HSC Hannover – SSG Halvestorf-Herkendorf – 6:0

HSC Hannover – SSG Halvestorf-Herkendorf – 6:0

„ABSTIEG, AUFSTIEG, REPEAT“

08.06.2024
HSC-Stadion an der Constantinstraße
Landesliga Hannover
Zuschauer: ca. 500

HANNOVER – Zufälle bestimmen manchmal das Leben. Zufällig war der Schwechheimer Landbote vor einer Woche in Garbsen, wo sich der TSV Wetschen auf den letzten Drücker mit einem 4:0 beim TuS Garbsen auf Platz 1 der Landesliga-Tabelle schob. Punktgleich mit dem HSC Hannover ging der Dorfverein aus der Samtgemeinde Rehden in den letzten Spieltag, führte die Tabelle nur aufgrund eines einzigen mehr geschossenen Törchens an.

Überhaupt nur zufällig kickt aber auch der HSC Hannover in der Landesliga Hannover mit. Als Tabellenzwölfter spielten die Landeshauptstädter vergangene Saison eigentlich eine solide Spielzeit. Doch da gleich vier niedersächsische Vertreter aus der Regionalliga Nord in die Oberliga abstiegen und mit der U.S.I. Lupo-Martini Wolfsburg auch der Oberliga-Zweite den Sprung nach oben in der Relegation vergeigte, musste der HSC den bitteren Gang in die Landesliga antreten. Hannover belegte damit zum 8. Mal in Folge in der Abschlusstabelle einen Auf- oder Abstiegsplatz. Dass die Lister drei Mal hintereinander in der Regionalliga starteten, verdankte man der Corona-Pandemie. Die jeweiligen Abbruch-Spielzeiten beendete Hannover auf dem letzten Platz. Zuvor marschierte der HSC direkt aus der Landesliga in die Regionalliga durch. Aufstieg, Abstieg, Repeat.

Zufall dann auch die Berichterstattung vom letzten Spieltag an der Constantinstraße. Eigentlich war eine Reportage bei der Fußballabteilung des ehemaligen Handball-Bundesligisten VfL Fredebeck geplant, welche kurzfristig ins Wasser fiel. Die Gunst der Stunde wurde schnell genutzt und schon saß man im Zug nach Hannover. Die Marschroute in dem vollbesetzten HSC-Stadion war klar: Tore müssen her. Die Ausgangslage spitzte sich auf ein Wettschießen mit dem TSV Wetschen zu, der nur wenige Kilometer entfernt beim OSV Hannover sein letztes Spiel bestritt. Während Wetschen recht früh in Führung ging, kam der HSC nur schwer in die Pötte. Die 9-0-1-Mauertaktik der Gäste erfüllte zunächst ihren Zweck. Angespannte Stimmung auf der gut gefüllten Tribüne an der Constantinstraße. Denn auch für die Gäste stand einiges auf dem Spiel: Mit einem Sieg hätte der letztjährige Aufsteiger aus Halvestorf, einem Hamelner Stadtteil, gute Aussichten auf den Klassenverbleib in der Landesliga gehabt.

Doch es kam alles anders. Nach einer halben Stunde war der Bann gebrochen. In die Kabine ging der HSC mit einem 3:0. Und da Wetschen sich die Führung noch vor der Pause aus der Hand nehmen ließ, hieß der Meister und Aufsteiger in der Blitztabelle zur Halbzeit: Hannover! Weiter ging es nach dem Wiederanpfiff nur in eine Richtung. Drei Tore und etliche Großchancen und Aluminiumtreffer auf Seiten der Gastgeber folgten. Die Taktik der Heimelf ganz klar und klassisch: Den Gegner mit permanentem Toreschießen zermürben. Spannend wurde es trotzdem noch, denn Wetschen ging kurz vor dem Abpfiff im Oststadtstadion mit 5:2 in Führung. Am Ende fehlten 2 Treffer. Hannover schafft den sofortigen Wiederaufstieg, nachdem man während der kompletten Rückrunde die Tabelle anführte. Außer an dem besagten vorletzten Spieltag – da hatte der TSV Wetschen seine 15 Minuten Ruhm.

Gratulation, Ruhm und Ehre also an den HSC Hannover, der mehr als verdient am Ende aufgrund der Tordifferenz und mit exakt 100 geschossenen Toren die Saison mit dem Aufstieg krönt. Auch das Drumherum sammelte Bestnoten. Vor allem die Verpflegung vom örtlichen Schlachter wusste mit Spanferkel auf der Speisekarte zu überzeugen. Die Oberliga Niedersachsen ist eine Spielklasse, die dem Traditionsverein und deutschen Rugby-Meister von 1909 (!) gut zu Gesicht steht. Vertraut man dem Gesetz der Serie, dann müsste nun wieder der Durchmarsch in die nächsthöhere Klasse folgen. Also, vielleicht sieht man sich bald in der Regionalliga wieder… (mm)

SV Stauchitz 47 – Polizei SV Braunschweig – 6:2

SV Stauchitz 47 – Polizei SV Braunschweig – 6:2

„FASCHING IN RIESA“

08.06.2024
Ernst-Grube-Stadion Riesa
Testspiel
Zuschauer: 999

RIESA – Endlich wieder ein großes Hopper-Fasching. Nach Cottbus, Halbemond, Helgoland, den Spielen am Werbellinsee und in Tiefenort, organisierte der PSV Braunschweig gemeinsam mit “lostgroundhop” das nächste große Highlight. Insgesamt 803 Check-ins verzeichnete die App „Futbology“ (Stand 10.06.2024). Groundhopper aus Nah und Fern wollten dabei sein, wenn im altehrwürdigen Ernst-Grube-Stadion zum letzten Mal der Ball rollt. Früher war es die Spielstätte der BSG Stahl Riesa und der Fußball-Abteilung des SC Riesa. 1968 wurden dort Spiele der DDR Oberliga ausgetragen. Die Kapazität betrug damals 15.000 Plätze. Nach der Auflösung des SC Riesa im Jahr 2003 wurde das Stadion lange Zeit nicht genutzt.

Durch die Hilfe vieler freiwilliger Helfer wurde der verwilderte Rasen für dieses eine Spiel wieder betriebstauglich gemacht.
Auf dem Platz traf der PSV diesmal auf den SV Stauchitz 47, welcher nicht nur das letzte Spiel im Stadion mit 6:2 gewinnen konnte, sondern auch einige Einnahmen durch das bereitgestellte Catering und den Merchstand zu verzeichnen hatte. Einen riesigen Respekt für diese gute Organisation, ohne lange Wartezeiten bekam man hier eine Wurst oder ein Getränk. Bei den Temperaturen richtig gut!
Vielen Dank an alle, die das Fußballfest möglich gemacht haben. Am 24.08.2024 findet das nächste organisierte Groundhopping-Event vom PSV Braunschweig statt. Dann wird die Radrennbahn in Bielefeld bespielt. (tp)

Ganzliner SV – SSV Blau-Weiß Dobbertin – 3:0

Ganzliner SV – SSV Blau-Weiß Dobbertin – 3:0

„GANZLIN ODER GAR NICHT“

26.05.2024
Kreisliga Westmecklenburg Ost
Sportplatz Schulstraße
Zuschauer: 37

GANZLIN – The Bottom of Groundhopping am vergangenen Sonntag in der letzten Liga in McPomm. Nachdem am Vorabend im Berliner Olympiastadion beim DFB-Pokal-Finale noch nach den Sternen gegriffen wurde, hieß es nach einer späten Rückkehr und kurzen Nacht: Ganzlin oder gar nicht. Aber die Idee war doch ganz charmant, denn der Kontrast hätte nicht größer sein können. Mit der Elf aus Dobbertin empfing der GSV den Vorletzten aus dem Klassement. Da Ganzlin nur um einen Rang in der Tabelle besser stand und die Rote Laterne eine Reservemannschaft innehatte, spielten die beiden Teams sozusagen um den Titel des schlechtesten Vereins aus dem Landkreis Ludwigslust-Parchim, welcher flächenmäßig übrigens der zweitgrößte in ganz Deutschland ist.

Wenn man auf Vereinshopping steht, sind Ausflüge in die letzte Liga in diesem Bundesland meistens keine schlechte Idee. Viele Teams haben mit geringen Mitgliederzahlen zu kämpfen, fast überall wird alljährlich in der Sommerpause neu entschieden, ob man zur neuen Saison wieder ein Team stellt oder nicht. Das galt sowohl für die Gäste, die in der abgelaufenen Spielzeit einige Male nicht antreten konnten, als auch für den Ganzliner SV. In dem kleinen, alten preußischen Dorf bei Plau am See hat man die ganze Palette durch: diverse Spielgemeinschaften ausprobiert und viele Jahre überhaupt kein Team gestellt. Seit 5-6 Jahren ist die eigenständige Fußballmannschaft wieder der Stolz des ganzen Dorfs. Die Platzierungen seitdem lassen auf eine positive Entwicklung schließen und das Szenario vor Ort machte auch einen gesunden Eindruck. In Ganzlin ist die Bockwurst teurer als der halbe Liter Bier. Vor dem Spiel zeichnete man am Mittelkreis einen Nachwuchsspieler für seine bestandene Jugendweihe aus. Das macht Mut.

Das Gebolze auf dem Rasen war dann doch gut vergleichbar mit dem Kick am Vorabend. Bei beiden Spielen sprang man nicht oft aus dem Sitz heraus. Und bei beiden Spielen sorgte der Führungstreffer für Verzückung. Während Granit Xhaka den Ball für Leverkusen in den Winkel drosch, packte ein Spieler namens Michel Korth bei Ganzlin das ganz feine Besteck aus und schlenzte das Leder nach einer Körpertäuschung kunstvoll mit dem Außenrist ins lange Eck. Das Tor war die 2€ Eintritt wert. Das 2:0 per Eigentor nach dem Wiederanpfiff und den Treffer zum Endstand in der Schlussminute nahm man ebenfalls wohlwollend zur Kenntnis. Dobbertin warf alles nach vorne und konnte sich selbst mit einem indirekten Freistoß auf Höhe der Fünfmeterkante nicht mit einem Treffer belohnen. Es könnte immer das letzte Tor der Vereinsgeschichte sein. (mm)

1.FC Kaiserslautern – Bayer 04 Leverkusen – 0:1

1.FC Kaiserslautern – Bayer 04 Leverkusen – 0:1

„FUNKELPERLENAUGEN IN BERLIN“

25.05.2024
DFB-Pokal-Finale
Olympiastadion Berlin
Zuschauer: 74.322

BERLIN – Im Gegensatz zu der einen oder anderen öffentlichen Stimme, bekommt das Finale von uns gute Kritiken. Wie nicht anders zu erwarten, gab es das größte Highlight kurz vor dem Spiel, als Kaiserslautern das Finale mit einer fetten Support- und Choreo-Arie einleitete. Überhaupt den ganzen Tag über schon unvergleichliche Pokal-Atmosphäre mit viel „Pälzer Gebabbel“ an jeder Straßenecke in der Stadt. Lautern hatte das Ziel schon vor dem Anpfiff erreicht: Man würde sie in Erinnerung behalten. Dass Leverkusen auf den Rängen keine Maßstäbe setzt, war vorher klar, trotzdem gab der Deutsche Meister in der kniffligen Kurve mit dem Marathonthor als Keil zwischen den Fans ein gutes und geschlossenes Bild ab.

Sportlich hätte man sich einen Außenseitersieg oder eine Bayer-Gala als Außenstehender gewünscht. Es trat das ein, womit wohl die Wenigsten gerechnet hatten: Lautern hatte eine reelle Chance irgendwas an diesem Abend zu fassen zu kriegen und Leverkusen musste tief in der Verwaltungsschublade kramen, um das heilige Double nach Hause zu schaukeln. Das war ziemlich spannend, zumindest im Stadion. Die theoretische Chance, dass das Spiel einen ganz kruden Verlauf hätte nehmen können, gab dem Gedankenkarussell Anschwung und aus der Ostkurve blitzten Funkelperlenaugen aus dem Pyro-Nebel und Bengalo-Rauch.

Aber Funkel ist kein Rehhagel. Und Leverkusen Deutscher Meister. Der Kreisfußballverband Schwechheim gratuliert Bayer 04 zum Doublesieg und wünscht Friedhelm Funkel eine geruhsame Rente! (mm)

1.FC Lokomotive Leipzig – BSG Chemie Leipzig – 0:2

1.FC Lokomotive Leipzig – BSG Chemie Leipzig – 0:2

“111 DERBYS”

05.05.2024

Bruno-Plache-Stadion

Regionalliga Nordost

Zuschauer: 10.700

LEIPZIG – Das Wochenende wurde von drei Landboten-Schreiberlingen nach dem Hamburger Derbysieg in Tschechien eingeläutet. Hauptgrund der Reise war das letzte Spiel vom Wochenende das 111. Derby in Leipzig. Wie ein Zufall sollte es hier wie in Hamburg heute das 111. Stadtderby sein. Leider war es sportlich nicht mehr wirklich relevant, beide Teams befinden sich im Mittelfeld der Tabelle und es geht für beide nicht mehr nach oben oder unten. Nach unserem erstmaligen Besuch im letzten Jahr beim Leipzig-Derby, gab es heute die zweite Chance für eine Überzeugung der Schreiber.

Die Fans der Heimseite bereiteten ein Intro unter dem Motto “Support your lokal Fußballclub” und dazu wurden gelbe Fähnchen verteilt. Im Gästeblock zeigte man eine Blockfahne mit der Aufschrift “Chemie”. Die Stimmung im Stadion wurde geprägt von viel Gepöbel vom Heimbereich gegenüber dem Schiedsrichter oder Chemie. Die melodischen Lieder im Gästeblock fanden Gehör im weiten Rund und erhielten die Sympathie aller Mitfahrer. Würdiger Auftritt in einem Derby und unserer Meinung nach sportlich sowie auf den Rängen deutlich besser als das angesprochene erste Leipzig-Derby.

Chemie gestaltete das Spiel relativ schnell zu ihren Gunsten und ging mit dem 0:2 in die Halbzeitpause. Nachdem die Anhänger die Spieler mit Gegenständen bewarfen, schaltete sich der Stadionsprecher ein und bat die Fans, alle Schandtaten nach dem Spiel zu erledigen. Geile Durchsage passt irgendwie in das ganze Stadion. Das Bruno Plache Stadion ist eine Perle in Deutschland, die Leute hier sind richtig abgeranzt und asozial. Hier wird der Fußball noch gelebt! (tp)

Hamburger SV – FC St. Pauli – 1:0

Hamburger SV – FC St. Pauli – 1:0

„DIE STADT GEHÖRT UNS!“

03.05.2024

2. Bundesliga

Volksparkstadion

Zuschauer: 57.000

Hamburg – „Die Stadt gehört uns!“. Gleich 6 von 7 Schwechheimer Redaktionsmitgliedern konnten dem mit Spannung erwarteten Hamburger Derby am Freitag beiwohnen. Nach dem Spiel brannte die Nordtribüne – doch auch die Redaktionsköpfe rauchten. Was war das für ein Kick? Ein Spiel mit einer Jahrhundertkonstellation? Ein Spiel auf Landesliga-Niveau? Beides trifft zu. Eine ultimative Wahrheit herauszufiltern, stellte sich aber als schwer heraus.

Mein Vorschlag, das Spiel in der Kopfzeile als „TSV Stellingen“ gegen „VfL Hammonia Hamburg Zwote“ einzuleiten, wurde abgeschmettert. Die Überschrift hätte das Derby gut beschreiben können, ohne in die Tiefe zu gehen. Wobei man sich bei der Zwoten vom VfL Hammonia eventuell entschuldigen müsste. Um auf eine sachliche Ebene zurückzukommen: Dieses Spiel, in dem St. Pauli im Volksparkstadion mit einem Sieg hätte aufsteigen können, war einfach „to much“, zu spannungsgeladen. Bei solchen Konstellation gibt es oft nicht viel Spielraum zwischen „Jahrhundertspiel“ und „Landesliga-Kick“. Nichts Weltbewegendes, das passiert jedes Wochenende in irgendeiner Liga. Und das traf auch an diesem Freitag zu.

Fast, denn Derbysieger und Stadtmeister wurde zu Recht der HSV, das sollte bei allen historischen Pauli-Chancen nicht unter den Tisch fallen. Von zwei nervösen Teams war man die Mannschaft, die nicht locker ließ und – vorsichtig formuliert – schlichtweg weniger „Einscheißpotential“ besaß. So ist es. Über eine schöne, aber austauschbare HSV-Choreo lässt sich streiten. Aber am Ende einer mäßigen Saison lief das Ding im vermutlich letzten Aufeinandertreffen mit Pauli in die richtige Richtung.

Die Kiezkicker wiederum zogen in allen Belangen den Kürzeren. Auf den Rängen startete man mit einer satten Pyroshow. Und dann? Nichts mehr, wie auf dem Rasen. Vermutlich hatte man sich den Rest für eine große Aufstiegsause nach dem Abpfiff aufgehoben. Mit einem stinknormalen Sieg zu Hause gegen abgeschlagene Osnabrücker nächstes Wochenende kann der Stadtteilverein nun ganz unspektakulär aufsteigen. Also: Nicht viel los, am Freitag in Hamburg. (mm)

SV Babelsberg 03 – FC Energie Cottbus – 0:3

SV Babelsberg 03 – FC Energie Cottbus – 0:3

“MIT EINEM DERBYSIEG RICHTUNG PROFIFUßBALL“

21.04.2024

Karl-Liebknecht-Stadion

Regionalliga Nord/ Ost

Zuschauer : 6.709

POTSDAM – Ob Arbeit macht frei – Babelsberg 03 oder Zecken, Zigeuner und Juden: Babelsberg 03.

In der Vergangenheit waren Energie Anhänger immer wieder mit provokanten, rechtsextremen Parolen aufgefallen.

Umso schöner, dass es bei Energie auch Personen und Initiativen gibt, die mit Nazis nicht so viel anfangen können und der Gästeblock diesmal mit anderen Elementen und Aktionen in Erscheinung trat.

Zum Intro zeigten die Gästefans eine kleine Choreo. Ganz Brandenburg steht zu deinen Farben war auf einem großen Transparent zu lesen und es wurden Fahnen in den Vereinsfarben geschwenkt.

Die Fanszene von Babelsberg trauerte mit dem Spruch: Kiste unvergessen und schwarzen Transparenten um einen kürzlich verstorbenen Anhänger des befreundeten FC St. Pauli: nicht wegen der Pyro, sondern weil sich viele Besucher noch vor den Stadiontoren befanden, wurde die Partie 15 min später angepfiffen. Der Einlass erfolgte erst eine Stunde vor Spielanpfiff.

Noch lächerlicher machte sich der Verein damit, bei kaltem April-Wetter zum Trikot-Tag aufzurufen, bloß um die aktuellen Shirts zu einem Sonderpreis von 45€ abzusetzen.

Dementsprechend kamen wenig Fans mit einem Trikot ins Stadion und die SVB Gruppe: Underdogs zeigte ein Spruchband zu diesem Thema: MOTTOSPIELTAG ALS RESTVERKAUF. EIN VEREIN GIBT SEINE WERTE AUF.

Aufgegeben hatten wohl auch SVB Anhänger, als ihnen Ultras von Energie Cottbus vor den Augen standen.

Denn die Fanszene von Cottbus präsentierte die Fahne der Gruppe Underdogs vermummt auf einem Zaun. Von der genannten Gruppe gab es den Vorwurf, die geklaute Fahne mit der Aufschrift: niemand kann uns brechen im Internet gekauft zu haben.

Vor dem Zaun auf dem Rasen zeigte Energie deutlich, dass sie die Liga Richtung Profifußball verlassen möchten.

Nach Toren von Pronichev (37′), Thiele (53′) und dem Treffer von Krauß in der Nachspielzeit konnte die Elf von Peter Wollitz das Derby mit 0:3 gewinnen und grüßt weiterhin von der Tabellenspitze.

Bereits am 25. Mai findet das nächste Derby der Rivalen statt. Dann geht es im Cottbuser Stadion der Freundschaft um den Landespokal. (fj)

Alemannia Aachen – ROT WEISS AHLEN e.V. – 3:0

Alemannia AachenROT WEISS AHLEN e.V. – 3:0

“ALLE MANN NACH AACHEN“

13.04.2024

Neuer Tivoli

Regionalliga West

Zuschauer: 26.000

AACHEN – Die Alemannia aus Aachen erlebt momentan einen echten „Hype“ in der Regionalliga West. Diesen Hype wollte sich der Landbotenreporter aus Norddeutschland nicht entgehen lassen.

Nach einer zweistündigen Stippvisite im Landkreis Düren machte ich mich auf den Weg nach Aachen. Die Ankunftszeit wurde laut Google Maps immer später, aber durch meine arabischen Fahrkünste auf der Autobahn konnte ich auf der kurzen Strecke gut zehn Minuten gut machen. Rund 35 Minuten vor Anpfiff wollte ich mein Auto auf dem Parkplatz, welcher Platz für ungefähr 7500 Autos bietet abstellen, nur dieser wurde ohne Begründung geschlossen. Weitere 20 Minuten fuhr ich wie wild ums Stadion herum und fand keinen Parkplatz. Als ich wieder an dem ominösen Großparkplatz ankam, durften auf einmal alle Stadionbesucher rauffahren. Nun tickte die Uhr aber gegen mich. Ich muss meine Karte noch abholen und den Eingang finden. In Windeseile lief ich über den Parkplatz zum Stadion und sah sofort den „Info-Point“. Ratzfatz bekam ich meine Karte, lief einmal ums halbe Stadion zum Eingang und erreichte pünktlich und durchgeschwitzt zu „You’ll never walk alone“ meinen Platz. WOW! Fast volles Haus, hunderte Fahnen und eine kleine Choreografie. Ist das wirklich die Regionalliga West, oder bin ich versehentlich in der zweiten Liga gelandet?

Die Antwort bekam ich auf dem Rasen. Die 26.000 Zuschauer sahen ein absoluten Grottenkick auf dem Platz. Passend dazu fiel das 1:0 durch einen Elfmeter kurz vor der Halbzeit. Ein langer Ball des Tabellenführers reichte gegen die abstiegsbedrohten Ahlener, um dessen Abwehr auszuhebeln.

In der zweiten Hälfte spielte Aachen das Spiel wie ein „Spitzenreiter“ herunter und erzielte in der Nachspielzeit die beiden Siegtreffer. Für beide Vereine ist es ein weiterer Schritt in eine neue Liga. Passend sangen die Heimfans „Wir steigen auf und ihr steigt ab.“

Fröhlich gingen die Aachener aus dem Neubau, der auch in Augsburg stehen könnte, nach Hause oder feierten den Sieg mit einem weiteren „Bit“.

Für mich ging es sehr schnell vom Parkplatz, denn die Frituur „an der Grenze“ wartete auf mich. (mb)

Hertha BSC – F.C. Hansa Rostock – 4:0

“HOCHSICHERHEITSSPIEL, FANGNETZE, SICHERHEITSPLANE UND REICHLICH NEBEL IN BERLIN”

12.04.2024

Olympiastadion Berlin

2. Bundesliga

Zuschauer: 62.177 / 22.000 Gäste (ausverkauft)

BERLIN – Am Freitag zu Gast beim Auswärtsspiel der “Kogge” in Berlin, dieses Spiel fand zuletzt 2007 statt. Hansa gewann das Spiel damals mit 1:3. Die Vorfreude um die Partie stieg ins Unermessliche, da man sich auch hier einiges an Stimmung auf beiden Seiten versprach. Offiziell wurde sich über den Hertha-Fanshop eingedeckt, um am Ende doch im Gästeblock zu landen. Na, vielen Dank auch. Eventuell schlecht informiert, so musste es am Ende unter der angesprochenen Sicherheitsplane in den Heimbereich gehen.

Kaum angekommen auf der Haupttribüne ging es auch schon los. Das Stadion wurde vom Intro aus dem Gästeblock mit ordentlich Rauch übersät und so fing das Spiel zehn Minuten später an. Nach Anpfiff zeichnete sich schnell das relativ gute Spiel von der alten Dame aus, wahrscheinlich war es Frank Zander als gutes Omen. Dieser trat heute nach überstandener Kopf-OP das erste Mal wieder live im Olympiastadion auf. Danke an dieser Stelle für den erneuten Ohrwurm. Die Kogge überließ der Hertha komplett das Spiel und der Sohn von Hertha-Trainer Pal Dardai traf zum verdienten 1:0. Fabian Reese, für viele Hamburger sicher leider noch ein Begriff, traf per Handelfmeter nach 31. Minuten zum 2:0. Das Spiel schien nun endgültig gelaufen. In meinen Augen konnte man bei Hansa lediglich dem Torhüter Markus Kolke ein positives Arbeitszeugnis ausstellen, dieser hielt den einen oder anderen Ball echt sicher. In der zweiten Halbzeit trafen die Berliner noch zweimal im Rostocker Tor und entschieden das Spiel für sich 4:0. Die Gäste dennoch mit einem sehr ansehnlichen Support und einer guten Mitmach-Quote und Lautstärke. Die Fans in der Berliner Ostkurve ebenfalls mit einem sehr guten Auftritt, mein zehntes Spiel im Berliner Olympiastadion wurde dem Rahmen absolut gerecht.

Nach dem Spiel ging es noch fix mit dem Auto bis nach Dresden, um dort einen Revisit im Ibis-Budget zu kreuzen. Es folgte die erste Tschechien-Tour des Jahres und das Wochenende wurde bei 23 Grad und Sonne perfekt absolviert. Das letzte Spiel wurde am Sonntag um 15:00 Uhr angepfiffen und danach ging es für den Autoren vom Landboten auf direkten Wege nach Hause. Liebe Grüße an Frank Zander! (fj)

SpVgg Bayern Hof e.V. – ATSV 1898 Erlangen e.V. – 1:3

„VON HERZEN GRANTIG“

09.04.2024

Bayernliga Nord

Städtisches Stadion „Grüne Au“

Zuschauer: 824

HOF – Lohnt es sich mitten in der Woche für ein mäßig bedeutsames Fünftligaspiel von Schleswig-Holstein nach Bayern „rüberzumachen“? So wie einst Millionen von DDR-Bürgern, die Ende 1989 in die oberfränkische Kreisstadt einfielen und den Geldinstituten dort innerhalb von nur 7 Wochen sage und schreibe 91 Millionen D-Mark Begrüßungsgeld entlockten? Es lohnt sich. Auch ohne Begrüßungsgeld.

Statt Sparkasse oder Citibank heißt das Ziel mittlerweile „Städtisches Stadion Grüne Au“ und dort bekommt man auch kein Geldgeschenk, sondern muss 8,50€ Eintritt abdrücken. Ein stolzer Preis für Bayernliga Nord, zumal das Ticket nicht zum Sitzen berechtigt. Wenn man den Eintritt aber an den Spielort koppelt und die Liga-Zugehörigkeit vergisst, lassen sich die paar Münzen schnell verschmerzen.

An dem 111 Jahre alten Stadion im äußersten Nordosten Bayerns kann man sich gar nicht satt sehen. So viele unterschiedliche Details gibt es hier, jede Seite hat ihren eigenen Charakter. Überragt wird die „Grüne Au“ von der „neuen Tribüne“, die sich über den Stehplätzen erhebt. Aber auch der 70 Jahre alte Holzunterstand auf der Gegenseite ist schlicht überragend. Dieses Stadion würde selbst im grenznahen Tschechien um die vorderen Plätze mitspielen. Hier und da hat man einige Bereiche ausgebessert, aber nie für einen Radikalschlag gesorgt. Im Sommer soll es die nächsten baulichen Veränderungen geben, betroffen ist wohl vor allem die Hauptseite.

In die Jahre gekommen, aber einfach nur zum Liebhaben – so kann auch das Publikum vor Ort beschrieben werden. Hier wird noch aus vollem Herzen gegrantelt. Bei der Getränkedame auf der Holztribüne gibt es nur Bier zu kaufen – und die Frau freut sich über regen Zulauf. Am Grill gibt es „1 Paar Würstchen im Weckla“, die so gut sind, dass man sich am nächsten Tag beim Catering-Metzger im Laden noch Wurstvorräte anlegen lässt. Bei einem Blick in den Fanshop gab es dann doch noch was geschenkt: Ein Mousepad und eine CD. 1989 will hier einfach niemals enden.

Sportlich stand es um die SpVgg schon schlechter. Auch wenn man bereits 2. Bundesliga und vor über 50 Jahren gar Bundesliga-Aufstiegsrunde gespielt hat. Vor 20 Jahren erfolgte übrigens die Fusion mit der SpVgg Hof, was die kleine Fanszene naturgemäß nicht gut verdaut hat. Im Stadion wird weiterhin der „FC“ angefeuert. Unter der „neuen Tribüne“ versammelt sich ein kleiner Haufen mit Zaunfahnen und dicker Lippe.

Das Spiel kam schwer in die Pötte. Mit einem Sieg wäre Hof dicht dran gewesen an den Aufstiegsplätzen und die leichte Überlegenheit mündete in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit dank feiner Einzelleistung auch im ersten Treffer der Partie. Nach der Pause war man die bessere Mannschaft. Es deutete nicht viel auf einen Punktverlust hin. Aber Fußball wäre ja nicht die beliebteste Sportart der Welt, wenn es nicht diverse Möglichkeiten gäbe den Verlauf eines Spiels zu verändern. Der Kapitän der Gäste aus Erlangen jedenfalls ist ein ausgezeichneter Freistoßschütze und zwei seiner Bälle schlugen per hohen Bogen im Torknick ein. Die Entscheidung zum 1:3 im Halbdunkel der flutlichtlosen Anlage ging dann schon fast im Gegrummel und Gegrantel der 824 flüchtenden Zuschauer unter. (mm)

VSG Altglienicke – FSV Zwickau – 2:3

„REVANCHE IM FRIEDRICH-LUDWIG-JAHNSPORTPARK“

07.04.2024

Regionalliga Nordost, 28. Spieltag

Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark

Zuschauer: 455

Der Sonntag in Berlin startete mit einem leckeren Gemüse-Kebab bei Rüyam. Dieser ist nur wenige Meter von dem Friedrich-Ludwig Jahn-Sportpark entfernt.

Dort hatte der singende Stadionsprecher: Ronny Rothé jahrelang für gute Laune gesorgt. Nun drückt er der VSG bestimmt von ganz oben die Daumen. Mit seinen Hits hatte sich der Verein in puncto Musik von den anderen Klubs abgehoben. Heute laufen bekannte Songs, wie „Erfolg ist kein Glück“ oder der Tor-Jingle: „Freed From Desire“. Für gute Musik hingegen sorgten aber geschätzte 150-200 mitgereisten Gästefans aus Zwickau. Viele Lieder mit Ohrwurm-Potential. Auch optisch war der Block nett anzusehen.

Die Fans rund um die Gruppe: ,,Red Kaos“ schwenkten viele kleine Fahnen in rot und weiß, sowie drei etwas größere Schwenker. Zufrieden dürften die Anhänger auch mit dem Ausgang des Spiels gewesen sein. Bei bestem Frühlingswetter ging der Gastgeber zwei Mal in Führung und zur Halbzeit stand es auch 1:0.

Nach dem Seitenwechsel dauerte es aber nur vier Minuten, ehe Albert zum 1:1 traf. Und auch als Cigerci die VSG in der 66. Minute erneut in Führung brachte, zeigte der Drittlig-Absteiger der Vorsaison Moral: Die Mannschaft von Trainer Schmitt konnte das Spiel durch die Treffer von Hermann in der 75. und Klein in der 83. Minute innerhalb von nur neun Minuten drehen und ging am Ende als Sieger vom Platz.

Für den FSV war es die große Revanche, nachdem man sich im Hinspiel noch mit 0:5 geschlagen geben musste. Mit dem Abstieg dürften die ,,Schwäne“ diese Saison dementsprechend nichts mehr zu tun haben. (fj)

VfL Halle 1896 – VfB Germania Halberstadt – 1:1

„DAS PERFEKTE OBERLIGASPIEL“

30.03.2024

NOFV-Oberliga Süd

HGW-Stadion am Zoo

Zuschauer: 110

HALLE – Am Karfreitag stellte ich den Wecker auf sechs Uhr, um mit einem Landbotenbegleiter nach Halle zu fahren. Nur blöd, wenn man den Standardwecker für die Arbeit auswählt. Dieser klingelt nämlich nur von Montag bis Freitag.

Als ich um kurz nach sechs wach wurde, dachte ich mir, irgendwann muss das Gerät doch bimmeln. Tat es aber leider nicht. Somit war es leider nicht mehr möglich die S1 zu kriegen. Der Bolt-Roller musste her, damit ich in kürzester Zeit zur S3 fahren konnte. Nur leider hatte der aufgefundene Roller keine funktionierenden Bremsen, wodurch ein Arbeitnehmer am Ostersamstag einen schlechten Start in den Tag hatte. Der Weg war breit genug für uns zwei, wäre er nicht arg getaumelt.

Anyway, die S3 habe ich bekommen und der Rest der Anreise lief problemlos. Das Vorspiel bei der ESG Halle wurde auf’m Campingstuhl genossen und dann ging es zum Zoo. Am Eingang wechselten wir acht Euro gegen eine Eintrittskarte und genossen schon den Anblick von Wurst und Buletten. Da wurde natürlich sofort zugeschlagen und ein Getränk gleich hinterher geordert. Mit der Bulette in der Hand entdeckten wir auf der gegenüberliegenden Seite auch die kleine Fanszene von Germania Halberstadt. Damit haben wir nach dem Abstieg in die Oberliga überhaupt nicht gerechnet. Eine sehr nette Überraschung. Die Jungs und das eine Mädchen hatten über 90 Minuten ihren Spaß. Unterbrochen wurden sie nur einmal vom sehr aktiven Stadionsprecher, der den Ball wieder zurückhaben wollte.

Das Spiel auf dem Rasenplatz begann quasi mit einem Elfmeter für den Außenseiter aus Halle. Halberstadt kam nach dem verwandelten Elfmeter aber postwendend zurück und erzielte das 1:1. Mehr Tore durften wir leider nicht mehr sehen. Für Halle ein wichtiger Punkt im Kampf um den Klassenerhalt, für Halberstadt ist der Aufstiegszug nun wahrscheinlich abgefahren.

Das Stadion am Zoo ist ein kleines altes Schmuckstück mit einer Sitzplatztribüne auf der einen Seite und einer Stehplatztribüne auf der anderen. Dazu haben sie hier alles mögliche abgezäunt und mehrere Eingänge aufgebaut. Regionalliga könnte man hier also ohne Probleme spielen. Der Stadionsprecher verabschiedete uns dann pünktlich um 15.47 Uhr mit einem „Tschüssikowski“ und das war’s dann auch aus’m Zoo.

Ein rundum perfekter Nachmittag in der NOFV-Oberliga Süd (mb)

SSV Ziethen – SpVgg Lütau – 4:2

„DIE ANDERE SEITE DES FUẞBALLS“

25.03.2024

Kreisklasse B

Herzogtum Lauenburg

Schleswig-Holstein

Sportplatz am Gemeindezentrum

Zuschauer: ca. 50

ZIETHEN – Das letzte März-Wochenende wurde ausnahmsweise fernab von jeglichen Fußball-Ambitionen verbracht. Am Sonntag sollte es trotzdem mal rausgehen – auf die andere Seite des Fußballs. Während fast jedes Wochenende Pyro-Fackeln gezählt und Flugmeilen gesammelt werden, ging es diesmal nur ein paar Fahrradminuten Richtung Mecklenburger Grenze. Das kleine Dörfchen Ziethen liegt so nah an Ostdeutschland, dass es vor dem Krieg jahrhundertelang dem Herzogtum Mecklenburg-Strelitz angehörte und erst im Zuge von irgendwelchen kruden Grenzziehungen nach dem großen Knall Schleswig-Holstein zugeschlagen wurde.

Alles lange her, mittlerweile interessiert die Dorfbewohner nur noch die Kreisklasse B. Das jedenfalls, ist durchaus als Erfolg zu bewerten. Denn der SSV tritt erst seit 2 Jahren wieder als eigenständige Elf an. Zuvor spielte man in einer SG mit der benachbarten Kreisstadt Ratzeburg bzw. konnte gar keine Elf stellen. Im ersten Jahr nach dem Relaunch folgte gleich der Aufstieg in die B-Klasse. Vielleicht erklärt dieser Umstand die intensive Atmosphäre am Sportplatz im Herzen der Gemeinde.

Im Spitzenspiel der Kreisklasse Lauenburg war die Mannschaft aus Lütau im Osten des Kreises zu Gast. Ein schönes Dörfchen bei Büchen, das für seine Säfte hamburgweit bekannt ist. Von Anfang an kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der kleine Hoppelplatz, den man zu Gesicht bekommt, wenn man die Treppe zum Ground hinunterstiefelt, versprach sofort ein Spiel voller Kuriositäten und Anekdoten. Und es dauerte nicht lange, da lag der Tabellenvierte aus Ziethen dank Eigentor, Platz- und Torwartfehler mit 2:0 in Front.

Lütau hatte sich eine Menge vorgenommen. Als Zweiter in der Tabelle konnte man mit einem Punkt bereits auf den ersten Rang springen. Und mit zwei sehenswerten Treffern kam man schnell in das Spiel zurück. Von nun an wurden die Tore weniger, doch die Highlights mehrten sich. Nach einem Pressschlag erntete die Nummer 9 der Gastgeber eine Gelb-/Rote-Karte, die nach Beleidigungen in glatt Rot umgewandelt wurde. Aus einem guten Spiel wurde ein wahnsinniges Spiel. Die Portion Adrenalin hatte Ziethen gebraucht – denn nun warf man alles nach vorne und wollte die vermeintliche Fehlentscheidung rächen. Mit dem Halbzeitpfiff traf ein Spieler per Hinterkopf zur erneuten Führung. Grenzenlose Freude: Ersatzspieler, Zuschauer, Grillmeister und Vereinslegenden in einer Jubeltraube auf dem Platz vereint!

Nach der Pause verteidigte der SSV kompromisslos – auf dem Rasen und auf den Rängen. Das Gepöbel an der Seitenlinie war teilweise wirklich unter der Gürtellinie, aber die Taktik ging auf: Hier arbeiteten alle an den drei Punkten und Lütau ließ sich davon beeindrucken. Fußballerisch passierte nicht mehr viel. Es gab auf beiden Seiten einen Elfmeter. Wobei „Heim“ die Chance für den Endstand nutzte und „Gast“ sich von der Nervosität der „Heimkurve“ einfach nicht freimachen konnte und vergab. Die sagenhaft gute Leistung des Ziethener Keepers tat ihr Übriges. In der Haut des arg verrufenen Schiedsrichters wollte wohl niemand stecken. Der Platzverweis war vertretbar und auch sonst gab es keinen Kartenhagel für diverse Knochenbrecherfouls. Kurzum: Der Schiri hatte die Partie im Griff. Aber das ist an solchen Orten immer nur die halbe Wahrheit.

Abpfiff. Heimsieg. Tumulte. Pyrotechnik. Und doch wieder mittendrin. Da mehrfach gezündet wurde, scheint diese Art von „Support“ wohl auch System zu haben. Probiert sie mal wieder aus, die andere Seite des Fußballs. Die kerosinarme Anreise tut dem Wurstbauch gut und wenn man das Verlangen hat diese entstandene Delle auszubessern, dann helfen Würstchen für zwei Euro und Flaschenbier für Einsfünfzig schnell nach. (mm)

VfB Borussia Neunkirchen – 1.FC Saarbrücken – 0:4

VfB Borussia Neunkirchen – 1.FC Saarbrücken – 0:4

„SAARLAND ASOZIAL UND BALD INTERNATIONAL?“

23.03.2024

Saarland-Pokal/Achtelfinale

Ellenfeldstadion

Zuschauer: 7.000

NEUNKIRCHEN (SAAR) – Nach über 1,5 Jahren wurde im schönen und altehrwürdigen Ellenfeldstadion Neunkirchen mal wieder ein Spiel angepfiffen. Im Rahmen des Saarland-Pokal-Achtelfinale traf die Borussia auf den DFB-Pokal-Halbfinalist 1.FC Saarbrücken. Zur Einweihung vom neuen Rasenplatz kamen Personen aus dem ganzen Land. Auch über die Grenze hinaus wurden Karten verkauft.

Der Gästeblock prall gefüllt, zeigte ein kleines Intro mit dem Spruch: „Lang lebe der Stolz der Saar“. Außerdem wurden blau-gelbe Luftschlangen geworfen und blau-schwarzer Rauch gezündet. Nachdem der Underdog aus Saarlands zweitgrößter Stadt Neunkirchen 2010 noch mit 2:1 im Halbfinale des Saarland-Pokals gegen den FCS gewinnen konnte, waren die Rollen dieses Mal klar verteilt. Bereits zur Halbzeit führten die Gäste mit 0:3. den Schlussstrich setzte Sontheimer in der 73. Minute zum verdienten 0:4, worauf die Gäste „Saarland asozial-international“ anstimmten.

Internationale Spitzenklasse auch das Ellenfeldstadion, das nur nach Nostalgie riecht. Besonders zu empfehlen dazu das Video von „Stadiontouri“, der über den genannten Ground berichtet und Einblicke darüber gibt, wie die Bundesliga in den 1960ern aussah. Mal sehen ob im Saarland bald tatsächlich wieder internationaler Fußball gespielt wird. (fj)

KSV Baunatal – SC Viktoria Griesheim – 1:0

KSV Baunatal – SC Viktoria Griesheim – 1:0

„HERKULES WACHT ÜBER BAUNATAL!“

16.03.2024

Hessenliga

Parkstadion Baunatal

Zuschauer: 280

BAUNATAL – Der ein oder andere ehemalige Hattrick- oder Fußball-Manager-Zocker kann sich noch an den KSV Baunatal erinnern. Auch die alteingesessenen Fußballromantiker schweben noch in Zweitliga-Erinnerungen, als der Kultur- und Sportverein zwischen 1976-1979 mehr oder weniger erfolgreich in der zweiten Liga sein Glück versuchte. Für die neuere Generation ist der KSV Baunatal ein unbekanntes Pflaster unter dem Schatten des Herkules.

Um dieses Stück deutsche Fußball-Kultur genauer zu beobachten ging es relativ entspannt die A7 runter in die Region Kassel. Nach gut 170 Kilometern erschwerte uns ein Stein die Sicht. Steinschlag Nummero drei in meiner Autofahrer-Karriere lässt grüßen. Die Nummer von Carglass kenne ich mittlerweile auswendig. Trotz der eingeschränkten Sichtweise kamen wir überpünktlich am Herkules an. Die Sicht dort war auch schon mal besser, da die Regenwolken nicht über den Herkules rüber kamen. Dazu schmälerten zwei Kräne die Aussicht.

Nach der Sightseeing-Runde ging es dann bergab ins Tal. Das Parkstadion in Baunatal öffnete für neun Euro die Pforten. Mit einem Sieg können sie hier wieder auf einen Aufstiegsplatz klettern. Trotz der guten sportlichen Leistung verlieren sich nur sehr wenig Zuschauer im Parkstadion. Hätten wir gewusst, was die Spieler für einen Grottenkick auf’s Parkett zaubern würden, wären wir vielleicht doch nicht hier hergekommen.

Baunatal bugsierte das Leder in der ersten Hälfte irgendwie über die Linie und verschoss in der zweiten Hälfte einen Elfmeter. Mehr gibt’s nicht zu sagen. Dafür präsentierte sich der Stadionsprecher in Gönnerlaune: Nach 75 Minuten begann die Bratwurst-Happy-Hour. Zuerst wurde sie für 2,50 Euro verkauft, später sogar nur noch für 1,50. Die Reisegruppe überlegte kurz, merkte dann aber, dass das Kuchenbuffet gut gesättigt hatte. Mit vollem Magen genossen wir lieber den Blick auf das nette Parkstadion von der Gegentribüne, die aus Stufen und Wellenbrechern besteht. Gegenüber bestaunten wir die überdachte Haupttribüne und den Rasenwall hinter den Seiten. Ein schönes, altes Schmuckstück in Nordhessen.

Vielleicht wird Baunatal in der nächsten Saison bei den ein oder anderen auf der To-do-Liste stehen, wenn sie eventuell in der Regionalliga Südwest antreten dürfen. Kassel vs Baunatal, warum nicht? (mb)

TuS Makkabi Berlin – FC Anker Wismar – 0:0

04.02.2024: TuS Makkabi Berlin – FC Anker Wismar – 0:0

„EIN STINKNORMALER SONNTAG IN BERLIN“

Julius-Hirsch-Sportanlage

NOFV-Oberliga Nord

Zuschauer: 48

BERLIN – Alle die mit Anker Wismar auf Kaperfahrt gehen, müssen weite Wege ertragen! Der Anker muss in dieser Saison insgesamt neun Mal in Berlin geworfen werden. Am gestrigen Sonntag waren die Gäste beim TuS Makkabi zu Gast. Ein Verein, der in den letzten Monaten durch die Unruhen im Gaza-Streifen des Öfteren in den Medien stand. Seitdem können die Spiele vom TuS nicht mehr ohne Begleitung der Polizei durchgeführt werden. Dieses Szenario wollte ich mir heute mal etwas genauer angucken, auch wenn das Spiel auf dem Nebenplatz angesetzt war.

Mit der S9 ging es bis zur Messe Süd, am Mommsenstation vorbei und auf die Julius-Hirsch-Sportanlage. Dort begrüßte uns schon der Bus aus Wismar. Am Eingang zum Nebenplatz bekamen die zahlenden Gäste keine Eintrittskarte, sondern ein Bändchen plus Programmheft. Wir nahmen direkt auf einer der beiden Bänke Platz und schauten uns das Spiel in guter Begleitung von ein paar Dauergästen mittleren Alters an. Pünktlich zum Anstoß gesellten sich auch zwei Mitarbeiter der Polizei hinter den Zaun und erlebten wahrscheinlich den entspanntesten Arbeitstag ihrer Laufbahn. Einzig und allein die Frage nach der Zuschauerzahl stand heute auf ihrer To-do-Liste. Das Spiel war wirklich auch kein Zuckerschlecken. Ein 0:0 in seiner trostlosesten Ausführung. Kaum Chancen, beide Teams neutralisierten sich und in den Lücken des Zauns kam auch keine Stimmung auf.

Mit 48 Zuschauern erlebte ich die zweitniedriegste Zuschauerzahl meiner „Laufbahn“ in der fünften deutschen Liga. Einzig und allein in Bremen kamen einst noch weniger zu einem Oberliga-Kick – bei Minusgraden unter der Woche. Trotz der ganzen trostlosen Ereignisse in den 90 Minuten gab es auch einen Lichtblick in meiner persönlichen Lieblingsoberliga: Am Verkaufsstand wurde die neue Fritteuse eingeweiht und zur Feier des Tages standen sämtliche Saucen zur Auswahl. Ein bisschen Belgien/Holland-Feeling kam da auf.

Unterm Strich war es bestimmt nicht die größte Veranstaltung aller Zeiten, bei einem eigentlich stinknormalen Fußballverein in Berlin.

Makkabi, ich komme wieder… Für den Rasenplatz nebenan. (mb)

KFC Uerdingen 05 – FC Büderich 02 – 0:2

09.12.2023: KFC Uerdingen 05 – FC Büderich 02 – 0:2

„SAMT & SEIDE IN DER GROTENBURG“

Grotenburg-Stadion

Oberliga Niederrhein

Zuschauer: 1.870 (davon ca. 40 Gäste)

KREFELD – Im Rahmen einer Wochenendtour tief im Westen der Republik stand unter anderem ein Besuch der

alt-ehrwürdigen Grotenburg auf dem Plan. Nach einem Abstecher ins Grenzlandstadion in Mönchengladbach erwartete mich die frühere Samt- und Seidenstadt Krefeld.

Vom Glanz früherer Tage ist heute wenig übrig geblieben. Je nach Blickwinkel ist die Stadt vom 80er-Jahre-Gammel/Charme geprägt. Die meisten Textilbetriebe mussten aufgrund der Billiglohnkonkurrenz schließen und auch der früher allgegenwärtige Bayer-Konzern hat sich mittlerweile komplett aus Krefeld zurückgezogen. Geblieben ist aber unter anderem die Dujardin-Brennerei. Weinbrand (mit Cola) passt auch ganz gut zum 80er-Bild.

Zur Stärkung vor dem Spiel durfte der eigentlich etwas weiter nordöstlich beheimatete Taxiteller nicht fehlen und dann ging es auch schon in den Stadtteil Bockum. Bei Eröffnung 1927 fasste die Grotenburg 18.000 Zuschauer. Über die Jahrzehnte wurde das Stadion weiter ausgebaut und insbesondere die großen Stehbereiche hinter dem Tor hievten die Kapazität auf 34.500 Besucher.

Der Ausstieg von Bayer 1995 läutete dann aber den Niedergang ein und die Grotenburg verfiel zusehends. 2013 sperrte die Stadt sogar die Stehränge komplett. Gottlob entschieden sich die Verantwortlichen 2018 gegen einen Neubau und für eine Sanierung, die dank ehrenamtlicher Hilfe der Fans ins Rollen kam und weiter andauert. Aktuell können die Nord- und Südtribüne sowie der Block S auf der Westtribüne geöffnet werden.

Nach turbulenten Jahren mit drolligen Episoden wie der Ailton-Verpflichtung, einem Stadion-Umzug oder dem zwielichtigen Russe Ponomarev, befindet sich der KFC sportlich mittlerweile in der Oberliga Niederrhein. Eigentlich sollte endlich Ruhe einkehren, aber wegen ausbleibender Zahlungen des neuen Hauptsponsors ist der Verein schon wieder in Schwierigkeiten. Gehaltszahlungen mussten bereits verschoben werden und die Ultras Krefeld haben eine Rettungsaktion ins Leben gerufen.

Nun aber zum Spiel. Trotz aller Unruhe ging Uerdingen mit sieben Siegen am Stück in die Partie. Gegner war der Aufsteiger und Tabellenletzte FC Büderich 02 aus Meerbusch, aufgrund des höchsten Durchschnittseinkommens in NRW gerne auch „Stadt der Millionäre“ genannt. Wie passend. Bei Dauerregen versteckte sich Büderich nicht und kam ein paar Mal vor’s Tor. Uerdingen steigerte sich nur langsam und drehte erst zur zweiten Halbzeit auf. Allerdings verhinderten die Latte und ein gut aufgelegter Gästetorwart die Führung, welche dann auf der anderen Seite fiel. Nach Ballverlust und Konter konnte die Nr. 20 von Büderich nur per

Foul gestoppt werden. Den fälligen Elfmeter verwandelte ein Ex-Uerdinger, der in der Nachspielzeit sogar noch das 0:2 drauflegte. Völlige Ekstase bei den ca. 40 mitgereisten Vereinsopas und Jugendkickern.

Letztlich alles nebensächlich. Star des Abends war natürlich das Stadion selbst und jeder sollte sich bei seinem Besuch genug Zeit für Fotorunden nehmen. Hoffentlich kehrt der KFC Uerdingen in den nächsten Jahren (auf gesundem Fundament) zumindest in die RL West zurück, sodass auch interessante Fanszenen den Weg nach Krefeld finden. Bis dahin dürften Spiele im Niederrhein-Pokal (im neuen Jahr Halbfinale gegen RWE) die Highlights bleiben. (HR)

TuS Rotenhof – Osterrönfelder TSV – 5:0

23.08.2023: TuS Rotenhof – Osterrönfelder TSV – 5:0

„ZWISCHEN DERBY UND TRAGÖDIE“

Sportanlage Fockbeker Chaussee

Zuschauer: 350

Landesliga Schleswig

RENDSBURG – Dem „Rendsburger Herbst“ sei Dank fand dieses Derby in der Landesliga an einem Mittwoch statt. Denn die Osterrönfelder trumpften auf dem Volksfest mit einem eigenen Stand auf – ist ja klar, da ist ein Spieltermin am Wochenende ungünstig. Rund 400 Zuschauer betraten den herausgeputzten Ground bei solidem Sommerwetter an diesem Abend. Neu ist eine unüberdachte Sitzplatztribüne über den Stehstufen. Auch sonst macht der Ort mit vielen kleinen Details und guter Versorgung auf sich aufmerksam.

Es kommt schon nicht von ungefähr, dass der Verein seit einigen Jahren an das Tor zur Oberliga klopft. Das sieht man an jeder Ecke und nicht nur auf dem Rasen. Vor wenigen Wochen stand man bis in die Nachspielzeit als Aufsteiger fest, ehe der VfR Neumünster in den letzten Sekunden den Rendsburgern das Oberliga-Ticket entriss. Letztes Jahr nach einem Auswärtssieg beim TSV Kropp gab es großes Gezeter unter den mitgereisten Meckerrentnern – dabei hatte man das Spiel gewonnen. Die Ansprüche in Rotenhof sind also gewachsen.

Diesmal gab es wenig zu beanstanden: In einem zunächst ausgeglichenen Spiel übernahm Rotenhof nach und nach das Zepter und verewigte sich als aktivere Mannschaft völlig zu Recht fünf Mal in der Torschützenliste. Ein Elfmeter war der Türöffner und beim dritten Tor aus spitzem Winkel von der Torauslinie, hat sich Lothar Emmerich vermutlich im Grabe umgedreht. Die Gäste aus Osterrönfeld gaben sich nicht auf und hatten eine gute Portion Mitleid spätestens verdient, als der Referee einen berechtigten Elfmeter beim Stand von 0:4 oder 0:5 nicht geben wollte.

Es gibt so Tage, an denen einfach nichts klappen will. So ähnlich und noch viel schlimmer konnte man wohl auch das Heimspiel von Rotenhof 11 Tage zuvor gegen den Husumer SV beschreiben. In der 28. Minute fiel der Husumer Valentin Sinzel ohne gegnerische Fremdeinwirkung auf den Rasen. Der Nordfriese musste notoperiert werden – Hirnblutung und Schlaganfall. Mit 25. Aus diesem Grund präsentierten Spieler beider Teams vor dem Anpfiff ein Banner mit der Aufschrift: „Kämpfen Valle, du schaffst das!“.

Der Pöbelfaktor an diesem Abend hielt sich bei den Meckerrentnern danach ausnahmsweise mal in Grenzen, hatte man das Gefühl. (mm)

Eintracht Ludwigslust 1994 e.V. – BSG Empor Grabow – 0:1

16.04.2023: Eintracht Ludwigslust 1994 e.V. – BSG Empor Grabow – 0:1

„RAUCHERLUNGE TRIFFT AUF BOCKWURST“

Sportforum „Erwin Bernien“

Zuschauer: 227

Kreisoberliga Westmecklenburg

LUDWIGSLUST – Das bedeutendste Derby im zweitgrößten Landkreis Deutschlands findet nicht etwa zwischen Ludwigslust und Parchim statt, auch wenn sich beide Städte vor etwas mehr als 10 Jahren auf kommunaler Ebene einen erbitterten Kampf um den Zuschlag zur Kreisstadt der neuen Verwaltungsregion lieferten. Wenn Ludwigslust auf das etwa 5km entfernte Grabow trifft, dann werden für gewöhnlich die Klingen geschärft.

Die Realität heißt mittlerweile Kreisoberliga. 9. Liga. Die BSG sieht sich dabei in der Tradition der Betriebssportgemeinschaft, die nach der Wende in Grabower FC umbenannt wurde und in der u.a. Ex-HSV-Profi Bastian Reinhardt das Kicken erlernte. Der GFC ging allerdings vor 20 Jahren ausgerechnet eine Fusion mit einem Ludwigsluster Klub ein (SG Ludwigslust/Grabow). Und so gründete sich die BSG „Empor“ Grabow im Jahre 2015 neu. Seitdem lebt die alte Rivalität wieder auf. Auch wenn man formell nichts mit dem DDR-Vorgänger am Hut hat. Namen sind wie Schall und Rauch. Was zählt ist: Ludwigslust gegen Grabow!

Die Zeiten von Tifo und Support auf Ludwigsluster Seite scheinen jedoch vorbei zu sein, auch wenn die Eintrittskarte einen anderen Eindruck vermittelt. Nur mit zwei Zaunfahnen trumpft man auf der Heimseite noch auf. Grabow allerdings nahm die halbe Tribüne ein und die Elf wurde mit kollektiven Schlachtrufen nach vorne gepeitscht. Rund 250 Zuschauer in der 9. Liga sorgten für eine prima Kulisse. Das kernige, ostdeutsche Auftreten neben dem Platz wurde durch Bockwürste aus dem Glühweinkocher und Halbliterbier aus Lübz abgerundet. Der Renner am Verkaufsstand waren allerdings kleine Kräuterlikörflaschen aus dem Hause „St. Hubertus“, die regen Absatz im Publikum fanden.

Das Gekicke auf dem Feld passte gut zu dem Ambiente. Ein echtes Neuntligaspiel. Missglückte Ballannahmen, Pässe ins Nichts und fauchende Raucherlungen. In einigen Situationen konnte man erahnen, warum Grabow die Tabelle anführt. In schöner Regelmäßigkeit wurde aber nahezu jeder Angriff in letzter Instanz vergeigt.

Kurz nach der Pause saß dann doch mal ein mutiger Abschluss von der Strafraumkante. Ludwigslust mühte sich wirklich um den Ausgleich. In der zweiten Halbzeit kam man – kurz nach dem Rückstand – zu einer einzigen nennenswerten Chance. Am Ende sahen halt alle Versuche so aus, wie man sich die Quintessenz vorstellt, wenn Raucherlunge auf Bockwurst trifft. (mm)

SG Theodor Körner Lützow – SG Roggendorf 96 – 2:3

SG Theodor Körner Lützow – SG Roggendorf 96 – 2:3

„NIEDERLAGE FÜR DIE PATRIOTEN“

06.11.2022

Kreisoberliga Schwerin/Nordwestmecklenburg

Sportstätte „Theodor Körner“

Zuschauer: 60

LÜTZOW – Ein erstaunlicher Ort, dieses Dorf kurz vor Schwerin, das bis ins 19. Jahrhundert noch „Blesse“ hieß und in der Folge per kaiserlichem Beschluss nach dem vorherrschenden Adelsgeschlecht Lützow benannt wurde. Alles hört hier auf das Kommando von Theodor Körner. Der Sportverein spielt in der gleichnamigen Sportstätte, trägt seinen Namen und auch das Logo geht auf das Werk „Leyer und Schwerdt“ zurück. Eine Sammlung patriotischer Gedichte des Schriftstellers Theodor Körner.

Vor Ort kommt man nicht umhin, sich mit der Geschichte Theodor Körners auseinanderzusetzen. Von seinem dichterischen Können mag man halten was man will, seine Berühmtheit lässt sich auf die Mitgliedschaft in einer preußischen Freiwilligenarmee, dem „Lützowschen Freikorps“, zurückführen. Theodor Körner fiel in den Befreiungskriegen gegen Napoleon vor über 200 Jahren einem französischen Angriff zum Opfer. Durch seinen frühen Tod im Kontext des patriotischen Einsatzes und der nationalen Poesie, stieg der Leutnant und Dichter posthum zu einer Ikone der deutschen Einigkeitsbewegung auf – bis heute.

Für einen Außenstehenden etwas befremdlich, die Huldigung eines nationalen Kriegshelden durch ein ganzes Dorf und Sportverein, zumal in diesem Landstrich und das im 21. Jahrhundert. Von der Uniform des Freikorps leiten sich bis heute übrigens die Farben der deutschen Nationalflagge ab. Eine schwarze Uniform wurde mit roten Absätzen und güldenen Knöpfen kombiniert – schwarz-rot-gold. Der Sportverein legt zu Ehren Theodor Körners jedes Jahr an seinem Sterbetag einen Kranz an dem dafür geschaffenen Denkmal in dem Wald nieder, in dem Körner im Kriegsgefecht fiel. Seine letzte Ruhestätte fand der Kriegsheld allerdings etwas weiter südostwärts in Wöbbelin – und auch dort hat sich 1997 ein Sportverein namens „Theodor Körner“ gegründet, der allerdings bereits seit rund 10 Jahren keine Fußballmannschaft mehr ins Rennen geschickt hat.

Das war jetzt viel Patriotismus, für mich etwas zu viel, obwohl man im Fußball übertriebenen Pathos ja gerne mal weglächelt. Ein weiteres, bekanntes Mitglied des „Lützowschen Freikorps“ ist im deutschen Sport übrigens omnipräsent: „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn zog ebenfalls freiwillig für Preußen in den Krieg gegen Frankreich.

Ins Gefecht ziehen muss in Lützow heute niemand mehr. Aber im Spiel gegen die SG Roggendorf stand immerhin ein hart umkämpftes Nachbarschaftsduell in der Kreisoberliga auf dem Programm. Interessieren sich bei den Liga-Spielen teilweise gerade mal fünfzehn zahlende Zuschauer für den Patriotenverein, so zog das Duell gegen das Nachbardorf an diesem Sonntag immerhin offiziell 60 Schaulustige an. Der Sportplatz mit seinem großen, begrünten Wall auf zwei Seiten, könnte ohne weiteres ein halbes Regiment an Zuschauern unterbringen.

Zu sehen bekam das Publikum trotzdem einen echten Fight. Die Aufsteiger von der SGTK gingen in diesem ungleichen Duell gegen einen ehemaligen Verbandsligisten als punktloses Schlusslicht zunächst in Führung. Roggendorf konnte das Ergebnis schon zur Pause in ein 1:3 umwandeln. In der zweiten Hälfte überraschte dann erneut Lützow, das nach einem Konter mit 2:3 wieder am Punktgewinn schnupperte. Bereits gut 10 Minuten vor Schluss suchte der Heimkeeper den Weg in den gegnerischen Strafraum. Aber aller Einsatz war mal wieder vergebens, am Ende setzte es eine Niederlage für die Patrioten. (mm)

FSV Union Fürstenwalde – BFC Dynamo – 1:1

FSV Union Fürstenwalde – BFC Dynamo – 1:1

„(K)EIN PUNKT FÜR DIE MEISTERSCHAFT“

29.04.2022

Friesenstadion

Regionalliga Nordost

Zuschauer: 2076

FÜRSTENWALDE – Klar gibt es für den BFC Dynamo genug Lokalderbys in Berlin, aber ein Auswärtsspiel in Fürstenwalde ist beinahe schneller erreicht als die ganzen Auftritte im Westen der Stadt. War das der Grund, weshalb mindestens 1500 Weinrote den Weg in die Domstadt im Osten Brandenburgs fanden? Natürlich nicht, denn bei einem entsprechenden Punktgewinn in Fürstenwalde würde der Rekordmeister der DDR seinen größten Nach-Wende-Erfolg feiern können – die Meisterschaft in der Regionalliga Nordost, die ja gewissermaßen als Nachfolgerin der DDR-Oberliga angesehen werden kann. Ein elfter Meisterstern winkt für diesen Erfolg zwar nicht, aber immerhin die Aufstiegsspiele zur 3. Liga gegen den Vertreter der Nordstaffel – und die Teilnahme an einer Bundesliga wäre für den verrufenen Verein aus Hohenschönhausen wahrlich ein Riesenerfolg, nach all den Geschehnissen in den 90er-Jahren und danach.

Zunächst aber zu Fürstenwalde, schließlich wurde der Heimverein besucht und nicht der Tabellenerste, dort datiert ein erster Besuch des Autors bereits aus dem Jahre 2008. Rein äußerlich hat sich die Anhängerschaft der Ost-Berliner übrigens seitdem nicht verändert. Der FSV Union ging vor der Saison bereits in seine 7. Regionalliga-Spielzeit in Folge und hält sich eigentlich recht wacker mal im oberen und mal im unteren Mittelfeld der Liga auf. Dieses Jahr ist man allerdings in arge Abstiegsnöte geraten und belegt aktuell den ersten Platz über dem Strich. Drei Punkte vor Rathenow, wo man am nächsten Spieltag gastiert. Spannung war also geboten, auf der einen, wie auf der anderen Seite.

Beim ersten Anblick der Fanmassen im Stadion war kaum daran zu glauben, dass sich sonst im Schnitt nur 342 Zuschauer im schmucken Friesenstadion verirren. Die Union-Spielstätte ist schnell erklärt: Rundherum enge Stehplätze und eine überdachte Haupttribüne mit ein paar Sitzschalen. Reicht völlig und macht Spaß – wenn die Hütte denn voll wird. Aber das war am Freitag-Abend der Fall: Die BFC-Anhänger füllten die Hälfte des Stadions und das ziemlich prall. Über 30 Zaunfahnen wurden gezählt und man merkte, dass dieser Aufmarsch nicht unbedingt alltäglich war, denn organisierter Gesang oder Support über die ganze Breitseite gab es selten. Dennoch natürlich eine beeindruckende Kulisse und das Beste, was diesem verschlafenen Örtchen passieren konnte. Denn auch der hiesige Regionalligist mobilisierte weitaus mehr als die durchschnittlichen 342 Besucher. Der lose Haufen hinter dem Tor und auf der Haupttribüne machte nicht den Eindruck des Gelegenheitsbesuchers, ein bisschen Pöbel und abgegriffener Merch ließ eigentlich auf eine entsprechende Stammanhängerschaft aus einem gewissen Milieu schließen, daher verwunderten die vorherigen Besucherzahlen stark. Eine kleine Gruppe U18-Jungs hinter dem Tor war wohl tatsächlich ein bisschen auf Krawall gebürstet, so schien es.

Sogar ein Platzsturm der Auswärtsanhängerschaft stand für diese Partie im Raum, was natürlich nicht an den pubertären Jungs auf Fürstenwalder Seite lag, sondern an dem womöglichen Gewinn der Meisterschaft. Und da kommen wir zum Knackpunkt: Während es vor der Partie in den einschlägigen Gazetten hieß: „…ein Punkt reicht für den Titel“, sah man das auf Seiten der Berliner offenbar ein bisschen anders. Schlagen wir also den Bogen zum Spiel: Eine Partie, die nach recht flottem Beginn der Dynamos ein wenig abflachte und gegen Ende der 1. Halbzeit das halbe Stadion dank eines Kopfballs aus dem Nichts zum Jubeln brachte. 1:0 für Dynamo! Keine Ekstase, aber großer Jubel. Was folgte war eher Verwaltungsfußball, aber mit großem Einsatz und ein paar guten Momenten. Wichtig für die Gäste bis dahin jedoch: Fürstenwalde fand einfach nicht ins Spiel. Als die Kräfte bei den Weinroten in der Schlussviertelstunde schwanden, ergriff der Gastgeber allerdings sofort seine Chance und es dauerte nicht lange, bis man zum Ausgleich traf – wieder per Kopfball. Eine Schusschance kurz darauf ließ die Gäste gehörig zittern, ehe es in den Schlussminuten wieder Möglichkeiten für Dynamo gab. Spannung und Dramatik, die zuvor nur theoretisch existierte.

Das Endresultat wird allerdings beiden Seiten gerecht, könnte man meinen. Der BFC sichert sich die Meisterschaft und Fürstenwalde wahrt sein Gesicht, fährt überdies einen wichtigen Zähler im Abstiegskampf ein. Dann aber das: Nach dem Schlusspfiff feiert nur eine Mannschaft – Fürstenwalde. Betretenes Schweigen im Gästesektor, ein bisschen Abklatschen und sogar eine kleine Humba, aber keine Euphorie und schon gar kein Platzsturm. Offenbar will man sich die Party für Zuhause aufheben. Am Samstag empfängt man am vorletzten Spieltag mit dem Berliner AK mal wieder einen Spitzenklub von der anderen Seite der Stadt. Was soll da schon anbrennen, bei 6 Punkten und 15 Toren Vorsprung? Nichts, das Ding ist entschieden. Mein Tipp dennoch: Die Meisterschaftsfeier steigt am letzten Spieltag bei der VSG Altglienicke im Stadion am Wurfplatz – im Westen der Stadt. (mm)

FC Würzburger Kickers – SV Waldhof Mannheim – 1:2

FC Würzburger Kickers – SV Waldhof Mannheim – 1:2

„FRIDOLIN UND DER FLIEGENFÄNGER“

22.01.2022

Stadion am Dallenberg

3. Liga

Zuschauer: 0

WÜRZBURG – Herzlich willkommen im Jahre 2022, zum nächsten Geisterspielauftakt!

Wie schon vor vier Jahren – 2018 – läutet die Redaktion das Fußballjahr am Dallenberg in Würzburg ein. Mit dem feinen Unterschied, dass 1480 Tage zuvor 6672 zahlende Zuschauer die Blechtraversen im Würzburger Süden gegen den 1.FC Magdeburg bevölkerten, wo sich heute nur ein paar Dutzend Menschen mit Plüschmikrofon, Bleistift und Notizblock verirren. Und trotzdem hat man noch Glück, denn die Zugfahrt nach München war bereits gebucht – in der bayerischen Landeshauptstadt rollte kurzfristig bekanntlich aber kein Ball am Samstag und ein Streckenhalt auf dem Weg nach München hieß: Würzburg.

Zwischen den beiden Besuchen am „Dalle“ fanden sich übrigens sowohl Würzburg als auch Magdeburg mal für jeweils ein Jahr in der Zweiten Liga wieder. Während in Magdeburg alles auf einen neuerlichen Aufstieg hindeutet, laufen die Kickers dieses Jahr Gefahr durchgereicht zu werden. Mit Mannheim kündigte sich zudem ein weiterer Aufstiegsaspirant am Main an. Doch während der letzte Sieg der Hausherren bis in den Oktober hinein zurückliegt, konnten auch die Waldhof-Buben zuletzt zweimal nicht punkten.

Nach fast zweistündigem Fußmarsch vom Bahnhof mit Abstecher zur Festung und einer kleinen Schweißperle auf der Stirnfalte, ist der Dallenberg erklommen und man steht nach recht intensiver Einlasskontrolle endlich in dem menschenleeren Stadion, das vollbesetzt doch wesentlich „seriöser“ wirkt, bekommt man dann jedenfalls nicht die Behelfstribünen im Auswärtsblock und auf der Geraden zu Gesicht. Ob der FWK die Blechtraversen in der Regionalliga noch braucht? Dem möglichen Abstieg will man in Unterfranken u.a. mit den beiden Wintertransfers Marvin Stefaniak und Peter Kurzweg entgegenwirken. Den besseren Start hat aber der Waldhof, dem nach bereits zwei Minuten die Führung – offenbar zu Unrecht – abgepfiffen wird. Doch es wird nicht die letzte Aktion vom starken Schnatterer sein, der die Kugel eigentlich im genau richtigen Moment durchgesteckt hatte.

Auf der Haupttribüne tummeln sich tatsächlich nur ein paar hochrangige Vereinsmitglieder und Presseleute. Keine Spielerfrauen, treuen Vereins-Omis oder B-Jugend-Stars. Dennoch geraten fränkische und kurpfälzische Vereinsoffizielle beinahe aneinander, bei der Frage: Abseits oder kein Abseits? Keine Diskussion gibt es allerdings kurz vor der Halbzeit, nachdem SVW-Stürmer Pascal Sohm frei vor dem FWK-Kasten zum Kopfball kommt und seine Farben in Führung bringt. „Fliegenfänger“ nennen Würzburger Offizielle liebevoll ihren Keeper und Kapitän Bonmann. Außerdem wird auf der Tribüne gegen die Stadt gewettert, die ein paar Tage zuvor finanzielle Hilfe für das Dallenbergstadion versagte und lieber über 140 Millionen Euro in das städtische Theater pumpen will. Alles scheiße in Würzburg. Immerhin hat Landesmonarch Söder fürs nächste Heimspiel wieder Zuschauer angekündigt.

Im zweiten Abschnitt passiert zunächst nicht viel, doch die Franken kommen immer besser ins Spiel, treffen ähnlich wie der Waldhof aus kurzer Distanz zum Ausgleich und drängen auf das Siegtor. Es entwickelt sich ein offenes, spannendes Spiel. Neuzugang Stefaniak hat zweimal den Sieg auf dem Fuß und vergibt kläglich. Wieder ziehen diese misslungenen Aktionen vernichtende Urteile von fränkischen „Vereinsgranden“ nach sich. Ganz still wird es in der Würzburger Ecke hingegen, als die Gäste in der 90. Minute nach einer Freistoßhereingabe von Schnatterer etwas glücklich durch einen Spieler namens Fridolin Wagner zum 1:2 treffen – wieder sieht der „Fliegenfänger“ im Würzburger Tor dabei nicht gerade elegant aus.

Fußball ist manchmal ganz einfach: Bei dem Spielverlauf braucht man gar keinen Blick auf die Tabelle werfen, man kriegt auch ohne Klassement schnell heraus wer unten und wer oben steht. (mm)

FC Türk Sport Bielefeld III – SVE Rot-Weiß Bielefeld II – 2:4

FC Türk Sport Bielefeld III – SVE Rot-Weiß Bielefeld II – 2:4

„FLIESENTISCH & KUPFERHAMMER“

17.10.2021

Kreisklasse C

Sportplatz am Kupferhammer

Zuschauer: ca. 25

BIELEFELD – Wieder mal ein weiterer Beleg für die Bielefeld-Verschwörung? In Bielefeld-Brackwede jedenfalls, gibt es einen Platz, den gibt es eigentlich gar nicht. Der „Sportplatz am Kupferhammer“ dürfte einmalig in Deutschland sein: Außen Gras und in der Mitte Grand. Hybridrasen mal anders. Abgesehen davon, dass es insbesondere für Gastmannschaften sicherlich einer ausgeklügelten Wahl des Schuhwerks bedarf, habe ich mich vor Ort ernsthaft gefragt, wie die Sache mit dem Untergrund des Platzes in der Spielordnung des DFB eigentlich geregelt ist. Gibt es da einen Passus? Oder dürfte man theoretisch auch auf Fliesen spielen?

Vom Sportplatz „Kupferhammer“ war in den vergangenen Jahren bisweilen in den Medien zu hören. Das Satire-Format „Extra 3“ wählte den Ground zum „Verrücktesten Fußballplatz“. Interessant in diesem Zusammenhang, was wohl aus dem TSV Kusey geworden ist. Zur Erinnerung: Ein Landwirt kaufte die eine Hälfte des Platzes und errichtete einen Zaun auf Höhe der Mittellinie, was das Bespielen fortan unmöglich machte. So weit ist man in Bielefeld nicht, ganz im Gegenteil. Der FC Türk Sport – seit 40 Jahren am Kupferhammer zu Hause – wünscht sich zwar nach wie vor einen Kunstrasenplatz, doch immerhin hat die Stadt in der Lockdownzeit 2020 mit einer Abflusseinrichtung für eine Drainage der ständig überfluteten „Grandmitte“ gesorgt. Die Absätze zwischen Rasen und Sand sind geblieben und stellen die Spieler sicher vor das ein oder andere Hindernis.

Während in den Medien die Rede davon ist, dass die Anlage als Ascheplatz angelegt wurde und nach und nach zuwuchs, hat man mir vor Ort erzählt, dass der Untergrund „immer schon so aussah“. Der Kupferhammer liegt inmitten eines Schulzentrums und für den Ortsfremden ist der Eingang zum Fußball nicht gut ersichtlich. So kam es, dass ich kurz vor dem Anpfiff genervt über den Zaun an der Straßenseite gehüpft bin und den eigentlichen Eingang erst in der Halbzeit ausfindig machen konnte. Das Eintrittsgeld habe ich natürlich nicht geprellt, da in der letzten Liga bei der dritten Mannschaft der Einlass ohne Bezahlung erfolgt. Abgesehen von dem kuriosen Belag hinterlässt die Anlage nicht unbedingt einen einladenden Eindruck. In einer alten Hütte wurde wohl bei früheren Spielen mal Speis und Trank feilgeboten, hinter der Bude liegen verbrannte Gegenstände. Ein Container neben dem Tor beherbergt allerlei Zeug und ein paar alte Polstermöbel laden zum, naja, Sitzen ein. Da fehlt wirklich nur noch der Fliesentisch und das Trash-Ambiente wäre perfekt. Das Spielfeld wird eingerahmt von zwei Rasenwällen. Davon ab kriegt man die Zeit auf diesem abgefuckten Platz schon ganz gut rum. Wenn man einmal die Platzverhältnisse ins Visier genommen hat, will man nicht mehr woanders hingucken.

Heimspiele von zweiten, dritten, vierten Mannschaften sind bei mir eigentlich etwas verpönt, weil ich vermute, dass das repräsentative Vereinsleben bei diesen Teams irgendwie nur auf Sparflamme kocht. In diesem Falle aber: Wenn man schon für so einen Ground am Sonntag um 6 Uhr aufsteht, dann gerne ein bisschen Hafergrütze am frühen Morgen. Passt jedenfalls zu den Gegebenheiten vor Ort. Doch damit tut man den Akteuren Unrecht, denn jeder auf dem Platz kann oder konnte mal kicken, muss an dieser Stelle erwähnt werden – trotz Bierbauch oder grauem Haaransatz. Kein Wunder, wenn man ein ganzes Fußballerleben auf diesem „Grandrasen“ trainiert und gespielt hat, hinterlässt das wahrscheinlich Spuren.

Die Gäste von Rot-Weiß einfach torgefährlicher und mit den beiden Toren in der zweiten Halbzeit der verdiente Sieger. Für eine Mannschaft auf dem letzten Rang der letzten Liga, sah das trotz knapper Niederlage aber ganz passabel aus. Zumal auf diesem Platz. (mm)

1.FC Phönix Lübeck – SC Weiche Flensburg 08 – 1:2 n.V.

1.FC Phönix Lübeck – SC Weiche Flensburg 08 – 1:2 n.V.

„BILDER FÜR DIE EWIGKEIT“

28.06.2021

Landespokalfinale SH

SHFV-Sportschule Malente

Zuschauer: 250

MALENTE – Während in Kopenhagen, Amsterdam oder München vor zehntausenden Zuschauern gerade EM gespielt wird, regiert selbst im fortschrittlichen Corona-Land Schleswig-Holstein noch die eiserne Hand. Zweihundert Einlassberechtigungen sprach der SHFV für das Landespokalfinale aus, das auch in diesem Jahr mit Verspätung über die Bühne ging. Jeweils 100 Tickets pro Team. Mit welcher Berechtigung zum Beispiel den (Ex-) Bundesligaspielern Ahmet Arslan oder Stefan Schnoor Einlass gewährt wurde, blieb im Dunkeln. Vielleicht sind auch sie für die Lokalpresse unterwegs. Vielleicht aber auch Mitglieder von Phönix Lübeck. Zutrauen würde man es beiden.

Bei dem Spielort handelt es sich um die Sportschule des Landesverbands. „Der Geist von Malente“ errang im vergangenen Jahrhundert deutschlandweite Bekanntheit. Abgesehen von je drei Stufen pro Längsseite, geizt der Ground mit weiterem Ausbau. An dem schönen, alten Eingangstor kann man sich aber gut vorstellen, wie dort in den 80er-Jahren Jugendliche im Lacoste-Polo mit Leder-Mokassins und Fönfrisur auf ihre Bravo-Idole gewartet haben. Daher ist die – seit 2013 wiedereröffnete – Sportschule auch das Highlight der Anlage. Durch sie weht der gute Geist der Weltmeisterschaften 1974 und 1990, was an unzähligen Bildern an den Wänden aus diesen Jahren sichtbar wird.

Hatte man zunächst erwartet, dass die 100 Tickets nur an hochbetagte Ehrenpräsidenten und so weiter verteilt werden würden, so sah man sich getäuscht. Schon auf dem Weg zum Einlass wird ein Flensburger Mob gesichtet und auch Phönix hat die besten „Kern-Assis“ für das erste Pokalfinale seit 45 Jahren nach Malente geordert – jeweils etwa 25 Mann heizen ihren Lieblingen ein und freuen sich nach der langen Abstinenz auf diesen Tag. Dass die Kapazität arg gedrosselt ist, fällt daher gar nicht wirklich auf. Letztlich beziffert der Verband die Zuschauerzahl auf 250. Die Pferde auf der Gegenseite hat man wohl nicht mitgezählt und ein strenges Alkoholverbot herrscht natürlich obendrein. Immerhin bietet man Rhabarberkuchen für einen schmalen Taler an. Der Sieg auf den Rängen geht genauso wie das Gebolze auf dem Platz an Flensburg. Wenn auch jeweils knapp. Die Fördestädter kommen besser ins Spiel, erzielen recht schnell den Führungstreffer. Lübeck beißt sich aber in die Begegnung zurück, wehrt kurz vor Schluss noch zwei Großchancen des Gegners ab und schießt aus kurzer Distanz in der 89. Minute den Ausgleich.

Den Spielern stehen weitere Qualen bei hochsommerlichen Temperaturen in der Verlängerung bevor. Die fehlende Spielpraxis aus dem letzten halben Jahr sieht man beiden Regionalligisten deutlich an. Der Flensburger Torschütze Kramer schleppt zum Beispiel unübersehbar ein paar Extrakilos mit sich herum. Phönix scheint die Gunst der Stunde zu nutzen und bleibt in der Verlängerung am Ball. Doch Weiche erzielt fünf Minuten vor dem Ende per Kopf den glücklichen Siegtreffer. Das Zustandekommen des Flensburger Erfolgs interessiert morgen niemanden mehr, aber die Bilder von der Mannschaft mit dem Pokal bleiben für die Ewigkeit. Genauso wie die Schnappschüsse an den Wänden in der Sportschule Malente.

mm

SV Meppen – VfB Lübeck – 0:2

SV Meppen – VfB Lübeck – 0:2

„KURZ VOR DEM KNALL“

09.05.2021

3. Liga

Emslandstadion (Hänsch-Arena)

Zuschauer: 0 (offiziell)

MEPPEN – Bis zum bitteren Ende. Siegen oder fliegen hieß das Motto für den VfB Lübeck am Sonntag in Meppen, die den ersten Nicht-Abstiegsplatz in der 3. Liga einnehmen und mit drei Punkten oder einem Unentschieden mindestens sieben Punkte Distanz auf den VfB wahren konnten. Zwei Spieltage vor Schluss hieße das: Lange Gesichter bei den Gästen, denn jeder Punktgewinn für die Emsländer bedeutete in dieser Konstellation den Abstieg für Lübeck in die Regionalliga.

Bei fantastischem Frühsommerwetter finden sich allerlei Personen in und um das Emslandstadion ein. Ein Haufen Bullen und sonstige Ordnungshüter sichern Stadion und Gelände ab. Ich lass mir meine Akkreditierung aushändigen und spaziere in die Arena. Ein Mob Meppener findet sich an der Ecke zur Haupttribüne vor dem Stadion ein und macht sich über die 90 Minuten immer wieder akustisch bemerkbar. Auch haben sich einige Fans auf Stromkästen hinter dem blickdichten Zaun postiert und können so das Spielgeschehen teilweise verfolgen. Unmittelbar vor dem Anpfiff startet der Mob hinter dem eigentlichen Gästeblock – der bei meinem Erstbesuch in Meppen vor knapp 10 Jahren übrigens noch ganz anders aussah – eine kleine blau-weiße Pyro-Show. Leider verscheucht mich in dem Moment des ersten Knalls Ex-Nationalspieler und SVM-Geschäftsführer Ronald Maul von meinem exklusiven, aber offensichtlich nicht coronakonformen Platz, so dass ich nur unzureichende Fotos anfertigen kann. Das Spiel kann beginnen.

In einer zerfahrenen, vorsichtigen Partie passiert in der ersten Hälfte nicht sehr viel. Zwei Abstiegskandidaten in der 3. Liga, das kann schon mal ein zähes Vergnügen werden. Auch im zweiten Abschnitt spielt sich das Duell eher zwischen den beiden Strafräumen ab, bis Sebastian Hertner aus dem Nichts einen wunderbaren Steckpass auf Thorben Deters spielt, der alleine vor dem gegnerischen Keeper etwas überraschend zur Führung trifft. Jener Deters, dessen Vater in Meppen als Zweitligalegende und Rekordspieler gehuldigt wird, hat kurze Zeit später sogar die Chance auf das 2:0, trifft aber nur die Querstange. Meppen spielt sich in der Folge wütende Bälle zu, es fehlt aber deutlich an Struktur und so springen allenfalls Halbchancen heraus, was selbst gegen einen halbtoten Fast-Absteiger deutlich zu wenig ist. Der VfB erlaubt sich wenig Fehler, hat nun mehr Platz zum Kontern und ein Angriff kurz vor Schluss mündet in einem Elfmeter, den Martin Röser riskant aber sicher in der Mitte des Tores versenkt.

Bei den Treffern und nach dem Schlusspfiff herrscht bei mir und dem VfB-Staff eher ungläubiges Staunen, statt helle Begeisterung. Zu sehr hatte sich nach der herben 0:3-Pleite gegen Wiesbaden der Gedanke vom Abstieg eingenistet. Aber Totgesagte leben länger: Nun verbleibt eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt. Bis zum nächsten Freitag, denn dann kann Meppen mit einem Sieg in Saarbrücken die zarte Hoffnung schon wieder frühzeitig beenden. Doch immerhin verabschiedet man sich nun einigermaßen sauber aus dieser Spielklasse, wenn der SVM in Saarbrücken gewinnt.

Die Meppener haben die drei Punkte natürlich ebenfalls bitter nötig. Zwar ändert sich an den Tabellenplätzen nach dem Schlusspfiff nichts, doch die Verfolger lauern erfahrungsgemäß genau so, wie der harte Kern der Meppener, der das Team nach der Partie noch zur Rede stellt und das nach einem minutenlangen Dialog am Stacheldrahtzaun selbstverständlich Besserung gelobt. Aus neutraler Sicht spricht allerdings nicht viel dafür. Außer dass Totgesagte halt länger leben. Und das gilt natürlich nicht nur für die Grünen, die im Emsland nochmal mit einem Blauen Auge davongekommen sind.

mm

FSV Frankfurt – Bahlinger SC – 4:2

FSV Frankfurt – Bahlinger SC – 4:2

„DER SCHIEBER VON BUTZBACH“

08.05.2021

Regionalliga Südwest

Stadion am Bornheimer Hang (PSD Bank Arena)

Zuschauer: 0

FRANKFURT – Auch in Frankfurt sind die Geschäfte momentan mehrheitlich geschlossen. Ansonsten macht sich „Corona“ an diesem schönen Frühlingstag in der hessischen Finanzmetropole nicht sonderlich bemerkbar. In Bornheims Stadtmitte fühlt man sich im Markttreiben gar wie in der Portobello Road in dem Film „Notting Hill“, für den der gleichnamige Londoner Stadtteil Pate stand. Fußball wird natürlich wie eh und je gespielt und in einem ziemlichen Kontrast zu der aktuellen Verfügungslage steht auch die Veranstaltung beim FSV Frankfurt. Zunächst mal: In der Regionalliga Südwest geht es sowohl für die Bornheimer als auch für die Gäste aus dem Kaiserstuhlgebirge um gar nichts mehr.

Auch sonst kann man diesen unspektakulären Kick als ziemlich lockere Veranstaltung durchwinken. Die Tribüne ist für ein Geisterspiel gut besucht. Augenscheinlich tummeln sich auch einige Angehörige in dem Stadion, einem Betonpalast, keine zehn Jahre alt, der aussieht wie ein Neubau aus den 80er-Jahren – unförmig und grau. Das seltsame Gebäude, aus dem die Hintertortribüne besteht, könnte auch in der JVA Butzbach stehen. Aber egal, schließlich zählen ja die inneren Werte. Und da kann man sich vorstellen, dass man hier schöne Fußballnachmittage erleben kann, vor halbwegs gefüllten Rängen. Und außerdem: Das Catering hat man – im Vergleich zu anderen Vereinen – nicht gänzlich eingestellt und serviert seinen geladenen Gästen zumindest Getränke. Das heißt für mich und die meisten anderen Stadiongänger: Endlich mal wieder Live-Fußball und Bier. Das Leben kann so einfach sein…

Dieses Motto gilt auch für die Männer, die sich auf dem Rasen duellieren. Bei den Gästen vom BSC spielt der Trainer an der Außenlinie eine lebendige Rolle. Immer wieder kommandiert und gestikuliert Dennis Bührer – ehemaliger Profi in Freiburg und Dresden – seine Elf nach vorne. Mit Erfolg, denn die gut strukturierten Bahlinger gehen schnell und etwas überraschend mit 2:0 in Führung. Ein zweifelhafter Elfmeter und ein ganz feines Hinterkopfballtor sorgen für ein komfortables Resultat. Der Elfmeter produziert überdies die wunderbare Stilblüte, dass die halbe Tribüne – namentlich der Staff vom FSV Frankfurt – lauthals „Schieber“ ins Rund brüllt. Für mich jetzt schon ein Highlight des Jahres.

Kurz vor der Pause verkürzen die Frankfurter etwas glücklich durch einen Beintunnler zum 1:2. Und wie das immer so ist: Die Gästemannschaft, der Außenseiter, knickt ein. Da nützt den Badenern auch ein überragender Hasan Pepic nichts, der die Abwehrspieler zuvor im Alleingang nass gemacht hat und dessen Bruder Mirnes in den Bundesligen kein Unbekannter ist. Noch bevor man Geld bei Sportwettenanbieter platzieren kann, gleichen die Hessen mit dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit aus. Gerade mal 30 Sekunden sind vielleicht gespielt, da steht es nach einem Konter 2:2. Die derben Zwischenrufe in hessischer Mundart verstummen endgültig, nachdem man in Folge eines Eckballs durch den starken Abwehrspieler Jesse Sierck den Zwei-Tore-Rückstand in eine Führung dreht.

Die tapferen Gäste hätten einen Punkt verdient und geben nicht auf, treffen in der Nachspielzeit sogar den Pfosten, doch zuvor macht der Sohnemann von Torwartlegende Dieter Burdenski den Deckel drauf, in dem er einen Konter zum 4:2-Endstand veredelt. Dieser Fabian Herbert Burdenski kam irgendwann mal vom SSV Jeddeloh zum FSV Frankfurt und hatte zuvor schon – passend zu den aktuellen, restriktiven Verhältnissen im Fußball – fernab der öffentlichen Wahrnehmung in Polens Ekstraklasa ein bisschen Karriere gemacht. Ein würdiger Schlusspunkt dieser Partie ist schließlich, dass man mir das letzte Bier aus dem Kühlschrank aushändigt. In dieser Disziplin meldet der FSV Frankfurt heute „ausverkauft“.

mm

VfL Wolfsburg II – FC Carl Zeiss Jena – 0:1

VfL Wolfsburg II – FC Carl Zeiss Jena – 0:1

„BETONMONSTER MIT EINSCHUSSLÖCHERN“

11.04.2021

VfL-Stadion am Elsterweg

2. Frauen-Bundesliga-Nord

Zuschauer: 0 (offiziell)

WOLFSBURG – Wie sich die Zeiten ändern. Schon vor Jahren geisterten Gerüchte umher, das Stadion am Elsterweg sei dem Untergang geweiht. Vor zwei Jahren wurde der Abriss und Umbau für 2022 beschlossen. Corona kam dazwischen und so kickt die VfL-U21 aus der Damenabteilung immer noch in dem ehemaligen Bundesligastadion – und zwar aktuell als einzige Mannschaft im Verein, wenn auch immerhin in der 2. Frauen-Bundesliga.

Und genau da lag der Haken. Schon in der letzten Saison 19/20 kamen im Schnitt, nun ja, 70 Besucher in das große Rund. Trotzdem hatte ich die Konstellation mit den zweiten Damen am Elsterweg stets auf dem Zettel. Zehn Jahre habe ich kein Damenspiel mehr gesehen und obwohl ich kein Frauenfußball-Hater bin, konnte ich mich nicht dazu durchringen, einen Trip nach Wolfsburg mit Hauptspiel 2. Frauen-Bundesliga-Nord zu starten, muss ich gestehen.

Wo jetzt der Re-Start des Damen-Unterhauses bevorstand, war aber klar: Das musst du machen. Das VfL-Stadion, das ehemalige Bundesliga-Stadion, die Keimzelle des Vereins, mit einem „Geisterspiel“ der II. Damen zu kreuzen – mehr geht nicht, so eine Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Und so bin ich an diesem Sonntag im April einer von zwei Berichterstattern auf der Gästeliste. Im Innern selbst mache ich genau vier Personen ausfindig, die ich nicht dem jeweiligen Staff beider Vereine zuschlagen kann. Demgegenüber stehen drei oder vier Ordner, die äußerst streng ihren Dienst verrichten. Meine Bitte, die menschenleere Kurve mit der (ehemaligen) Anzeigetafel abzulichten, hat zur Folge, dass das Stadion kurzerhand abgeschlossen werden muss, weil mich der Ordner vom Einlass die zehn Treppen hoch zur Kurve begleiten will – damit ich keinen Unfug mache.

Trotz all dieser Widrigkeiten – und vom Wetter habe ich noch gar nicht gesprochen – hat sich der Trip aber gelohnt. Solche Überbleibsel aus dem letzten Jahrhundert findet man in Deutschland auch nicht mehr so oft. Stehplätze rundherum, ein irgendwie halbprovisorischer Oberrang – und das Herzstück: Die alte Haupttribüne, die unter Denkmalschutz steht und in das neue Sportpark-Projekt integriert werden soll. Von der alten Tribüne bröckelt der Beton auf die Sitze, abgesehen davon dass sie „alt & geil“ ist, findet sich an dem Bauwerk aber nicht so viel Erhaltenswertes. Die Tribüne aus den 60er-Jahren ist ein Betonmonster mit Einschusslöchern, das sehr wenig Komfort bietet und ohne weitere Funktionen daherkommt, wenn man dir Pressekabinen mal ausklammert. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Schöne Sache, das mit dem Denkmalschutz. Von alleine wäre ich aber nicht drauf gekommen.

Zum Sportlichen – und da war ich echt gespannt. Schon nach fünf Minuten fällt das erste und letzte Tor des Tages: Eine Gästespielerin namens Anna Weiß drischt den Ball aus kurzer Distanz nach einer Hereingabe an Torhüterin Almuth Schult vorbei ins Netz. Die Torfrau der VfL-Damen hatte bei mir vor dem Anpfiff für das einzige Aha-Erlebnis gesorgt. Beim Blick auf die Spielaufstellung kam mir der Name bekannt vor. Zusammen mit der unvergleichlichen US-Amerikanerin Hope Solo, wurde Schult 2014 zur Welttorhüterin ernannt, wie es immer so schön heißt. Wie kann das angehen, dass diese Weltfrau jetzt vor einer Handvoll Zuschauern in der 2. Liga kickt? Die Antwort liegt in der Natur der Sache: Im Herbst 2019 wurde Almuth Mutter von Zwillingen, was – zusammen mit den Ereignissen seit März 2020 – dafür gesorgt hat, dass die 64-fache Nationalspielerin fast zwei Jahre kein Pflichtspiel bestreiten konnte. Im Kader der ersten Mannschaft wurde sie gar zur Nummer 3 degradiert.

Da sage noch einer, es gäbe keine großen Unterschiede mehr zwischen Damen- und Herrenfußball. Ich bin froh, dass es nach fünf Minuten in der Kiste der Welttorhüterin klingelt, denn das bedeutet für meine bescheidene Statistik: 150. Spiel in Deutschland in Folge ohne 0:0! Über den frühen Treffer kann ich auch wirklich froh sein, denn bis auf eine weitere Jena-Chance direkt im Anschluss, passiert vor den Toren in dieser Partie fast gar nichts mehr. Der Ball findet zwar oft den direkten Weg nach vorne, aber in die Box gelangt er nur sehr selten. Im Grunde genommen ist es ein echter Grottenkick.

Trotzdem übe ich mich als aufmerksamer Beobachter: Man(n) sieht den Protagonistinnen definitiv an, dass viel und hart trainiert wird. Wolfsburg fällt durch einen wirklich geringen Altersschnitt auf. Bei Jena misst die Stürmerin, die fast alle Bälle anzieht, gerade mal 156 Zentimeter. Auch kann man beiden Teams bescheinigen einer bestimmten Spielidee zu folgen. Insgesamt unterlaufen den Mädels nur wenig wirkliche Fehler. Bei Jena wird früh gepresst, nach Ballgewinnen schickt man die schnellen Außenspielerinnen mit Vertikalpässen nach vorn. Das mündet auch recht schnell im Siegtor für den letzten DDR-Meister im Frauen-Fußball, der letztes Jahr im FC Carl Zeiss aufgegangen ist und zuvor als FF USV Jena bekannt war. Was die Präzision, Athletik, das Tempo und die Körpersprache angeht, so muss ich sagen, habe ich diese Ground-Konstellation mit den II. Damen nicht ganz zu Unrecht all die Jahre aufgeschoben. Doch da der Besuch in Wolfsburg damit nun abgeschlossen ist, will ich es bei diesen Worten belassen.

mm

1.FC Köln II – VfB Homberg – 5:2

1.FC Köln II – VfB Homberg – 5:2

„FRANZ KREMER, ÜBERNEHMEN SIE!“

10.04.2021

Franz-Kremer-Stadion

Regionalliga West

Zuschauer: 0 (offiziell)

KÖLN – Nachdem ich nun ein halbes Jahr artig zu Hause den Anweisungen der politischen Leitfiguren Folge geleistet habe und Corona immer noch in ungeahnten Dimensionen grassiert, wurde es jetzt mal Zeit für einen Strategiewechsel: Weg von der Einzelhaft, raus aus der Isolation, rein in das Massentransportmittel, das unter normalen Umständen teurer als eine Einzelfahrt mit dem Auto nach Köln ist. Das könnte ich jetzt schreiben, wenn ich cool wäre. Aber ich bin einfach nur ein ganz normaler Junge, der ein bisschen Fußball gucken will. Ein drohender Zahnriemenschaden bei meinem Auto zwang mich auf die Schiene und so feierte das beklemmende Gefühl, morgens um 7.46 Uhr möglicherweise schon den ersten Anschlusszug zu verpassen, ein ungeahntes Comeback.

Ich gehöre natürlich zum Pöbel und bin kein „sogenannter Experte“, aber im Zug stundenlang Maske tragen, in der ganzen Kölner Innenstadt sowieso, am Klettenbergpark dann mal 10 Minuten ohne Mundschutz, beim Fußball wieder rund drei Stunden mit Maske. Ob das so eine gute Idee ist, in jeder x-beliebigen Situation mit so einem Ding im Gesicht rumzulaufen, von irgendwelchen Leuten angegeifert zu werden, wenn man seinen Gesichtserker mal lüftet und im Umkreis von 10 Metern keine Menschenseele zu sehen ist? Schnell ist so ein Teil durchfeuchtet und das, obwohl man sogar zwei Ersatzmasken im Gepäck hat. Das fördert ohne jeden Zweifel den sorglosen Umgang mit dieser Virenklette. Die Maske ist in Deutschland die heilige Kuh, aber Hysterie wird die aktuellen Probleme wohl eher nicht lösen. Was soll’s, wir drehen uns im Kreis.

Mit Köln empfängt mich an diesem Samstag im April eine Stadt eingehüllt in einen dicken Trauerschleier. Bereits im Bergischen Land künden die letzten Schneereste von harten Zeiten. Ich war schon einige Male in der Domstadt und stets gipfelte der Aufenthalt in einer großen Gaudi, aber nicht nur das graue Wetter und der permanente Regen hat der Stadt den Zahn gezogen. Die wenigen Menschen auf der Straße reden nicht miteinander. Jeder geht nur schnell seiner Wege. Touristen gibt es fast gar nicht. Verständlicherweise. Und die, die sich in der Stadt tummeln, spulen ihren Betrieb im Notprogramm runter. Keine Läden sind geöffnet und wenn doch, hat man den Eingangsbereich verrammelt und einen provisorischen Tresen davorgestellt. Die Barrikade für den Hurrikan. In der Schaufensterscheibe eines Geschäfts liest man: „Alles 50% reduziert wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage“. Trotz dieser Maßnahmen titelt der „Express“: „Corona-Alarm in Köln – Krisenstab greift durch!“. Sämtliche Widerstände sind erloschen. Vielleicht wird es doch mal Zeit für einen Strategiewechsel.

Fußball wird dennoch gespielt und das nicht zu knapp. Natürlich ist das strange, dass die Regionalliga im Westen weiterläuft. Aber angesichts dieser endzeitlichen Zustände auch wieder wohltuend. Vor dem Stadion treffe ich tatsächlich einen alten Hamburger „Kollegen“ und im Ort des Begehrens mache ich die Bekanntschaft mit einem der Fotografen. „Geisterspiele“, das ist wohl relativ. Mittlerweile würde ich sogar so weit gehen, dass diese Art der Durchführung auch einen gewissen Reiz mitbringt. Das Stadion liegt im letzten Zipfel der Stadt, irgendwo zwischen Autobahn und Wald, und ist ein echtes Schmuckstück mit seiner 70er-Jahre-Tribüne, dem gezackten Betondach und alten Stehplätzen, die sich rund um die Anlage ziehen. Nebenan findet man mit dem „Geißbockheim“ die Geschäftsstelle des Großstadtklubs.

Im Dauerregen von Köln-Sülz geht der FC zunächst standesgemäß in Führung, ehe der akut abstiegsbedrohte Gast aus Duisburg erst ausgleicht und mit einem starken Schuss kurz vor der Pause sogar zur Halbzeitführung trifft. Nicht zuletzt angesichts der Witterungsverhältnisse gewinnt man durchaus den Eindruck, dass die limitierten Gäste das Ergebnis vielleicht über die Zeit retten können. Doch dann fällt nach rund einer Stunde der Ausgleich und die Moral der Homberger ist bald gebrochen. Köln trifft noch drei weitere Male. Torschützen: Regionalliga-Legende Lucas Musculus, der pfeilschnelle Koreaner Hwang und ein junger Bursche namens Joshua Schwirten, der mit einem wunderbar platzierten Schuss in den Winkel den würdigen Schlusspunkt in dieser Partie setzt und bei dem uns auffällt, dass er in der ersten Halbzeit die ganze Zeit zwei Sitze vor uns gesessen hat.

Nach dem Abpfiff geht es wieder zügig Richtung Stadt, wo dem „Poldi“-Döner „Mangal Grill“ ein Besuch abgestattet wird. Der gute Podolski hat bei seinen Dönerläden nicht mit Starkult in eigener Sache gegeizt, an dem Dürum ist auch nicht viel auszusetzen, aber der Preis von 6 Euro ist doch ziemlich happig. Naja, da bezahlt man den Namen natürlich mit und wenn ich mir schon einen Poldi-Döner gönne, wird bei seiner großen Beliebtheit der Dönerspieß in den mittlerweile vier Filialen wohl trotzdem auf eine beachtliche Drehzahl kommen.

Zum Schluss gilt es festzuhalten, dass das natürlich alles nichts ist, im Regen durch eine fremde Stadt zu laufen, in der „Verweil-Verbote“ gelten, die keinerlei legale Möglichkeiten für eine Indoor-Rast bietet. Aber jedes Wochenende zu Hause auf der Couch zu hocken, ist halt irgendwann auch keine Lösung mehr. Der Namensgeber des Stadions galt in Köln nicht umsonst als unumstrittener Präsident und wird heute als Urvater der modernen Bundesliga gefeiert. Da würde man am liebsten sagen: Franz Kremer, übernehmen Sie!

mm

KFC Uerdingen 05 – VfB Lübeck – 1:1

KFC Uerdingen 05 – VfB Lübeck – 1:1

„DAS ENDE EINES LOTTERLEBENS?“

12.03.2021

3. Liga

Stadion am Lotter Kreuz

Zuschauer: 0 (offiziell)

LOTTE – Nun ist es also so weit, seit ziemlich genau einem Jahr bestimmt die Politik das öffentliche Leben und begründet diese Schritte mit einem neuartigen Virus, das unser Leben gefährdet oder gefährden soll. Am 12. März 2020 fing für mich dieser „Pandemie“ genannte Zustand an. Am Vortag konnte noch ganz unbeschwert ein A-Jugend-Spiel verfolgt werden, einen Tag später – einem Donnerstag – wurden sämtliche Fußballspiele in der Bundesrepublik abgesagt. Grund genug einen damals anstehenden Wochenend-Trip nach Flensburg sofort zu stornieren, denn nicht nur das angepeilte Regionalliga-Spitzenspiel vom SC Weiche 08 gegen den einstmaligen Tabellenführer aus Lübeck fiel den Maßnahmen zum Opfer – das ausgeheckte Ersatzprogramm ganz ohne Fußball konnte nicht überzeugen und schließlich wollten wir alle, naja, Menschenleben retten. Wer will in Flensburg schon tot über’n Zaun hängen?

365 Tage später: Das Ende eines Lotterlebens? Mitnichten, aber wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass ein Auswärtsspiel vom Tabellenletzten der 3. Liga ohne Zuschauer in Lotte gegen den KFC Uerdingen Erwachsenen-Augen zum Leuchten bringt? Doch wenn wir mal ehrlich sind: Das passt zu diesem traurigen Jubiläum – bei absolutem Scheißwetter, Orkanböen und strömendem Regen. Schon verrückt, manchmal wird einem Wasser als Wein verkauft. Aber letztlich auch egal, wenn das Zeug wirkt. Vom DFB ist das natürlich gewollt – dort sitzt man zufrieden in der Verbandszentrale, wenn Uerdingen Lübeck in Lotte empfängt, einem Ort, der so klein und unbedeutend ist, dass man dort noch nicht mal einen Regenschirm kaufen kann, wenn es wie aus Eimern schüttet. So deute ich zumindest die völlig überzogenen Auflagen für die 3. Liga und werde nicht müde, diesen Umstand bei jeder Gelegenheit zu betonen. Das „Frimo“-Stadion jedenfalls wurde vom Verband drittligaklassifiziert und es mag UEFA-Mitgliedsländer geben, die an so einem Veranstaltungsort ohne weiteres ihre Länderspiele austragen wollen würden, während sie sich in Lotte auch schon vor Corona mit vermeintlichen Geisterspiel-Kulissen ausgekannt haben…

Es dauert nicht mal zwei Minuten, da bin ich im Stadion. So eine Pandemie hat auch was Gutes: Parken im Schatten der Tribüne, ein paar Unterschriften und Absichtserklärungen vorzeigen und schon ist man drin. Nicht viel los in Lotte und das gilt wohl auch zu Geisterspiel-Zeiten: Eine Handvoll Journalisten, unabkömmliche Mitarbeiter beider Vereine, der Stadionsprecher, Ersatzspieler und Kaderleichen. Und ich – der Mann, ohne den eine Paarung Uerdingen gegen Lübeck in Lotte vor leeren Rängen definitiv keinen Sinn ergeben würde. Ich könnte jetzt pathetisch werden, wie ergreifend es ist, nach so langer Zeit mal wieder ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft zu sehen und so weiter und so fort. Aber in erster Linie ist es eine gute Stunde vor dem Anpfiff erstmal nur kalt & langweilig.

Grausam und schrecklich wären zwei weitere Eigenschaften, die auf dem Tisch liegen, wenn die Mannschaft mit den wenigsten geschossenen Toren der laufenden Saison auf die Elf mit der geringsten Punktausbeute trifft. Aber es kommt natürlich anders, sonst würde man halt auch nicht jedes Wochenende bei Wind und Wetter irgendwelche Autobahnen hoch- und runterbrettern. Zumindest zu normalen Zeiten. Schon nach sieben Minuten geht Uerdingen durch einen Kopfball von Adriano Grimaldi in Führung. Mit der ersten Chance. Es folgt beherzter Fußball von den Gästen und es mehren sich die Gelegenheiten zum Ausgleich, der einfach nicht fallen mag. Uerdingen spielt sich im ersten Abschnitt keine einzige Chance vor dem gegnerischen Tor mehr heraus und muss trotzdem nach der Pause sofort das 2:0 nachlegen, denn eine Hereingabe von Mike Feigenspan landet nur auf dem Querbalken und bei einem elfmeterreifen Foul vertritt Spielleiter Patrick Glasner eine Meinung, die den Forderungen des KFC-Staffs konträr gegenüber steht, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Krefeld drückt auf das 2:0 – und wieder kommt es anders. Kein Wunder, ich bin ja auch dabei. Und meine letzte VfB-Niederlage als Augenzeuge datiert aus dem Jahre 2017. Vier Jahre keine Pleite live vor Ort miterlebt, Bayern-Fans lieben diesen Trick. In diesem Falle kommt man aber nicht daran vorbei festzustellen: Corona ist mein Glück. Dennoch agiert der VfB in der zweiten Halbzeit nicht wie ein Schlusslicht und nach einer Triple-Chance in Folge einer Ecke ist es schließlich Ryan Malone, der das Kunstleder aus rund 20 Metern in die Maschen drischt und mich als Glücksbringer bestätigt. Ausgerechnet Malone, der hünenhafte US-Amerikaner, den man wahrscheinlich auch für einen Footballer halten könnte, jubelt ikonenhaft im Dauerregen irgendwo im Nirgendwo im Tecklenburger Land und lässt alle Beteiligten Corona und die Geisterspiel-Kulisse für einen Moment vergessen. Tatsächlich leisten die Spieler auf dem zerfurchten Rasen ganze Arbeit und füllen einen Großteil der Spielzeit das Vakuum, das das Zuschauerverbot hinterlassen hat.

In der allerletzten Minute des Spiels zieht ein KFC-Akteur von der Strafraumgrenze ab und der Ball streicht nur Zentimeter über das VfB-Gehäuse. Schließlich ist es vorbei mit dieser Veranstaltung. Der Schiedsrichter pfeift das Duell ab – und dann: Stille. Ich applaudiere den Protagonisten des Abends für ihre Darbietungen und mein leicht euphorisiertes Geklatsche gilt allen Beteiligten, egal welcher Farbe. Denn so ein Leistungsnachweis bei diesem Sauwetter, da kann man ruhig mal Beifall spenden. Allerdings höre ich ziemlich abrupt auf zu klatschen, denn ich bin der einzige Zuschauer, der den Akteuren auf diese Weise Respekt zollt. Um mich herum packen die wenigen Beobachter dieser Partie zügig ihre sieben Sachen ein und verschwinden. Wieder mal ist bloß ein Geisterspiel zu Ende gegangen.

mm

FC Schalke 04 II – VfB Homberg – 2:0

FC Schalke 04 II – VfB Homberg – 2:0

„ILLEGAL 2021“

27.02.2021

Neues Parkstadion

Regionalliga West

Zuschauer: 0 (offiziell)

GELSENKIRCHEN – Der heißeste Geisterspiel-Scheiß aus der Regionalliga West – na, wenn das mal kein Grund ist sich für diese Seite ein freiwillig-kostenpflichtiges und teilweise-unnötiges Abo ans Bein zu nageln! Wie wäre es mit dem „Gönner-Abo“? 10 Jahre für 1,99€ und dazu einen kostenlosen Hochdruckreiniger eines deutschen Markenherstellers – geschenkt! Das Angebot greift allerdings erst ab einem Corona-Inzidenzwert von unter 35 und ist nur bis zum 7. März datiert. Merkste selbst, oder?

Genug gelacht, denn Ende Februar fällt es coronabedingt immer noch schwer die Lachmuskeln nach oben zu ziehen. Doch hier und da rauscht ein kleiner Lichtblick durch die Wolkendecke. Schalke ist so ein Lichtblick. Jetzt wird’s richtig lächerlich, könnte man denken. Zu Recht: Wo die Profis mit sage und schreibe 9 Punkten aus 23 Spielen im nahenden Frühling Nichtabstiegs-Durchhalteparolen in die Welt setzen. Zum Glück gibt es den Amateurfußball und die Regionalliga West, die sich in diesen Zeiten zwecks Weiterführung des Spielbetriebs in eine offizielle Profi-Liga gewandelt hat und daher natürlich viel Wert auf qualitative Berichterstattung von ausgewählten Reportern live vor Ort legt.

Darum geht es an einem Samstagmorgen 400 Kilometer aus dem schönen Hansetal Richtung Gelsenkirchen. Gewohnt früh fädel ich mich mit meiner kleinen Blechkapsel auf der menschenleeren A1 ein, dort wo sonst Verkehrsbehinderungen warten rauscht man nun im dreistelligen Tempo völlig gefahrlos an chronischen Stauenden vorbei. Überpünktlich trudelt man in Gelsenkirchen ein. Die Arbeiterstadt im Westen – oft belächelt, aber in diesen Tagen mal eine nette Abwechslung. Dank der verfrühten Ankunftszeit wird gegen Mittag noch das „Fürstenbergstadion“ angesteuert, in der Hoffnung, dass der nahende Umbau dort noch nicht begonnen hat und man die traditionelle Anlage von innen und außen nochmal begutachten kann. Vor Ort die Enttäuschung: Abrissbagger haben bereits alle Stehstufen angeknabbert und den Zaun kann man auch nicht überwinden.

Das Alternativ-Programm ist ähnlich gruselig wie ein Stadionabriss: Auf einen kleinen Sprung geht es rüber ins etwa zehn Kilometer entfernte Gladbeck, in die Schwechater Straße 38, dort wo im August 1988 das sogenannte „Geiseldrama von Gladbeck“ begann. Ein bisschen Asi-Crimespotting in der Nachbarstadt, ein altbewährter Klassiker für Groundhopping-Erstsemester auf Schalke, ich weiß nicht wie ich mir in der Gegend sonst die Zeit vertreiben soll. Spötter mögen nun behaupten: Das Hochhaus in Rentfort-Nord – die größte Touristenattraktion Gelsenkirchens. Auf jeden Fall ist es ein düsterer Ort mit morbidem Charme. So wie aktuell wahrscheinlich auch die Veltins-Arena, wenn dort Bundesliga-Fußball stattfindet.

Doch ein Fußballspiel in der Veltins-Arena wird heute um 14 Uhr nicht angepfiffen. Stattdessen spielt die U23 im neueröffneten Parkstadion, das allerdings nur aus einer Tribüne besteht. Die aber, hat es in sich: Die „Knappen“ haben die Gegengerade des 74er-WM-Stadions original erhalten und mit neuen Wellenbrechern flott für die Zukunft gemacht. Selbst die Holzbänke sind die gleichen wie früher und sogar der alte Schüttbeton entpuppt sich irgendwie als sehr schöner Unterschied zu den Betonfertigteilen heutiger Zeit. Hinzu kommt das Markenzeichen der Anlage: Ein alter Flutlichtmast überragt ikonisch das ehemalige Oval. Hört sich komisch an in diesen Tagen – ein Kompliment für Schalke: Das habt ihr richtig gut gemacht!

Ob bei einem Heimspiel gegen den VfB Homberg unter normalen Bedingungen 100 Zuschauer kommen würden? Ich weiß nicht. So ähnlich fiel meine Wahrnehmung jedenfalls in Nicht-Pandemie-Zeiten aus, wenn ich über Schalke II nachgedacht habe. Daher drückt es nicht auf die Stimmung, dass sich im „Infield“ nur etwa 40 bis 50 Pressevertreter und Vereinsnasen zusammenfinden, gut 70 bis 80 Zaungäste rund um das Areal kommen hinzu. Sogar auf einem Parkhaus in gut 100 Metern Entfernung sind Menschenmengen auszumachen. Illegal 2021. Vor dieser Pandemie waren solche Spiele wahrscheinlich kaum besser besucht. Das Schalker „Sicherheitspersonal“ hinterlässt einen äußerst entspannten und deeskalierenden Eindruck in Bezug auf das „illegale“ Publikum. Eine nette Veranstaltung vor „null Zuschauern“, wer hätte das gedacht? Hinter dem Zaun neben dem Kassenhäuschen hat sich eine Berliner Reisegruppe versammelt, aus der ich ein Mitglied natürlich bestens kenne. Pünktlich zum Anpfiff schält sich die Sonne aus ihrem Wolkennest. Es ist angerichtet. Bei meinem letzten Fußballspiel als Zuschauer schrieb ich noch was von den „allerletzten Zuckungen des Spätsommers“, jetzt ist der Winter fast schon wieder vorbei. Von nun an geht es aufwärts.

Das gilt auch für Schalke. Aber nur für die zweite Mannschaft. Königsblau macht Druck, erarbeitet sich bis auf einen frühen Pfostentreffer jedoch keine Chancen. Wie bei so vielen Nachwuchsmannschaften glänzen die Jung-Profis durch gute Ballkontrolle. Wenn’s drauf ankommt, bricht man aber irgendwie nicht in den Strafraum durch. Homberg kommt gegen Ende der Halbzeit ein paar Mal nach vorne. Bei den Duisburgern wird die Nummer 2 im Angriff gesucht und die gehört zu Samed Yesil. Einst Supertalent bei Bayer Leverkusen, Mitte des letzten Jahrzehnts für eine Millionensumme zum FC Liverpool transferiert. Dort legten ihn Kreuzbandrisse lahm und mittlerweile kommt er über die Rolle des Mitläufers beim VfB Homberg nicht mehr hinaus. Tor- und trostlos geht es in die Pause.

Während die Profis schon bald beim VfB Stuttgart in Rückstand geraten, hämmert S04-Talent Brooklyn Ezeh ein paar Minuten nach dem Wiederanpfiff einen Freistoß aus rund 20 Metern mit voller Wucht in den Giebel. Fühlt sich gut an, so ein Tor! Das abstiegsbedrohte Homberg kämpft leidenschaftlich um den Anschluss und hat einen Treffer verdient, womit so eine Partie freilich einen ganz anderen Verlauf nehmen kann. Doch in dem entscheidenden Augenblick des Spiels liegt das Moment auf Seiten der Heimelf, die einen Konter in Person von Jan-Luca Schuler, der schon Bundesliga-Luft schnuppern durfte, erfolgreich zur Vorentscheidung abschließt.

Man kann es kaum glauben, auch die zweite Mannschaft wies bis zu diesem Zeitpunkt eine Negativserie von sieglosen Spielen auf und konnte mit dem Erfolg die ersten drei Punkte in diesem Jahr einfahren. So weit ist man bei den Profis noch nicht, denn spätestens nächsten Tag ist auf Schalke wieder alles beim Alten: Nach der Bundesliga-Niederlage in Stuttgart entlässt der Revierklub die halbe Belegschaft. Unter anderem Trainer Gross, Sportvorstand Schneider und Lizenzspielkoordinator Riether werden am Sonntagmorgen „rausgekärchert“ und beurlaubt. Alles wie bisher in der Fußballwelt. Denn auch wenn dieses „Geisterspiel“ Spaß gemacht hat: Wir warten weiter auf „freizugänglichen“ Fußball.

mm