BSV Kickers Emden – SV Meppen – 1:0

BSV Kickers Emden – SV Meppen – 1:0

„EMDEN-MEPPEN UND SONST NICHTS“

02.08.24
Ostfriesland-Stadion
Regionalliga Nord
Zuschauer: 6.200

EMDEN – Nach sehr interessanten, aber durchaus kräftezehrenden Wochen rund um den halben Globus, wurde es Zeit für ein Wochenende mal wieder ein bis zwei Gänge runterzuschalten. Das geht für mich am besten in der alten Heimat – im idyllischen Ostfriesland. Selbstverständlich checkte ich vorher den Spielplan und idealerweise setzte der NFV für den Freitagabend das „Freundschaftsduell“ Emden gegen Meppen an. Die Schlagzeile der örtlichen Käsezeitung: „Saisonauftakt vor großer Kulisse steht bevor“, nährte die Hoffnung auf einen schönen Fußballabend.

Die Kollegen behielten Recht. Emden hatte unter der Woche bereits 4.000 Karten abgesetzt und letztlich fanden 6.200 Zuschauer den Weg ins Ostfriesland-Stadion. Eine Wahnsinnszahl für die fußballerisch nicht gerade erfolgsverwöhnte Region und so viele wie seit Drittliga-Zeiten vor 15 Jahren nicht mehr. Aufgrund des Andrangs musste der Anpfiff auch um 15 Minuten verschoben werden. Das kleine, rustikale Stadion mit drei Stehtribünen nah am Spielfeldrand lädt definitiv zum Knipsen ein.

Über 1.000 Gäste aus dem Emsland fanden den Weg ins Stadion, wobei sich diese neben dem gut gefüllten Gästeblock auf allen Tribünen mit den Heimfans mischten. Zusammen wurde „Gute Freunde kann niemand trennen“ angestimmt und kurz darauf verlieh man der Antipathie gegenüber dem gemeinsamen Feind aus Oldenburg Ausdruck. Zum Einlauf der Mannschaften zeigte Meppen ein blau-weißes Fahnenintro. Emden gab nach ungefähr zehn Minuten Rauchzeichen mit blauen und weißen Rauchtöpfen, wobei der Effekt aufgrund des Windes schnell verflog.

Auf dem Feld hätten die angenehmen Temperaturen und der Sonnenuntergang in Zeitlupe durchaus zu lockerem Sommerfußball verleiten können. Sahen zumindest die Gastgeber aber nicht so und gaben vom Start weg den Ton an. Meppen kam gar nicht in die Partie und schon nach fünf Minuten klatschte der Ball nach einem Kopfball gegen die Latte. Emden versiebte zunächst weitere Großchancen, aber nach fast einer halben Stunde traf Schiller nur folgerichtig zum 1:0. Wirklich laut fiel der Torjubel nicht aus und teilweise wirkten die Leute ungläubig. Verkehrte Rollen.

Nach einer höchstwahrscheinlich deftigen Ansage in der Kabine, kam Meppen besser raus und entwickelte mehr Zug zum Tor. Allerdings machte eine frühe Gelb-Rote den Schwung zunichte. Statt auf die Entscheidung zu drängen, blieben die Gastgeber vorsichtig und brachten den Vorsprung über die Zeit. Sportlich ein gebrauchter Tag für den SVM, die in der Nachspielzeit noch eine überzogene rote Karte wegen Tätlichkeit hinnehmen mussten. War an diesem Abend für die Fans aber nebensächlich, denn das Motto lautete: Emden-Meppen und sonst nichts. (hr)


BSV Kickers Emden – FC Hagen/Uthlede – 4:1

BSV Kickers Emden – FC Hagen/Uthlede – 4:1

27.10.2019

Niedersachsenliga

Ostfriesland-Stadion

Zuschauer: ca. 600

„ICH BIN DOCH NICHT BLÖD!“

EMDEN – Die Stadt wirkt ein wenig wie eine Zeitreise. Nach unfreiwillig verlängerter Bahnfahrt, geht es an einem der letzten schönen Herbsttage zu Fuß direkt von der Delft – so nennen die Emder ihren Binnenhafen – zum Ostfriesland-Stadion. Vorbei an gut hundertjährigen Klinker-Siedlungen für die Hafenarbeiter, immer begleitet von stattlichem Wind. Unglaublich: Da fährt man fast fünf Stunden mit dem Zug durch’s Land und die Leute sprechen immer noch Plattdeutsch.

Die Behausung der Kickers steht dem ersten Eindruck der Stadt in nichts nach: Das sieht nach vorkommerzialisiertem Fußball aus! Dafür muss man heutzutage nicht nur sinngemäß an den Rand der Republik fahren. Tatsächlich waren die Kickers vor 10 Jahren bekanntlich im Konzert der „Großen“ dabei – Gründungsmitglied der 3. Liga. Am Ostfriesland-Stadion hat man selbst für die damalige Zeit wenig getan. Eine alte, irgendwie schiefe Tribüne, rundherum angegraute Betonstufen – und fertig ist das Profi-Stadion. Nichts mit Business-Seats oder so. Am 23. Mai 2009 fand hier das letzte Spiel unter professionellen Bedingungen statt. Unglaublich aber wahr: Der heutige Bundesligist Union Berlin wurde mit 3:2 aus dem Stadion geschossen. Kann man sich zehn Jahre später kaum vorstellen. Alles wirkt so nah, unaufgeregt und dabei ein bisschen provinziell.

Alles was den Kickers aus Drittliga-Zeiten geblieben ist, sitzt auf der Trainerbank und hört auf den Namen: Stefan Emmerling. Kein Scherz. Damals gegen Union, saß der ehemalige Bundesliga-Spieler auch schon an der Seitenlinie. Freilich hat Emmerling nicht die vollen zehn Jahre zwischen diesen beiden Spielen gestern und heute im Verein verbracht. Nach finanziellen Problemen und einem Durchmarsch bis in die Niederungen der Landesliga, spielen die Emder seit dieser Saison wieder fröhlich in der höchsten Verbandsspielklasse Niedersachsens mit und positionieren sich dort im sicheren Mittelfeld.

Das Spiel beginnt mit einem Paukenschlag: In der 3. Minute fliegt der Ball in meine Richtung. Ich stehe auf und köpfe die Kugel intuitiv ins Spiel zurück. Ich kann nicht anders. Ich bin Fußballer. Und mir ist natürlich die Legende von dem berühmten englischen Groundhopper bekannt, der die Plätze nur zählt, wenn er einen Ball zurückgeköpft hat. Also zurücklehnen – Soll erfüllt. Kurz nach meiner Kopfballszene fällt nach einem Torwartfehler auch gleich das überraschende 0:1. Die Gäste aus dem Landkreis Cuxhaven, die letztes Jahr in die Niedersachsenliga aufgestiegen sind, bereichern die Liga mit einem sehr guten Zuschauerschnitt und sind auch am Dollart mit überraschend vielen Leuten aufgekreuzt. Ein paar ältere Hagener sitzen vor uns und mit ihnen und einigen alteingesessenen Ostfriesen gibt es harte, aber witzige Wortgeplänkel. Nach meiner Kopfball-Aktion bekomme ich eine Rüge von einem Gast: „Was soll der Blödsinn?“. Dabei hat die ganze Tribüne nach dem gelungenen Kopfball applaudiert.

Noch vor der Pause schafft Emden sehenswert per Distanzschuss den Ausgleich. Bei Hagen/Uthlede fällt ein Zweimeter-Stürmer auf. Die Kickers spielen behände, der Gast kommt eher über die körperliche Komponente. In der Halbzeit gibt es „die besten Krabbenbrötchen“, wie der Stadionsprecher nicht müde wird zu betonen. 4,50 € für ein Krabbenbrötchen beim Fußball, das ist auf jeden Fall ein sehr fairer Preis. Dafür kriegt man in der Bundesliga noch nicht mal ein kleines Bier. Das beste Krabbenbrötchen, naja, zumindest hat es geschmeckt wie ein Krabbenbrötchen und sah so aus.

Auch Emden hat einige „Trommelleute“ älteren Semesters im Publikum verteilt. Zudem gibt es auf einer Hintertorseite eine kleine Support-Area, die heute allerdings nicht gut aufgelegt ist, wenig Leute zählt und mit einem Spruchband gegen irgendetwas Vereinsinternes demonstriert („Gäste im eigenen Stadion – wollt ihr das?“). Die Stimmung wird auf der Tribüne erzeugt und die reagiert spielbezogen. Das ist genau die richtige Methode und passt wunderbar zu den Bedingungen im Ostfriesland-Stadion, mit seinem tiefen Boden und der steifen Brise. Die Kickers spielen auf Sieg und Hagen gehen allmählich die Ideen aus. Die Führung ist nur eine Frage der Zeit und kurz nach der Pause macht die Heimelf per Doppelschlag kurzen Prozess.

Der FCHU spielt die zweite Hälfte gefällig runter, hat dem Gegner aber nichts mehr zuzusetzen. Nach einem Konter fällt eine Viertelstunde vor Schluss der Endstand. Das bringt letztlich selbst die Dame aus Hagen zum Schweigen, die mich nach dem Kopfball ausgeschimpft hat. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.