Galatasaray SK – Gençlerbirliği SK – 3:2

Galatasaray SK – Gençlerbirliği SK – 3:2

„PASSO-WAHNSINN AM BOSPORUS“

22.11.2025
RAMS Park
Süper Lig
Zuschauer: 44.556

ISTANBUL — Mein Vater und ich machen jedes Jahr eine Vater- und Sohn-Tour mit Fußball, Sightseeing und ein paar leckeren Kaltgetränken. Dieses Jahr lockte uns Pegasus mit super Flugzeiten und einem fantastischen Preis von 85 Euro für Hin und Rückflug in die Türkei. Freitagmorgen landeten wir pünktlich um 05:55 Uhr in Istanbul, fuhren in die Stadt und gönnten uns erst einmal mit einem anderen Redakteur ein leckeres türkisches Frühstück. Im weiteren Verlauf des Tages besuchten wir noch ein paar Arbeitskollegen und inhalierten den einen oder anderen Raki sowie ein paar Efes auf einer Bootstour.

Am Samstagabend sollte dann das Hauptspiel unserer Tour stattfinden: das Heimspiel von Galatasaray mit den Stars um Icardi, Sané und Gündoğan. Um Zutritt zu einem Süper-Lig-Spiel zu haben, muss man die Hürde „Passo“ meistern. Und hier wurde es dann tatsächlich mal wieder anstrengend. Drei Tage vorher kamen die Tickets in den Verkauf und natürlich konnten nur Personen mit dem Galatasaray-Logo auf ihrer Passo-Tickets kaufen. Mein Vater und ich hatten aber nur eine neutrale Passo, damit wir auch weitere Spiele besuchen können. Daher bin ich beim ersten Versuch der Beschaffung gescheitert, denn auch eine neutrale Karte kann man nicht umwandeln. Somit hieß es, schnellstmöglich zwei neue Passo-Karten mit dem Galatasaray-Logo zu besorgen. Über zwei Handys kaufte ich zeitgleich die Karten und kehrte in den Ticketshop zurück.

Nächste Hürde: Pro Account kann nur eine Karte gekauft werden. Also blätterte ich auf beiden Handys hin und her und suchte einen Block, in dem ich zwei Plätze nebeneinander beziehungsweise übereinander fand. In Kategorie 7 von 11 wurde ich fündig und wählte parallel jeweils eine Karte aus. Eine kaufte ich mit meiner Mastercard, die andere mit der Visacard. Ein paar Minuten später waren die Karten im Warenkorb und wir waren pro Karte 102 Euro ärmer. Mir schlotterten nach dem Kauf die Knie und ich brauchte erst einmal etwas zu trinken.

Mit der Bestellbestätigung und unseren Reisepässen ging es dann zur Kasse, und dort erhielten wir problemlos unsere Zugangsberechtigung. Da wir uns bei den hohen Kosten die volle Gala-Experience gönnen wollten, holten wir uns vorher für einen Zehner noch ein Trikot auf dem Basar und wurden auch im offiziellen GS-Shop fündig. Für uns gab es je ein T-Shirt für 11,50 Euro und für einen geschätzten Kollegen besorgte ich noch das neue Legendentrikot. Dieses ist so beliebt, dass Gala in den ersten vier Tagen schon mehr als drei Millionen Euro damit eingenommen hat!

Mit den hohen Ticketpreisen und der ganzen Euphorie der fanatischen Fans kann man das Star-Ensemble gut bezahlen. Im Stadion liefen wir dann natürlich auch einem weiteren Deutschen in die Arme, der uns bestätigte, dass die Tickets bei Gala immer so teuer sind. Für Champions-League-Spiele gegen St. Gilloise oder Bødo Glimt muss man hier für ein normales Ticket auch mal umgerechnet 300 Tacken auf den Tisch legen.

Nun fragt man sich natürlich, ob es sich lohnt, für 100 Euro ein Fußballspiel in der Türkei zu sehen. Ich kann dies definitiv mit „Ja“ beantworten, denn was hier auf den Rängen abging, war absolut krass.
Zum Anpfiff erhob sich das komplette Stadion und blieb stehen. Über 90 Minuten stand das gesamte Stadion und feuerte ihre Elf lautstark an. Wenn der Gegner am Ball war, gab es jedes Mal ein Pfeifkonzert, das immer lauter wurde, je länger der Gegner am Ball blieb. Nach 22 Minuten waren jedoch alle Heimfans schockiert, denn Gençlerbirliği konnte in Führung gehen. Das Stadion war aber nur gut drei Minuten leise, denn kurz nachdem die ersten Spieler des Gastes den sterbenden Schwan spielten, war die Stimmung wieder voll da. Insgesamt acht verschiedene Spieler von Gençlerbirliği lagen in der ersten Hälfte am Boden. Was für eine Heuchlertruppe! Zur Pause musste sich jedoch etwas ändern. Ilkay Gündoğan kam rein und Gala wirkte wie ausgewechselt. Direkt zu Beginn der zweiten Hälfte drehte Gala das Spiel in wenigen Minuten und das Dach flog weg. Alter Falter, war das laut! Das Stadion bebte und nachdem ein Schauspieler der Gäste frühzeitig vom Platz musste, war eigentlich alles klar.

Trotz Überzahl mussten alle Gala-Fans noch zittern, da Gençlerbirliği noch einmal rankam und bei Sané und co die Knie schlotterten. Der Kollege neben uns musste frühzeitig raus, da er es nicht mehr aushielt. Er war nervlich völlig am Ende. 124 Minuten nach Anpfiff konnten alle Heimfans durchatmen: Die drei Punkte blieben im RAMS Park!

Wir gingen entspannt aus dem Stadion, bekamen sofort die erste Metro und waren keine 40 Minuten später schon in einer Bar am Hotel, wo wir uns noch zwei leckere Efes auf den gelungenen Abend gönnten.

Es war unglaublich anzuschauen, wie spielbezogen der Support der Fans ist. Hier leidet jeder bei jedem Fehlpass mit und jeder Ballgewinn wird frenetisch gefeiert. Das 3:2 war für alle Fans eine Achterbahn der Gefühle. Vom totalen Tiefpunkt bis zum tollsten Tag ihres Lebens war in 90 Minuten alles dabei. Mega!

Nach diesem tollen Abend waren auch alle Passo-Probleme bei uns vergessen. Wahrscheinlich gehört dieses Leiden um die Zugangsberechtigung in der Türkei für uns Ausländer einfach dazu. Die Fans leiden mit ihrer Mannschaft und wir Ausländer leiden am Handy an der Passo-App. (mb)

Fenerbahçe SK – Kayserispor- 3:3

Fenerbahçe SK – Kayserispor- 3:3

“PASSOLIG-CHAOS AM BOSPORUS”

20.04.2025
Süper Lig
Şükrü Saracoğlu Stadyumu
Zuschauer: 42.000

ISTANBUL – Nachdem der Karfreitag in England verbracht wurde, ging es mit Wizz Air für schlappe 35 Pfund von London-Gatwick nach Istanbul. Das Osterwochenende kam mir bei der Tourplanung gelegen, um Galatasaray, Fenerbahçe und/oder Başakşehir zu kreuzen.

Circa eine Woche vor dem Spieltag wurde die Terminierung bekannt gegeben und damit stand fest, dass Galatasaray nicht realisiert werden konnte. Zumindest Sonntag gab es die Möglichkeit, den kontinentalen Doppler mit Başakşehir und Fenerbahçe anzugehen. Für Samstag fand ich einen Amateurkick auf „www.amatorfutbol.org“. Außerdem stand ein Zweitligaspiel bei Pendikspor und etwas Sightseeing an.

Das Programm stand fest, doch die eine Frage war noch unbeantwortet. Welche Passolig hole ich mir? Entschieden habe ich mich zunächst für eine Passolig ohne Logo. Mit dieser Karte war es ungefähr drei Tage vor dem Spiel problemlos möglich, Karten für Pendikspor und Başakşehir für jeweils umgerechnet 2,50 Euro zu erwerben.

Schwieriger war es dann, ein Ticket für das Spiel Fenerbahçe gegen Kayserispor zu kaufen. Leider war die Partie warum auch immer als Risikospiel eingestuft worden und dadurch unmöglich mit der Passolig ohne Logo eine Karte zu kaufen.

Auch gab es einen Member-Sale. Der freie Verkauf startete erst einen Tag vor dem Spiel gegen 11:00 Uhr. Die Tickets gingen trotz Preisen von über 100 Euro weg wie warme Semmeln. Schließlich gab es nur noch Karten im Gästeblock. Also brauchte ich nun eine Passolig mit dem Logo von Kayserispor.

Zwar gelang es mir, über den Reisepass diese zweite Passolig Karte zu erwerben.
Tickets kaufen konnte ich dennoch nicht, da die Accounts von Passo und Passolig verknüpft werden mussten. Dazu fehlte mir aber eine Handynummer, mit der ich gebührenfrei SMS empfangen konnte. Meine erste Idee war, eine SIM-Karte mit türkischer Nummer in den Straßen von Istanbul zu kaufen. Die Verkäufer wollten allerdings umgerechnet 45 Euro haben, was mir eindeutig zu viel war. Somit schilderte ich dem Gastgeber vom Hotel mein Problem und er war bereit, mir zu helfen. Er stellte mir eine türkische Nummer zu Verfügung und nach langem hin und her konnte am Morgen des Spieltags tatsächlich ein Ticket im Gästeblock erworben werden.

Bevor es aber in das Stadion gehen sollte, wo u. a. 2009 das UEFA-Cup Finale zwischen Shakhtar Donezk und Werder Bremen stattfand, stand zunächst das Spiel auf der europäischen Seite bei Başakşehir an. Nach einem nicht länger erwähnenswerten Spiel kam die nächste Aufgabe: innerhalb von 3,5 Stunden von Ground A zu B zu gelangen. Was sich einfach anhört, ist in einer Weltstadt wie Istanbul eine echte Herausforderung.

Der Linienbus kam einfach nicht und statt einer riskanten Verbindung mit mehrfachen Umsteigen, bestellte ich ein UBER. Das traf dann auch zwei Minuten nach Bestellung ein. Leider stand das Auto gefühlt die ganze Fahrt im Stau, doch schließlich kamen wir 45 Minuten vor Anpfiff am Stadion an.

Doch einfach reingehen und Fußball schauen war nicht. Denn leider mangelte es an Beschilderungen und Ordnern, die sich am Stadion auskennen. Somit wurde ich von einem Ordner zu einem falschen Eingang gelotst und hatte wertvolle Zeit durch das Warten am Stadioneingang vergoldet. Ein anderer Ordner schickte mich einmal um das Stadion rum, wo ich wie ein Bekloppter hin sprintete und schweißgebadet ankam.

Doch dann das nächste Problem. Der an der Passolig Box abgeholte Tagespass wurde abgelehnt und der Ordner schickte mich zu einer anderen Passbox. “Double Entry“ und „Cancellation“ waren die Sätze, die der Mann am Schalter mir über eine Übersetzungsapp anzeigte. Nach der Frage, wo ich das Ticket gekauft habe, antwortete ich Passo App und er buchte mir eine neue Eintrittskarte.

Etwa zehn Minuten vor dem Anpfiff sollte es nun in das Stadioninnere gehen.
Doch dann die nächste Einlasskontrolle, die hier von der Polizei durchgeführt wurde.
Der Beamte bat mich darum, die Schuhe auszuziehen und alles aus den Jackentaschen zu nehmen. Insgesamt überprüfte der Polizist fünf mal, ob sich denn wirklich keine verbotenen Gegenstände wie Powerbank, Geldmünzen etc. in der Jacke befinden. Ein anderer Hopper aus Deutschland und ich schüttelten nur noch den Kopf und philosophierten darüber, wenn selbiges in Deutschland passieren würde. Vermutlich wäre schon bei der Passolig keine Fanszene mehr im Stadion zu sehen.

Pünktlich zur Nationalhymne betrat ich dann aber den überschaubaren Gästeblock und sah eine riesige Türkei-Fahne auf der benachbarten Tribüne. Das Stadion ist ähnlich laut wie bei meinem Besuch von Besiktas vor zwei Jahren. Besonders laut waren die Pfeifkonzerte. Doch auch die Schlachtrufe kamen zum Teil brachial rüber.

Auf dem Rasen kam die Elf von Jose Mourinho nicht über ein 3:3 hinaus. Der Ausgleich fiel zur Freude der mitgereisten Fans aus Kayseri erst in der 90. Minute und auch in den sechs Minuten Nachspielzeit waren Dzeko, Kostic und Co. nicht dazu in der Lage, das Spiel doch noch für sich zu entscheiden.

Nach dem Abpfiff mussten alle Personen im Gästeblock noch etwa 45 Minuten warten (unabhängig von Touri oder Fan), ehe das Stadion verlassen werden konnte.
Ist das nicht schon Freiheitsberaubung? Interessant war die Dreiviertelstunde dennoch. Die vom Ergebnis enttäuschten Fenerbahçe-Anhänger suchten die Konfrontation mit allem, was sie finden konnten. Dennoch war ich glücklich, als ich wieder in Freiheit war.

Als Dank kaufte ich dem Hotel-Host noch eine Packung Baklava, die am Abend nach dem Spiel gemeinsam mit einem türkischen Tee verzehrt wurde. Vielen Dank für die Gastfreundlichkeit. (fj)