stunden vor dem Anpfiff am Ground aufzukreuzen stellte sich als ziemlich früh heraus. Den Polizei-Ring um das Stadion passiert man mit Vorzeigen des Tickets. Anschließend folgt der normale Gang zum Eingang und ein weiteres Vorzeigen des Tickets mit dem Scan an den Drehkreuzen. Die Scanner funktionierten direkt nach meiner Ankunft plötzlich nicht mehr und unter diesen Umständen war ich dann doch froh, so früh am Spielort herumzuhampeln. Die Tickets wurden nun händisch kontrolliert und in alle Einzelteile zerrissen. 10 Minuten später betrat ich die runde Schüssel. Im Stadion lagen noch genug Karten vom denen rum, die wohl vorher durch den Scanner gehuscht waren.

Unter dem Dach auf der Haupttribüne angekommen, wurde sichtbar, dass man dem Stadion eine blaue Laufbahn und neue Schalensitze spendiert hat. Das liegt wohl schon eine Zeitlang zurück, obwohl das Mohammed V erst im September wieder für den Spielbetrieb zugelassen wurde. Vor allem die Laufbahn ist schon wieder blass und fleckig. Im November wollte der Verband das Stadion erneut sperren, doch nach Protesten wurde beschlossen die Sperrung um ein Jahr nach hinten zu verschieben.

Der Wydad-Block, die Curva Nord um die Gruppierung „Winners“, war bereits eine Stunde vor Spielbeginn gut gefüllt. Auch wenn es so früh noch keinen Support gab, stach ein schwarzes Banner ins Auge, auf dem in italienischer Sprache stand: „Der Anfang ist bitter, der Ruhm folgt zum Schluss“, was sich irgendwie nicht gut anhörte, wenn man bedenkt, dass in Marokko Anfang des Monats noch die „Gen-Z-Proteste“ tobten, viele Fanszenen sich mit den Demonstranten solidarisierten und einen Support-Boykott ausriefen. Mit Spannung wurde daher auch in Schwechheim die Rede von König Mohammed VI. abgewartet und das Staatsoberhaupt fand milde Worte am Tag der Deutschen Einheit, was zur Folge hatte, dass die Ultras im Land den Ball wieder aufnahmen und die Proteste ausgesetzt wurden.

Nochmal mit einem blauen Auge davongekommen, dachte ich so. Eine Träne im Knopfloch gab es trotzdem: Wenige Tage vor dem Abflug wurde der Liga-Spielplan für die letzte Oktober-Woche bekanntgegeben und das Derby zwischen Wydad und Raja auf den Mittwoch darauf, einen Tag nach meinem Rückflug Richtung Deutschland, terminiert. Man kann nicht alles haben. In den Maghreb-Staaten weiß man nie was passiert, diese Reise hätte auch ganz anders ausgehen können. Im Confed-Cup-Rückspiel passierte jedenfalls eine ganze Menge. Am Vortag wurde die Verpflichtung des Alt-Internationalenn Hakim Ziyech verkündet, was für eine gewisse Euphorie im Umfeld sorgte. Passend zum Banner wurde eine Zettel-Choreo mit dem Schlagwort „Dolce Negra“ hochgezogen – süßes Schwarz. Darüber war eine rote Rose zu sehen. Das war sozusagen der Startschuss für den Support, der durchgehend mächtig und melodiös durch das Stadion schepperte und hin und wieder mit Böllern und Fackeln flankiert wurde. Vielleicht kein Vollgas-Support wegen dem Derby 5 Tage später, aber für deutsche Ohren grandios.

Zu dem positiven Fazit trug auch das Spiel bei, in dem es schon nach 30 Sekunden klingelte, zuvor vergab Wydad nach wenigen Augenblicken eine hundertprozentige Chance. Der Rekordmeister aus Ghana fand danach zurück in die Spur und markierte nach einem nie dagewesenen Pfeifkonzert den Ausgleich per Kopf in Folge einer Ecke, woraufhin kein Mucks im Stadion mehr zu hören war. Das Auspfeifen und Blenden mit dem Laserpointer ist gängige Praxis, wenn der Gegner zu Chancen kommt, hielt sich aber noch in einem erträglichen Rahmen. Es folgte die erneute Führung für Wydad und vor der Pause noch ein Elfmeter zum 3:1, in einem bis dahin flotten und offenen Spiel.

Gewöhnungsbedürftig, wie stur die Ultras um die „Winners“ ihren bombastischen Support durchziehen. Denn nicht mal beim Elfmeter wurde gejubelt, sondern einfach durchgesungen, während das übrige Publikum keiner Rede wert ist und spätestens nach dem 4:1 zehn Minuten vor Schluss das Stadion in Scharen verließ – und das obwohl in der Nachspielzeit sogar noch ein fünfter Treffer fiel. Das Hinspiel in Ghana ging übrigens mit 1:0 an Wydad. Gästefans waren keine erkennbar. Auch wenn es schön war sechs Treffer in so einem internationalen Spiel zu sehen: Das Spiel an sich ist der Aspekt, der bei einem Stadionbesuch in Marokko am wenigstens interessiert. (mm)

Raja CA Casablanca – Olimpic Club Dcheira – 1:0

Raja CA Casablanca – Olimpic Club Dcheira – 1:0

„GOLDENE MOMENTE AUF DER BRONZE-TRIBÜNE“

25.10.2025
Botola Pro
Stade Mohammed V
Zuschauer 43.856

CASABLANCA – Für den Samstag in Marokko stand so gleich ein Revisit auf dem Plan. Obwohl es mit dem CAF Champions-League-Spiel von FAR Rabat im brandneuen „Stade Prince Moulay Abdallah“ sicher eine brauchbare Alternative gab. Das WM-Stadion in der Hauptstadt wurde, wie das „Stade Mohammed V“, erst im September eröffnet. Doch Raja – eine der faszinierendsten Fanszenen Marokkos – versprach den größeren Reiz und in der großen Stadion-Schüssel im Herzen von Casablanca lässt es sich auch ein zweites Mal aushalten.

Nicht ganz so früh wie am Vortag ging es für ein paar Dirham wieder per Taxi zum Ground. In Casablanca ist jedes zweite Auto ein rotes Taxi. Hand hoch und für eine zehnminütige Fahrt bezahlt man umgerechnet nur etwas mehr als 1€. Das macht die Planung mit dem „ÖPNV“ in der hektischen Stadt sehr umgänglich, obwohl es auch eine Straßenbahn gibt. Am Stadion hielt sich das Gewusel eigentlich in Grenzen. Die Polizei-Ringe sortieren das Durcheinander großzügig. Doch diesmal waren im Vorfeld deutlich größere Gruppen unterwegs und in den Polizeisperren brachen immer wieder „Solitäre“ durch – einzelne jugendliche Ausreißer.

Das setzte sich am Drehkreuz fort, wo sich grundsätzlich zu zweit oder dritt durch den Eingang gequetscht wurde. Tickets gab es eigentlich nur digital über den externen Dienstleister „Tadakir“. Der QR-Code in der App verändert sich alle 60 Sekunden, daher wurde auch kein Schwarzmarkt wahrgenommen. Doch die marokkanische Jugend findet andere Mittel und Wege ins Stadion zu gelangen. Warum auch immer: Ein junger Bursche vor mir besaß ein Papierticket, das ich ihm direkt nach der Passage für 10 Dirham abschwatzte. Ich glaube der junge Mann wusste gar nicht wie ihm geschieht, aber die Aktion dürfte ein Gewinn für uns beide gewesen sein.

Saß ich am Vortag noch auf der überdachten Haupttribüne, wurden diesmal Tickets für die Gegengerade geordert. 60 Dirham mussten für einen Platz der Kategorie „Bronze“ hingeblättert werden. Dafür hat man einen Sitz neben den Gästefans und theoretisch gegenüber der „Curva Sud“ – dem Epi-Zentrum der Raja-Ultras. Theoretisch, denn selbst 100m entfernt ist man irgendwie noch Teil der Kurve. Die Crowd bei Raja scheint sich noch etwas mehr als bei Wydad auszudehnen. Gab es zunächst noch genug Knautschzonen auf den Rängen, füllte sich das Rund kurz vor dem Anpfiff mit einer wahren Flut an jugendlichen Fans, die vermutlich den Eingang gestürmt hatten.

Zugegeben: Das sorgte auch für ein bisschen Beklemmung, aber letztlich blieb alles unter Kontrolle. Als die Spieler einliefen und die Curva Sud akustisch eine Choreo ankündigte, lag der Fokus ohnehin schnell auf den „Green Boys“, die die Curva anführen. Tausende Fotohandys wurden gezückt und etliche Aufnahmen von zwei beeindruckenden Zettel-Choreos, die Bezug auf vergangene Motive nahmen, waren die Folge. Bei Raja hat wirklich jeder Bock auf die Ultra-Folklore. Sowohl die Kurve als auch die Gegengerade drehte vor und während des Spiels komplett am Rad – und das bis zum letzten Zuschauer am Rande des Gästeblocks.

Auch etwa 250 Zuschauer aus Dcheira fanden den Weg nach Casablanca. Die Gäste stiegen im Sommer in die „Botola Pro“ auf und für den Verein aus der Nähe von Agadir ist es die erste Saison überhaupt in der höchsten Liga Marokkos. Drei Plakate, die von dem historischen Aufstieg kündeten, wurden in der zweiten Halbzeit entrollt. Ansonsten verschaffte man sich einige Male Gehör, konnte bei der schieren Macht von Raja aber natürlich nicht mithalten. Bei den Gesängen von Raja ging es natürlich um die politische Situation in Marokko, vermutlich wurde aber auch Wydad gedisst – für den kommenden Spieltag stand das Derby auf dem Programm.

Die Machtdemonstration spiegelte sich im zweiten Abschnitt bei einer Pyro-Aktion in der einsetzenden Dämmerung wider: Die ganze Curva Nord glühte und sorgte abermals für tausende Schnappschüsse beim Rest des Publikums. Von einem zaghaften Support und dezentem Einsatz der Mittel, weil vier Tage später das Derby im Kalender stand, war nichts zu spüren. Auf dem Platz konnte der Aufsteiger zunächst mithalten und einige Chancen herausspielen, kassierte aber relativ früh das 1:0 und von da an war Raja das dominierende Team, das nach der Pause am zweiten Treffer arbeitete. In der Nachspielzeit war es so weit und ein Schuss aus der Distanz zappelte im Netz. Doch in keinem Winkel der Welt gibt es keinen VAR mehr und wegen eines Foulspiels zuvor, blieb es bei dem knappen 1:0.

Die Abreise aus Marokko folgte dann einen Tag vor dem Derby. Aber der Auftritt von den Green Boys & co entschädigte für den etwas unglücklichen Rückflug allemal und das Derby endete schließlich torlos. (mm)