SC Corinthians – EC Bahia – 1:2

SC Corinthians – EC Bahia – 1:2

“DAS ENDE VON SÜDAMERIKA”

16.08.2025
Serie A
Neo Quimica Arena
Zuschauer: 38.344

SĀO PAULO – Da ist die letzte Station für mich vorerst in Südamerika. Eine Reise, voll mit vielen unterschiedlichen Eindrücken und einer Menge Spiele. Zum Abschluss sollte es in die brasilianische Metropole gehen, hier hatten zwei große Vereine des Landes am auserwählten Wochenende ein Heimspiel. Zudem ging mein Flieger zurück nach Europa vom Flughafen “GRU”. Viele Leser werden es schon wissen, viel Zeit benötigt man nicht, um sich diese Stadt anzuschauen. Zäher Verkehr, der in meinen Augen noch schlimmer als in Rio de Janeiro ist und viele Hochhäuser bestimmen das Stadtbild. Meine Vermieterin des Airbnbs erzählte mir, dass viele Einheimische Sāo Paulo als brasilianisches New York ansehen. Für Leute, die Großstädte lieben, ist es hier genau richtig.

Die Reise startete und endete somit in Brasilien. Ein Land, welches ich außerhalb von Fußball lieb gewonnen habe. Zum Thema Fußball kommen wir später. Überall nette Menschen, die sich Zeit nehmen, auch für Leute wie mich ohne portugiesisch Kenntnisse. Viele herzensgute Menschen und Rio ist definitiv die beste Stadt, in der ich bisher außerhalb von Europa war. Einfach der pure Wahnsinn, da kommt Sāo Paulo definitiv nicht ran. Unter den Punkten würde ich sagen, ich komme definitiv irgendwann nochmal wieder.

Thema bei meinen Reisen ist aber nunmal der Fußball und da erntet das Land Brasilien weder gute Kritik noch ein lobendes Fazit. Der seit ungefähr einem Jahr eingeführte Gesichts-Scan bei den Spielen der großen Vereine nervt einfach. Die Situation um Tickets ist eine riesige Katastrophe. Unter anderem für ein Spiel der U20 im Pokal-Halbfinale benötigte ich eine Registrierung meiner Daten und natürlich mein Foto, um ins Stadion zu gelangen. Dies klappte aber nur mit persönlicher Vorstellung, da die deutschen Dokumente nicht einfach so freigeschaltet werden. Beim SC Corinthians war es dagegen relativ entspannt, die Registrierung erfolgte online und ich konnte mein Ticket kaufen. Einzige Hürde: Kreditkarten wurden nicht akzeptiert, somit benötigt man Hilfe eines Einheimischen, der über das Zahlungsmittel “PIX” verfügt. Ich erwähnte ja bereits den zweiten Verein aus dem Raum Sāo Paulo, der ein Heimspiel haben sollte. Gemeint ist der FC Santos. Mein Puls und die Wut auf diesen Verein schlagen wieder höher. Hier ist nämlich nicht nur die Registrierung online nicht möglich, sondern auch im Fanshop des Vereins geht nichts. Grund dafür ist, dass deutsche Reisepässe nicht angenommen werden. Englische Reisepässe übrigens auch nicht, der Kollege von Millwall ging auch leer aus. Somit wurde mir nach 2 Stunden Wartezeit gesagt, leider können wir nichts tun. Der Ticketverkauf ist für Ausländer nicht möglich. Nicht mal für Brasilianer ist es möglich für mich ein Ticket zu erwerben, jedes Mitglied erhält nur ein Ticket, dieses ist mit der CPF-Nummer des jeweiligen Menschen verknüpft und mit seinem Foto. Keine Chance und somit scheiterte ich am Kauf eines Tickets. Diese bittere Pille musste ich schlucken, gehört wohl definitiv zu meinen “größten” Tiefpunkten auf Reisen. Der Verband will den Schwarzmarkt im Land komplett stilllegen, gelingt ihnen in meinen Augen auch echt gut. Ist nur totaler Mist als Ausländer. Schwarzmarkthändler gab es vor den Spielen zwar zu Genüge, aber ins Stadion kommt man mit diesen angeblichen Tickets definitiv nicht. In solchen Ländern merke ich erst wieder, wie gut wir es in Deutschland eigentlich haben. Spiele ohne Gäste sind zum Glück eher eine Ausnahme und Tickets zu bekommen dagegen echt einfach. Falls es ein Leser in Zukunft schafft, hier ein Ticket zu erwerben, gebt uns gerne ne Info.

Der Tag fing also bescheiden an, das Ticket Prozedere hatte zum Glück rechtzeitig angefangen, da am Nachmittag meine erste Partie auf dem Programm stand. “Amateurfußball” ist in solchen Momenten wohl die perfekte Lösung. Der EC Santo André spielte im heimischen Stadion “Estádio Bruno José Daniel”. Was eine Bude, der Vorteil für 30 brasilianische Real, gibt’s das Ticket direkt auf die Hand. Ohne nervigen Gesichts-Scan und vorab Registrierung. Herrlich! Nach dem Kick schnell ins Hotel, am Tag waren es herrliche 24 Grad und die Sonne schien, abends wurde es dann doch wieder kälter. Also Jacke holen und ab zum Fußball. Gesicht in die Kamera halten und zack leuchtete es grün. Das Ticket für die Gegengerade kostete rund 17€, die ungefähr 500 Gäste machten des Öfteren auf sich aufmerksam.

Das Spiel startete furios, nach zwei Minuten stand es 0:1. Der Ausgleich fiel nur wenige Momente später wurde allerdings vom VAR einkassiert. Die Entscheidung dauerte circa 10 (!) Minuten. Absolut irre, auch hier zu Lande gefällt es dem Zuschauer weniger. Überall einfach nur nervig, vor allem wenn der Schiedsrichter den Hinweis bekommt, dass dort etwas passiert sein könnte, er aber 5 Minuten lang mit dem “Keller” funkt und dann erst raus geht, um sich die Szene anzuschauen. Nervtötend. Das 1:1 fiel kurz darauf nochmal und dieses Mal zählte es. Vor der Halbzeit bekam Bahia einen Strafstoß zugesprochen, dieser wurde souverän verwandelt und mit der 1:2 Führung ging es nach 13 (!) Minuten Nachspielzeit in die Kabinen. In der zweiten Halbzeit kamen die Mannen des Heimteams nicht wirklich zum Torabschluss, auch Luiz Gustavo brachte keine Einwände mehr. Erste Halbzeit, dementsprechend hui, zweite absolut pfui. Das vorbestellte Uber lieferte Zufriedenheit und ab ins Apartment. Genug vom Tag, somit der ungewollte zu frühe höherklassige Abschluss in Brasilien.

Am nächsten Tag gab es für mich immerhin eine Alternative. In der Serie C spielt Sāo Bernardo FC, der Verein verfügt über eine kleine aber definitiv feine Fanszene. Diese splittet sich in zwei Gruppen, somit gab es unterschiedliche Gesänge, aber dennoch zufriedene Gesichter auf der Tribüne. Insgesamt natürlich eine trostlose Alternative zum Spiel vom Santos FC, welche übrigens im Stadion von Sāo Paulo FC ausgetragen wurde. Für meinen inneren Frieden verlor Santos immerhin 0:6. Danke dafür, das war’s aus Südamerika! (tp)

CR Flamengo – Atlético Mineiro – 1:0

CR Flamengo – Atlético Mineiro – 1:0

“EIN WILDER TAG IN RIO DE JANEIRO”

27.07.2025
Série A
Estádio do Maracanã
Zuschauer: 54.550

RIO DE JANEIRO – “Der kommt an, mach ihn, mach ihn, er macht ihn – Mario Götze!” Wer bei diesem Satz keine Gänsehaut bekommt, dann weiß ich auch nicht weiter. Im Jahr 2014 krönte sich Deutschland mit dem WM-Titel und Mario Götze beförderte sich zum Status einer Legende. Nach dem gestrigen Besuch im Estádio Olimpico Nilton Santos sollte am Sonntagabend das absolute Highlight des Aufenthaltes in Rio folgen. Bevor ich allerdings hier das ganze wilde Drumherum beschreibe, starten wir den Tag von vorne.

Die Hauptsehenswürdigkeit in Rio ist „Cristo Redentor” nebenbei noch eines der sieben neuen Weltwunder. Auch ich als eigentlich absoluter Kultur-Banause hatte doch Interesse daran, dieses Ding mal näher unter die Lupe zu nehmen. Von unserer Unterkunft liefen wir die 30 minütige Strecke ohne Probleme zur Station “Cosme Velho”. Dort startet die Attraktion und man wird direkt von den Massen an Touristen erschlagen. Es gibt drei Möglichkeiten: entweder man nutzt die Zahnradbahn, läuft selbst nach oben oder nutzt die fliegenden Händler mit ihren Transportern und Vans. Ich entschied mich für die Zahnradbahn, irgendwo ja auch cooler und für 20€ hat man die Hin- und Rückfahrt in der Tasche. Zusätzlichen Eintritt kostet es nicht, das ist durchaus mal lobenswert. Immerhin könnten die auch hier 80€ pro Nase einkassieren und 85% der Leute würden trotzdem nach oben fahren. Ich dann wahrscheinlich aber nicht mehr.

Nach dem Ticketkauf kommt das Negative, sofern man nicht vorab online bestellt. Für mich war klar, ich will nur nach oben, wenn die Sicht gut ist, das kann bei Online-Reservierungen eben mal schief gehen. Also Ticket gekauft und ab in die Warteschlange, nach geschlagenen 90 Minuten saß ich in der Bahn. Der Aufwand, das hätte ich nicht geahnt, hat sich gelohnt. Ein Weltklasse Ausblick über Rio, das Maracanã und viele kleine Äffchen, die viele Touristen bespaßen. In meinen Augen keine klassische Tourifalle, sondern würde es weiterempfehlen. Außer man hat vielleicht Probleme mit ganz vielen Menschen, oben wird es schon arg voll, aber mit ausgebreiteten Schultern kommt man überall durch! Wir verweilten circa eine Halbzeit-Länge oben und dann ging es wieder runter. Zum Glück standen wir für die Rückfahrt “nur” 10 Minuten an und saßen in der Bahn.

Unten angekommen bestellten wir ein Uber zu unserem ersten Pflichttermin. Über die Seite: https://www.fferj.com.br/ finden wir Ansetzungen unterhalb der zweiten Liga oder checken sie zumindest nochmal gegen. Zudem ist das Instagram Profil: “todasasdivisoes” hilfreich. Hier werden Spiele am Tag gepostet, die in oder um Rio stattfinden. Wir entschieden uns für das Spiel vom Riostrense EC gegen CAAC Brasil, weil es nicht weit entfernt vom Abendspiel lag. Im Estádio Leônidas da Silva sollte es zur Sache gehen. Direkt gegenüber gab es mal wieder ein Buffet für jedermann, somit stärkten wir uns für 20 brl pro Teller. Umgerechnet sind das knappe 3€, das Buffet scheint hier am Wochenende ein großes Ding zu sein, das Lokal war voll und für uns Außenstehende hatte es einen leichten Volksfest-Charakter.

Nach der Stärkung ging es zum Spiel, für 10 brl gab es eine Eintrittskarte für die Sammlung und im Stadion fanden sich immerhin 61 Zuschauer ein. Auf einem sehr trockenen Geläuf fand ein ansehnliches Spiel statt. Der Verein bot Snacks und Getränke an, „Cerveja“ gab es auch und für knapp über einem Euro kriegt man das kühle Blonde aus der Dose. So mag ich Amateurfußball!

Kommen wir zum Grund des Berichtes, der Besuch bei CR Flamengo. Erneut ging es mit dem Taxifahrer der Wahl für sehr wenig Geld zum Spiel 2 des heutigen Tages. Die 15 Minuten Fahrzeit durch heruntergekommene Gassen ließen die Augen nicht müde werden. So viele Eindrücke in so kurzer Zeit sind einfach fantastisch. Angekommen am Stadion machten wir uns auf die Suche nach der Tageskasse. Die neu eingeführte Facial-ID, welche auch beim gestrigen Spiel und dem Bericht von (fj) Thema war, spielt auch heute erneut eine Rolle.

Über die Website: https://biometria.flamengo.com.br/
sollte das eigene Gesicht vorab schon mal mit seinem Reisepass verknüpft werden. Die Suche nach der Tageskasse war vergeblich, online gab es keine Infos vom Verein, dass diese beim Spiel geschlossen bleiben. Naja, ein paar Amigos mussten befragt und nervige Händler in die Flucht geschlagen werden. Am Haupteingang gab es ein Info-Zelt und teilweise mit wirklich netten hilfsbereiten Menschen. Unsere erste Erfahrung waren die offiziellen Mitarbeiter des Sicherheitspersonals, diese brachten uns in die hinteren Reihen der Kontrolle und erklärten uns, dass deutsche Kreditkarten nicht akzeptiert werden. Ok, damit haben wir schon fast gerechnet. Cash wollte auch keiner nehmen, das Problem: Wir benötigen jemanden, der uns sein brasilianisches Bezahlsystem „PIX“ zur Verfügung stellt. Also wieder raus aus der Schlange und auf ins Getümmel. Tatsächlich hat das alles bei der zweiten Personengruppe Anklang gefunden, ohne besondere portugiesisch Kenntnisse unserer Seite, fanden wir eine 5-er Gruppe herzensguter Menschen, die uns aus der Misere ziehen. Die ersten Anläufe scheiterten, am Ende haben die Helfer Tickets für uns auf der Tribüne über ihren Account auf unserem Namen gekauft. Die Retter in der Not gingen mit uns im Schlepptau zur Kontrollstelle und erklärten den Ordnern, was hier alles schief gelaufen ist. Nach dem Abgleich der Pässe und Fotos auf unserem Account wurden die Tickets freigegeben und wir durften durch die Gesichtskontrolle in das Stadion gelangen. Was ein unglaubliches Gefühl von Erleichterung machte sich breit. Uns ist durchaus bewusst, dass hier auch alles schief laufen kann und wir eventuell ohne Besuch des Spiels zurück in die Unterkunft gefahren wären. So ist das eben nun mal, irgendwo alles eine Sache des Zutrauens und einfach mal machen. Am Ende klappt alles irgendwie. Ich hoffe auch in Zukunft, dass mein Glück noch nicht aufgebraucht ist. Da wir nicht in die Fankurve der Heimfans wollten, kostete das Ticket für den “neutralen” Bereich, wenn man in Brasilien von sowas sprechen kann, 110 Brasilianische Real. Dieses Stadion und dieses Erlebnis waren jeden einzelnen Real wert!

Zur Beruhigung gab es im Inneren des Stadions erstmal ein Pivo, ausgekippt aus der Dose gibt es dieses für knappe 2€. Arschkalt und mit Umdrehungen, so soll es sein. Danach saßen wir in den Oberrang des weiten Geläufs. Ein Traum, dieser Ausblick. Die Gäste aus Belo Horizonte füllten den Gästeblock und machten das ein oder andere Mal auf sich aufmerksam. Aus meiner Jugend war besonders der Spieler “Hulk” noch im Gedächtnis, er steht aktuell bei den Gästen unter Vertrag. In der Vergangenheit, unter anderem in Europa und Asien aktiv, genießt er jetzt die wahrscheinlich letzten Jahre seiner Karriere in seinem Heimatland.

Zum Start der Partie gab es erneut eine “Pyroshow” des Vereins, ansehnlich war diese definitiv. Meinungen dazu können aber durchaus auseinander gehen. Die Lautstärke in diesem Stadion war phänomenal, nach dem gestrigen doch eher in meinen Augen “enttäuschenden” Auftritt (Bericht von fj) war das heute heiße Ekstase. Leidenschaftliches Flair und Gesänge brachten die Mundwinkel nach oben. Einfach geil, in der ersten Halbzeit ging das Spiel hin und her, das Tor wollte nicht fallen. Eine Rettungsaktion des Innenverteidigers von Flamengo brachte die Maße zum Jubeln. Unglaublich, wie wird das erst, wenn hier noch ein Tor fällt? Zudem gab es in der ersten Halbzeit noch einen Check durch den VAR. Natürlich finde ich diesen Mist auch in Brasilien nicht schön, aber was für mehr Transparenz sorgt: Die Szene wird während der Überprüfung im gesamten Stadion auf der Leinwand allen Fans gezeigt. Deutlich mehr Transparenz für alle Zuschauer, die aber trotzdem nicht mit der Entscheidung zufrieden sind. Den Elfmeter gab es eben nicht für Flamengo.

In der zweiten Halbzeit schlief das Spiel ein wenig ein, bis zur 75. Minute mussten wir warten. Ein Tor für Flamengo von Léo Ortiz. Die pure Ekstase machte sich im Stadion breit, einfach nur geil. Das sind die Momente, wofür man solche Reisen macht! Die letzten Minuten waren erneut von inbrünstiger Leidenschaft geprägt, die Faszination war von jedem hier zu spüren. Egal ob jung, alt, Oma oder Kleinkind. Es wurde von allen getragen.

Nach dem Abpfiff machten wir uns auf dem Weg entlang der Hauptstraße, unser vorbestelltes Uber zur Unterkunft lieferte vollste Pünktlichkeit und wir fuhren durch Rios Nachtleben in unsere Betten. Von Schlaf war aber noch nicht die Rede, am nächsten Morgen erfuhren wir leider die Absage des geplanten Spiels am Montag. Dann gibt’s eben einen Tag am Strand von Ipanema. Bevor es am Dienstag weiter nach Buenos Aires ging. Kräfte sammeln! Die Reise geht weiter, doch der Durst nach Fußball ist noch lange nicht gestillt! (tp)

Botafogo FR – SC Corinthians – 1:1

Botafogo FR – SC Corinthians – 1:1

„LÄNDERPUNKT AN DER COPACABANA“

26.07.2025
Série A
Estádio Olímpico Nilton Santos
Zuschauer: 31.402

RIO DE JANEIRO – Nach über 15 Flugstunden wurde schließlich der Flughafen von Rio de Janeiro (GIG) erreicht, ehe an der Unterkunft der Redaktionskollege (tp) getroffen wurde. Gemeinsam starteten wir einen Ausflug an die Copacabana, wo ein überfüllter Traumstrand auf uns wartete und wir uns das Nationalgetränk Caipirinha gönnten.

Zwar nervten uns die ganzen – man würde auf Mallorca wohl „Helmuts“ sagen –, doch der Moment, die Copacabana einmal in Wirklichkeit zu sehen und am Strand einen Cocktail zu trinken, war dennoch ein echtes Glücksgefühl.

Wenig später machten wir uns auf den Weg zum Restaurant „Norte Grill“, das wir rausgesucht hatten und das sich in der Nähe des Estádio Olímpico Nilton Santos befindet. Serviert wurden uns dort diverse Fleischspezialitäten für umgerechnete 17€, die direkt vor unseren Augen vom Spieß auf unsere Teller geschnitten wurden.

Nachdem wir uns so sattgegessen hatten, dass wir am heutigen Abend auch als Spielball hätten eingesetzt werden können, rollten wir zum Stadion. Zunächst suchten wir nach einer Ticketbox, doch die alten Schalter waren alle geschlossen. Nachdem wir fast alle Seiten des Stadions abgelaufen hatten, fragten wir bei einem Ordner nach, der uns den richtigen Weg auf Englisch erklären konnte.

Am Schalter angekommen, mussten wir feststellen, dass eine Registrierung beim Portal „Ingresse“ notwendig ist – inklusive Gesichtsscan. Glücklicherweise gab es in einem kleinen Zelt neben der Ticketbox eine Art Helpdesk, wo man sich für Ingresse registrieren konnte. So wurde der Weg zum Kartenkauf frei. Für umgerechnet 10€ sicherten wir uns jeweils ein Ticket.

Es lohnt sich also, sich entweder im Voraus bei Ingresse zu registrieren und die Karten online zu erwerben – oder andernfalls sehr früh am Stadion zu erscheinen, um pünktlich zum Anpfiff im Stadion zu sein.

Pünktlich zum Sonnenuntergang betraten wir das Stadiontor per Gesichtsscan und stellten uns in den Nordbereich. Vor dem Einlaufen gab es eine kleine Lichtshow. Zum Einlaufen der Teams zündete der Verein schwarzen und weißen Rauch. Die Botafogo-Fans zeigten zudem eine kleine Choreografie.

Im Spiel zeigte Botafogo eine sehr starke erste Halbzeit, gefolgt von einer eher schwachen zweiten. Die Punkteteilung am Ende geht so in Ordnung.

Nach dem Spiel verließen wir zügig das Stadion in Richtung Hauptstraße. Da noch viele Menschen wegen des Spiels unterwegs waren, herrschte trotz Dunkelheit ein hohes Sicherheitsgefühl – anders als im Uber, dessen Fahrer eine ziemlich gewöhnungsbedürftige Fahrweise an den Tag legte.

Die Tour ist also optimal gestartet, und die Vorfreude auf die kommenden Tage und Wochen wächst weiter. Es folgen weitere Berichte – seid gespannt!
(fj)

Empoli FC – Cagliari Calcio – 0:0

Empoli FC – Cagliari Calcio – 0:0

“EINDEUTIGE NULLNUMMER IN DER TOSKANA”

06.04.2025
Serie A
Stadio Carlo Castellani
Zuschauer: 9.054

EMPOLI – Nach dem vorabendlichen Revisit im San Siro wurde ich morgens um 06:30 an der Flixbus-Haltestelle “Florenz-Villa Costanza” ausgespuckt. Das Zwischenziel klang gut, denn es lag dem geplanten Besuch in Empoli sehr nah. Fernbushaltestellen in Italien sind nun einmal sehr gerne weit entfernt vom eigentlichen Stadtzentrum. Zeit hatte ich an diesem Sonntag aber sowieso zu viel, da die App “tuttocampo” mir leider kein passendes Spiel servierte. Somit ging es zu Fuß in das Centro von Florenz. Wofür die rund sechs Kilometer Fußmarsch am Ende sein sollten, ahnte ich da noch nicht. Dazu später mehr.

Die Innenstadt von Florenz gefiel mir auch bei meinem zweiten Besuch sehr gut. Morgens vor den alltäglichen Massen an Touristen ist es sowieso in jeder Stadt am schönsten. Gegen Mittag machte ich mich auf den Weg in die kleine Stadt Empoli. Die Bahn lieferte auch dieses Mal höchste Verlässlichkeit und brachte mich für fünf Euro zum nächsten Ground der Serie A.

Es hieß zuerst, dass die Gäste aus Cagliari nicht anreisen dürfen. Dieses Verbot wurde aber kurzfristig gekippt und Auswärtsfans doch zugelassen. Eine spontane Horrorsituation und mein Beileid für diese unfassbar schlechte Planungssicherheit geht an die Tifosi von der Insel Sardinien. Umso schöner, dass der Gästeblock sich doch zahlreich füllte.

Empoli liegt aktuell auf dem 18. Tabellenplatz. Sportlich sieht es also mau aus und auch Cagliari steht nur knapp über dem Strich auf Rang 15. Das Spiel spiegelte den Tabellenstand der beiden Teams eindeutig wider. Es gab kaum Offensivaktionen und Torraumszenen waren so gut wie keine vorhanden. Fußball zum Abgewöhnen und im Vergleich zum Vortag eine ganz andere Welt. Mit Abpfiff endete meine eigene Serie von über 85 Spielen ohne Tor.

Nach dem Spiel ging es zurück nach Florenz. Mein Bus, der mich am Abend zum Malpensa Airport bringen sollte, kam um 22:20. Fun Fact: Die andere Station für Fernbusse in Florenz liegt am Flughafen. Natürlich nahm ich den Weg vom Hauptbahnhof dorthin erneut zu Fuß: die ganze Zeit flussabwärts bei Sonnenuntergang und irgendwann rechts abbiegen. Zur Belohnung und zum Abschluss des Tages gönnte ich mir eine Pizza. 7,50 Euro in einer netten Lokalität und ab in den Bus. Der Schrittzähler meines Handys glühte und zeigte letztendlich 41.093 Schritte an. Den eigenen Rekord ausgebaut! (tp)

SSC Napoli – Hellas Verona FC – 2:0

SSC Napoli – Hellas Verona FC – 2:0

„CIAO DANIELE – MARADONA PASST AUF DICH AUF“

12.01.2025
Stadio Diego Armando Maradona
Serie A
Zuschauer: 54.726

NEAPEL – Nach 27 Monaten ging es endlich wieder nach Italien. Warum ich so lange nicht im Land der Pizza & Pasta war, weiß ich leider selbst nicht. EasyJet lieferte uns am Freitag Abend im windigen und verregneten Neapel ab und die Taximafia versuchte selbst über Uber uns abzuziehen. Auf dem Taximeter standen 14,20 Euro, bei Uber hat der Taxifahrer 25 Euro eingetragen und wir sollten abzüglich einer „Aktion“ 20,80 Euro zahlen. Dies meldete ich den Support und zahlte dann natürlich 14,20 Euro.
Am Samstag ging es nach Pompeii, Casterta und im strömenden Regen zum Drittliga Verein Castertana FC. Am Sonntag fuhren wir zuerst nach Salerno und bestaunten ein Bilderbuchbude. Danach gab es Aperol Spritz und Pizza für einen günstigen Kurs, den man in Deutschland nie mehr bekommen würde.

Am Abend war es dann endlich so weit. Das Stadio Diego Armando Maradona öffnete seine Tore für uns und wir kamen super schnell auf unsere Plätze. Rund 10 Minuten vor dem Anpfiff wurde es dann richtig Emotional. Daniele, ein 13 jähriger Napolitaner ist letzten Samstag viel zu früh an Leukämie verstorben. Seinen letzten Wunsch die Spieler vom SSC Napoli kennenzulernen erfüllte der Verein im Sommer. Fortan war Danielle ein Teil der großen Napoli Familie und reiste des öfteren mit der Mannschaft zu den Spielen. Seine Familie stand im Innenraum, es gab eine Schweigeminute und ein italienischer Klassiker wurde frenetisch von den 54.726 Zuschauern mitgesungen. Dazu kullerten nicht nur bei Antonio Conte und den Eltern ein paar Tränen, sondern auch bei vielen im Publikum. Der Fußball hält besonders in den schlimmsten Zeiten zusammen und verbindet. Ciao Daniele, Diego wird auf dich aufpassen!

Kurz danach wurde angepfiffen und ehe die Eltern von Daniele ihren Platz eingenommen haben, stand es auch schon 1:0 für die Hausherren. Der Tabellenführer erspielte sich in den ersten 15 Minuten noch weitere Großchancen heraus, verwaltete danach aber hauptsächlich die Partie. In der 61. Minute konnte Andre-Frank Zambo Anguissa mit einem Fernschusstor den Deckel drauf machen. Für Hellas gab es hier heute nichts zu jubeln.

Ein Tor hätten sie eh nur unter sich bejubeln dürfen, weil die örtlichen Behörden die Anreise nach Neapel für alle Fans aus Verona untersagten. Manch ein Deutscher kennt dies ja leider auch schon zu gut. Fanszenen gibt es trotzdem zwei. Die Curva Sud & Nord ziehen über 90 Minuten ihr eigenes Programm durch und sorgen in ihren Kurven für gute Stimmung. Ich mag sowas eigentlich nicht, aber das Stadion zieht sich durch die Laufbahn und die Struktur sehr in die Länge, wodurch man die andere Seite kaum hören kann. Dazu platzieren sich die Ultras und der Großteil der Zuschauer in den Oberrang, weil das Stadio Diego Armando Maradona wahrscheinlich das einzige Stadion in Europa ist, wo man im Unterrang absolut beschissen gucken kann. Dementsprechend werden die Karten im Unterrang auch für kleines Geld an den Mann gebracht.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die Stadt Neapel Maradona und ihren SSC lebt. Eine Stadt die so sehr mit dem heimischen Verein verbunden ist, gibt es selten.“ Forza Napoli, Napoli per sempre“ ist der erste Satz nach der Geburt und auch das Codewort um in den Fußballhimmel zu Maradona und Daniele zu kommen. (mb)

US Lecce – Lazio Rom – 1:2

US Lecce – Lazio Rom – 1:2

“DER PERFEKTE DOPPLER IN ITALIEN”

21.12.2024
Serie A
Stadio Via del Mare
Zuschauer: 26.749

LECCE – Zwischen dem Spiel in Bari und dem in Lecce passte noch das Einchecken in die Unterkunft und die zweite Pizza des Tages. Die beiden Städte trennen eine Autofahrt von 90 Minuten. Also bei einem 15:00-Uhr-Spiel und einem 20:45-Uhr-Anpfiff alles locker machbar und ohne Stress. Das sind doch die perfekten Bedingungen für einen guten Doppler. Zudem ein weiteres Stadion in der Serie A, welches mir fehlte. Das Stadion in Lecce liegt ähnlich wie das „Stadio San Nicola“ nah zur Autobahn. Die Straßen vorm Spiel waren voll, somit parkten wir einfach auf einem kleinen Parkplatz in der Nähe der Ausfahrt. Einen 15-Minuten-Fußmarsch zum Stadion nimmt man gerne in Kauf.

Bei US Lecce ist aktuell ein ehemaliger DFB-Pokalsieger unter Vertrag: Ante Rebic gewann mit Eintracht Frankfurt 2018 den Titel. Lauf, Bruder, lauf! Ein legendäres Spiel gegen den großen FC Bayern. Über Zwischenstationen in Mailand und Istanbul spielt er nun beim heutigen Heimteam.

Die Gäste aus Rom reisten zahlreich an, es ist mein persönlich meistgesehener Verein in Italien. Die Fans legten einen guten Auftritt hin, wenn nicht sogar den besten, den ich bisher von Lazio gesehen habe. Gespickt mit guten Fußballern, gelang es dem Team aus der Hauptstadt, eine 0:1-Führung zur Halbzeit zu sichern. Kurioserweise wehrte ein Spieler von Lecce den Schuss zum 0:1 gerade so vor der Linie ab. Dem Schiedsrichter reichte es aus, es gab eine Rote Karte für den Akteur und einen Elfmeter für Lazio. Dieser wurde verwandelt und es ging direkt in die Kabinen.

Nach dem Wiederanpfiff wurde die Heimmannschaft stärker, es gelang ihnen ein sehenswerter Treffer aus ungefähr 25 Metern. Die Stimmung im Stadion war wirklich gut, es sind die Momente, wofür man diesen Aufwand betreibt. In der 87. Minute trafen die Römer zum Sieg. Spektakuläre Bilder, die ganze Mannschaft lief einmal über den gesamten Platz zum Gästeblock. Es macht den Eindruck, dass die Mannschaft und Fans ein geschlossenes Bild abgeben.

Nach dem Jubel mit den Fans wurde Mattéo Guendouzi von einem Gegenstand getroffen, er nahm das unerkennbare kleine Teil in die Hand und rannte zum vierten Offiziellen. Die Spieler aus seinem Team wollten ihn davon abhalten, es kam zu Tumulten zwischen den beiden Reservebänke. Die Lage beruhigte sich schnell und die Spieler legten den Fokus wieder auf den Auswärtssieg in Überzahl. So schnell kann so eine Kleinigkeit auch erledigt werden und muss nicht in einer Spielunterbrechung enden.
Grüße nach Bochum!

Der Parkplatz war nach dem Spiel dann Gold wert, alle Autos fuhren in Richtung Lecce und wir mussten Richtung Norden nach Brindisi. Innerhalb von 3 Minuten war man erneut auf der Autobahn. So kann es gerne immer laufen. (tp)

Cagliari Calcio – FC Turin – 3:2

Cagliari Calcio – FC Turin – 3:2

20.10.2024
Sardegna Arena
Serie A
Zuschauer: 11.992

„3 TAGE SARDINIEN – TEIL 2“

CAGLIARI – Der dritte und somit letzte Tag unserer Sardinienreise endete in der größten Stadt der Insel: Cagliari.

Zunächst konnten wir auf der App „Tuttocampo“ eine Partie um 11:00 Uhr auf einem Kunstrasenplatz, etwa 18 Kilometer von Cagliari entfernt, ausfindig machen. Das Spektakel bot uns neben einem Blick auf eine beeindruckende Berglandschaft vier Tore und zwei orangefarbene Rauchtöpfe, sodass sich das frühe Aufstehen definitiv gelohnt hat.

Schwieriger als die Suche nach den Spielen gestaltete sich unsere Suche nach einem Restaurant, das uns zur Mittagszeit Pizza servieren wollte. Nach zwei erfolglosen Versuchen gelang es schließlich im dritten Lokal.

Nach dem Essen blieb uns noch genügend Zeit bis zum Anpfiff des Zielspiels in der Serie A. Diese Zeit nutzten wir für etwas Sightseeing, und die Stadt wusste durchaus zu gefallen. Cagliari ist eine herrliche Stadt, malerisch auf einem Hügel gelegen und dazu noch am Meer – was könnte man sich mehr wünschen? Besonders die historische Sehenswürdigkeit „Bastione di Saint Remy“ und der Ausblick auf den „Torre dell’Elefante“ sorgten für einige schöne Fotos.

Den schönsten Schnappschuss des Tages machten wir jedoch auf dem Weg zur Sardegna Arena. Das „Stadio Sant’Elia“ liegt direkt neben dem aktuellen Stadion des Erstligisten und war lange Zeit die Heimstätte von Cagliari Calcio. Momentan ist das Stadion stark verfallen, die Tribünen weisen große Lücken auf und die Natur hat sich das Spielfeld zurückgeholt. Nach unseren Recherchen sollen dort 2025 jedoch die Bauarbeiten beginnen, sodass in einigen Jahren wieder Fußball gespielt werden kann.

Heute wurde jedoch auch Fußball gespielt. Die „Sardegna Arena“, die provisorische Heimat des sardischen Clubs, erinnert stark an die nach Fußballfans benannte „Lena Arena“ in Düsseldorf, die während des ESC von Fortuna genutzt wurde. Nichts Spektakuläres, aber immerhin ein Serie-A-Spiel zwischen dem Tabellen-16. Cagliari und dem Tabellen-7. Turin. Von der tabellarischen Konstellation war allerdings wenig zu sehen; die Gastgeber gingen nach 38 Minuten durch einen Freistoßtreffer von Viola mit 1:0 in Führung. Doch die Gäste ließen sich nicht beeindrucken und glichen nur drei Minuten später durch ein Kopfballtor von Sanabria, der nach einer Ecke frei zum Abschluss kam, zum 1:1 Halbzeitstand aus.

Zehn Minuten nach dem Wiederanpfiff war es Linetti, der aus 20 Metern einfach mal abzog und den Ball präzise ins Netz von Keeper Scuffet beförderte – das Spiel war gedreht. Cagliari zeigte jedoch Moral, gab nicht auf und zeigte, dass ihnen die Schlussphase gehörte. Innerhalb von nur vier Minuten wendeten die Hausherren das Spiel. Zunächst traf Palomino nach einer verlängerten Ecke zum 2:2 Ausgleich. Nur vier Minuten später sorgte Torino-Spieler Coco mit einem Eigentor für das 3:2 zugunsten von Cagliari, was gleichzeitig den Endstand markierte. Damit hat der FC Turin nun bereits zum dritten Mal in Folge mit 3:2 verloren und ist auf Tabellenplatz 9 abgerutscht; nächste Woche stehen sie dem Aufsteiger aus Como gegenüber. Cagliari hingegen trifft im nächsten Spiel auf Udinese Calcio, einen Verein aus der oberen Tabellenhälfte, und kann mit breiter Brust zum Auswärtsspiel reisen. Ob der Ausflug erfolgreich war, erfahrt ihr bald im Schwechheimer Landboten.

Einen traurigen Nachruf gab es vor dem Spiel von der Curva Nord in Form eines Spruchbanners:
„13.10.24 NEL NOSTRO ESSERE ULTRAS… ETERNA LA VOSTRA PRESENZA.“
Mit dieser Widmung wurde den drei Foggia-Fans gedacht, die am 13.10.24 Opfer eines tragischen Verkehrsunfalls wurden. Zahlreiche Fangruppen aus dem ganzen Land und über die Grenzen hinaus haben ihre Anteilnahme bekundet.
(fj)

Atalanta B.C. – FC Internazionale Milano – 2:3

13.11.2022: Atalanta B.C. – FC Internazionale Milano – 2:3

„DAS KONZEPT BERGAMO“

Gewiss Stadium

Serie A

Zuschauer: 19.353

BERGAMO – Nach zwei Spielen in Parma und Piacenza folgte am Sonntag in Bergamo der Höhepunkt des Wochenendes. Bei jeder Begegnung sollte es einen Tick besser werden und beim dritten und letzten Spiel dieser Italien-Tour kulminierte diese Gesamtlage in einem vollen Stadion bei allerbestem norditalienischen November-Wetter. Der Besuch in der Lombardei fing mit der Ruhe vor dem Sturm an. Strategisch günstig das Auto am Bahnhof von Bergamo abgestellt, wunderte man sich über gespenstische Ruhe, die plötzlich von einer lauten Polizeisirene und rotierenden Hubschraubern durchbrochen wurde – die Inter-Fans waren gekommen und rauschten in einer Eskorte mit unzähligen Bussen an uns vorbei.

Das Spitzenspiel der Serie A konnte also beginnen. Trotz Personalien-Kontrolle am Eingang des „Gewiss Stadiums“, das für diesen Sponsorennamen die wunderbare Bezeichnung „Stadio Atleti Azzurri d’Italia“ abgelegt hat – von Aufregung keine Spur. Okay, in die Bude passen weniger Zuschauer rein als bei Waldhof Mannheim, trotzdem erstaunlich, sagt man den Italienern in Sachen Organisation doch manchmal die ein oder andere Schwäche nach. Das Spiel war für 12.30 Uhr angesetzt, unsere Maschine Richtung Heimatflughafen hob um 18.50 Uhr von BGY ab, die Ansetzung war also einmalig passend. Wir konnten nicht anders und mussten einfach eine fast dreistellige Summe für das Ticket auf den Tisch blättern. Billige Tickets für die Kurve gibt es bei solchen Spielen nur mit „DEA“-Fan-Karte, welche einem nach der Beantragung postalisch zugeschickt wird – aber ehe der Speichel von der Briefmarke getrocknet gewesen wäre, waren die billigen Plätze auch schon weg.

Bei dem Stadion weiß man im Vorwege nicht so ganz, was man von halten soll. Vor Ort zeigt sich aber eine kompakte Hütte mit Bauteilen aus allen Epochen. Auf den Längsseiten finden sich Spuren aus der fast hundertjährigen Vergangenheit des Stadions. Die „Curva Nord“ der Atalanta-Fans ist neu, weiß aber durch die verschachtelte Dachkonstruktion durchaus zu gefallen. Gegenüber der „Curva Nord“ sieht man noch die ursprüngliche Kurvenform der Arena, auf der vor allem die Gästefans untergebracht sind. Diese alte Stadionsubstanz soll nach der Saison simultan zur „Curva Nord“ umgebaut werden.

Mit viel Bohei auf beiden Seiten, aber ohne besondere Aktionen, ging es ins Spiel. Hin und wieder brannten auf den Ecken von Bergamo ein paar Fackeln oder Rauchtöpfe. Auch neben den Gästefans war eine Stimmungsgruppe platziert, die mit Provokationen Richtung Inter-Anhang nicht geizte. Statt zum Boykott der Katar-WM aufzurufen, wie es in Deutschland an diesem Wochenende geschah, zierte die „Curva Nord“ ein Banner, der gegen den „modernen Fußball“ und die Pay-TV-Strukturen stänkerte. Ok, Italien ist ja auch gar nicht bei der WM dabei… Atalanta gehörte nach zuletzt zwei Niederlagen die Anfangsphase. Nach zwei, drei guten Chancen wurde der Kolumbianer Duván Zapata im Strafraum gelegt, den Strafstoß verwandelte Ademola Lookman. Die Führung im Rücken bekam Bergamo nicht gut, fortan hagelte es Fehlpässe im Aufbauspiel. Inter antwortete mit einem artistischen Hackentor nach Standard-Situation in Person von Alt-Star Edin Dzeko.

So richtig in Tritt kamen die Gäste dann mit dem Wiederanpfiff. Federico Dimarco und Denzel Dumfries schlugen Brandfackeln bei ihren Flankenläufen in den gegnerischen Strafraum, Lautaro Martínez klebte die Kugel am Fuß. Der Auftrieb war derart sichtbar, dass wir noch schnell einen Zehner auf einen Auswärtssieg bei einem Wettanbieter platzierten – Minuten später stand es durch erneut Dzeko und per Eigentor 1:3. Damit war das Spiel gegessen, dennoch kam Bergamo durch den Eigentorschützen nochmal auf ein Tor ran und es wurde in den Schlussminuten spannend, auch wenn man dem Heimteam die Qualität für den Ausgleich nicht mehr so ganz zusprechen wollte. Schließlich blieb es bei dem Ergebnis, die „Interisti“ feierten den Auswärtssieg mit einem lauten Kanonenschlag im Block und bekamen als Dank das ein oder andere Matchworn-Trikot ihrer Idole über die Glaswand geworfen.

Nach dem Spiel reichte es sogar noch für „sizilianisches Streetfood“ in der Innenstadt und einen Ausflug per Standseilbahn auf die Città Alta zu dem UNESCO-Weltkulturerbe der venezianischen Stadtmauern. Bevor die Zeit im Nacken saß trudelte man auch schon am Flughafen ein, der gerade mal 10 Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt. Und um halb 10, nachdem der beliebte Low-Coster aus Irland uns überpünktlich in Deutschlands nördlichster Millionenstadt ausgespuckt hatte, schlug man zu Hause schon die Bettdecke auf, um sich von diesem letzten internationalen Trip des Jahres zu erholen. In Bergamo stimmt das „Konzept Fußball“ noch – im Gegensatz zu dem, was jetzt in den nächsten Wochen folgen wird. (mm)