RC Lens – Toulouse FC – 0:1

RC Lens – Toulouse FC – 0:1

„WILLKOMMEN BEI DEN SCH’TIS“

05.01.2025
Stade Bollaert-Delelis
Ligue 1
Zuschauer: 37.461

LENS – Zum Jahresauftakt ging es für zwei Landboten und einen Gastbeitragsschreiber nach Belgien und Frankreich. Während wir uns zwei Tage nur von Schmierfraß ernährten, wurden zwei Grounds in Belgien und der Lille OSC gekreuzt. Zum Abschluss der Tour fuhren wir in die Region der Sch’tis. Halbwegs unkompliziert stellten wir das Auto in Stadionnähe ab und wollten unseren Zettel gegen ein richtiges Ticket umtauschen. Hardtickets gibt’s hier aber leider nicht mehr. Die Jungs vor uns an der Kasse haben auch nur ein Print-at-Home Ticket an der Tageskasse bekommen. Schöne neue Welt im Norden von Frankreich. Vorm betreten des Stadions haben wir uns für acht Euro natürlich noch eine absolute Schmierplatte in die Figur gejagt, die den Magen bis zur Ankunft im gelobten Schwechheimer Land voll ausfüllte.

Im und am Stadion haben wir dann gleich das erste Mal gemerkt, warum die Südfranzosen behaupten, dass die Nordfranzosen nicht die hellsten sind. Überall um das Stadion herum wurden Tafeln aufgehängt, was mit ins Stadion genommen werden darf. Unser Fotograf hatte schon Angst, dass er seine Objektive nicht mit ins Stadion kriegt, aber die Angst war für die Katz, denn der gute Sch’ti kontrollierte uns gar nicht wirklich. Er fand nur unsere Jacken sehr nett. Unbemerkt konnte sich auch noch ein Relikt aus der Silvesternacht ins Stadion schummeln. Der Böller machte somit am Wochenende zwei Länderpunkte und fuhr wieder mit nach Hause. Auf der Tribüne wollte ein Familienvater mit uns über unsere Plätze verhandeln und eine Frau hat nicht kapiert, dass sie aufstehen muss, wenn Leute durch die Reihe zur Treppe gehen müssen. Es sind nur drei kleine nette Anekdoten, die bitte nicht zu ernst genommen werden sollen.

Kurze Zeit später gab es keine komischen Begegnungen mehr mit Franzosen und wir konnten uns voll auf das Spiel konzentrieren. In der ersten Hälfte hatte Lens das Spiel unter Kontrolle, aber ein Tor wollten sie mit ihrer Spielweise nicht erzielen. Jede Flanke musste mit dem Außenrist geschlagen werden und kam natürlich nie an. Das Spiel gaben sie in der zweiten Hälfte völlig aus der Hand. Nach rund 60 Minuten flog der in der Halbzeit eingewechselte Portugiese nach einem Foul im Mittelfeld vom Platz, kurz darauf hätte eigentlich noch ein Spieler duschen gehen müssen und zum Überfluss gab es dann auch noch einen Elfmeter für Toulouse. Diesen verwandelten die Gäste souverän und jubelten Provokant. Das brachte das Fass auf den Rängen zum Überlaufen. Es flogen Gegenstände und es wurde ohne Ende gepfiffen. Zum Abpfiff gab es dann auch noch einen einzigen Rauchtopf bei den Ultras zu bestaunen.

Die Besonderheit hier in Lens ist, dass die Ultras auf der Längsseite Höhe Mittellinie stehen. Allgemein hat das Stadion auf drei Seiten im Unterrang Stehplätze. Sowas habe ich bislang im Profifußball kaum gesehen. Dazu ist jede Tribüne eigenständig und hat keine Verbindung zu den anderen. Dadurch wirkt es ein bisschen British. Im Großen und Ganzen ein cooles Teil in Nord-Pas-de-Calais. (mb/sm)

Montpellier HSC – OGC Nice – 2:2

Montpellier HSC – OGC Nice – 2:2

“SÜDFRANKREICH, FRÜHLINGSWETTER UND STATISTIK”

15.12.2024
Stade de la Mosson
Ligue 1
Zuschauer: 11.612

MONTPELLIER – Der Süden Frankreichs war das Ziel am vergangenen Sonntag. Die Anreise aus Ulm erfolgte über Basel, Genf und an Lyon vorbei. Ein paar Kilometer wurden also wieder abgespult. Das Stade de la Mosson in Montpellier ist einen Besuch wert, insbesondere die Gegengerade mit dem steilen C-Rang sticht heraus. Leider ist diese nur bei großem Andrang geöffnet und stattdessen mit Werbeplakaten bedeckt. Trotzdem ein enorm beeindruckendes Stadion und an einigen Ecken und Enden nagt bereits der Zahn der Zeit. Genau so etwas gefällt dem Landboten!

Die Fans aus Nizza durften leider nicht anreisen und somit blieb der Gästeblock leer. Wann sind solche Momente besonders kurios? Richtig, wenn die Gastmannschaft ein Tor erzielt und die Zuschauer es nicht bemerken, weil sie gar nicht hinschauen. In Frankreich ist es ein Spiel ohne Gästefans leider keine Seltenheit. Vielleicht ist das auch der Grund, wieso ich persönlich mit dem Land nicht ganz grün werde. Die hohen Mautkosten auf der Autobahn sind ein weiterer Faktor. Als Beispiel: Die Strecke von Genf nach Montpellier kostet um die 100 Euro hin und zurück. Und nun stelle man sich den Preis von Lille nach Marseille vor. Im Vergleich zur Schweizer Jahresvignette für 40 Franken eindeutig zu viel. Da sage nochmal jemand, die Schweiz sei teuer.

Ein in Deutschland prominenter Spieler ist aktuell in Frankreich unter Vertrag: Youssoufa Moukoko kickt beim OGC Nice. Ich persönlich habe ihn schon zu Drittligazeiten gesehen. Damals im Trikot der Dortmunder Zweitvertretung, heute in der Ligue 1. Ähnlich wie bei Sonny Kittel in Basel platzte aber auch hier das Wiedersehen, denn Moukoko saß 90 Minuten auf der Bank. Zudem steht der beliebte Brasilianer Dante in Nizza unter Vertrag. Einst unter Pep Guardiola beim FC Bayern in höchsten Worten gelobt, ist er aktuell verletzt und stand somit ebenfalls nicht auf dem Platz. Peps Worte “Ich hätte gerne 1000 Dantes im Team” bleiben für immer in meinen Ohren.

Die Reise nach Frankreich hatte für mich auch einen statistischen Hintergrund, weil ich mit der Partie in Montpellier in diesem Jahr Fußball im 32. unterschiedlichsten Land sah. Der Auftritt der Heimkurve von Montpellier erstaunte mich sehr. Melodisch gut und bei angenehmen 13 Grad in der Sonne klingelte es förmlich in den Ohren. Komplett ohne Erwartungen in ein Spiel zu gehen ist einfach oft das Beste. So kann man auch nicht enttäuscht werden. Nach Abpfiff organisierte ich mir relativ einfach ein Papierticket am Schalter, so nett darf es doch immer ablaufen. Pluspunkt für den Verein!

Nach der Partie bot sich noch die Möglichkeit für einen Doppler. Morgens fanden wir die Ansetzung des benachbarten Vereins AS Atlas Paillade, die auf dem Nebenplatz kicken. Klingt nach absoluter Tristesse, war es aber gar nicht. Die Anstoßzeit um 17:30 Uhr im Anschluss an Montpellier passte perfekt und starke 500 Zuschauer fanden sich zum Anpfiff ein. Verrückt! Am Zaun sang zudem eine Gruppe Jugendlicher und zündete vereinzelt Bengalos. Herrlich! (tp)