Wales – Kasachstan – 3:1

Wales – Kasachstan – 3:1

„WELCOME TO THE EIGHTIES – DIE CARDIFF-CITY-CYMRU-CROWD“

22.03.2025
WM-Qualifikation
Cardiff City Stadium
Zuschauer: 32.385

CARDIFF – Länderspiele mit „kleinen“ Nationen machen irgendwie Bock und daher wurde ohne schlechtes Gewissen eine UK-Tour um dieses WM-Quali-Spiel in Wales geplant. Am Freitag besuchte man die „Three Lions“ im Wembley Stadium und am Nachmittag durfte man in der 2. walisischen Liga bei Newport City F.C. auf der Tribüne Platz nehmen. Während in England das Nationalstadion zwar beeindruckte, konnte die Kaffeetrinker-Atmosphäre in Wembley nicht wirklich für hohen Blutdruck sorgen. In Wales erwartete den neutralen Fußballfreund schon eine etwas andere Perspektive.

Bei bestem Sonnenschein fuhr man als Bus-Passagier für schmale 3£ die 45 Minuten von Newport nach Cardiff. Nachdem vor 7 Jahren mal in Swansea genächtigt wurde und die Großstadt etwas weiter westlich einen aschgrauen Eindruck hinterließ, war man vor Ort von dem schicken Stadtbild der Hauptstadt positiv überrascht. Neben City Hall und Castle wurde auch die High Street abgeklappert und schon nach ein paar Metern wusste man, wo die Zeit bis zur Bus-Abfahrt nach London-Gatwick verbummelt wird. Der Bus sollte erst um 1.50 Uhr abrollen.

Zu Fuß ging es rund einer halbe Stunde, fast immer geradeaus, zum Spielort. Auf dem Weg passiert man auch das „Millennium Stadium“, Austragungsstätte der EM 2028 und für einen 70.000er wirklich fantastisch zwischen Fluss, Altstadt und Schloss gelegen. Der Ground ist vorgemerkt für die nächste EM. Das Quali-Spiel fand im Stadion von Cardiff City statt, mit 32.385 Zuschauern war es nahezu ausverkauft und sicher besser als eine halbvolle EM-Schüssel.

Auf dem Weg zum Stadion: Alles rot. Kleinscheiß-Verkäufer. Bierdosen. Alkoholgeschwängerte Gesänge. Die 80er-Jahre wollen in Teilen des Königreichs einfach nie zu Ende gehen. Jedenfalls musikalisch. Immer wieder werden verschiedene gesangliche Darbietungen in Verbindung mit den Melodien „I Just Can’t Get Enough“ von Depeche Mode und „Love Will Tear Us Apart“ von Joy Division kombiniert. Irgendwie cool und einfach very britisch. Für 3£ wird das E-Ticket schließlich in ein Hardticket für die Erinnerungskiste getauscht. Den verstörten Blick der Dame hinter der Scheibe erwidert man mit dem Spruch: „I’m here once in a life time“.

Vermutlich wird man wirklich nie wieder in den Genuss von Wales gegen Kasachstan kommen. Dem Rest des Publikums war das sicher egal und auch gegen Kasachstan ist die Hütte voll in Wales, die in den letzten Jahren historische Erfolge verbuchen konnten. Die Stimmung in Cardiff diesmal deutlich kompakter und euphorischer als bei den englischen Brüdern und Schwestern am Vortag. Aber auch in Wales weiß man, wie eine „Library“ klingt. Das Spiel läuft zunächst nach Plan. Kasachstan kann kurz vor der Pause die frühe Führung der Waliser jedoch per Handelfmeter ausgleichen. Im zweiten Abschnitt geht es näher an die Cymru-Crowd und das Spiel rettet die gute Atmosphäre. Nach der Halbzeit direkt die erneute Führung und danach ein Sturmlauf auf das Tor der Kasachen mit der Entscheidung in der Schlussminute.

Nach ein paar Bier auf der Ballermeile der Stadt und den üblichen Feldstudien über das Trinkverhalten der Briten, saß man schließlich irgendwann im Nachtbus zum Flughafen und um einen herum nahmen auch ausgewählte Fans der Kasachen Platz, die scheinbar keine Expats waren. Zweihundert bis dreihundert Anhänger aus dem weit entfernten Kaukasus waren gekommen und in den schwachen Phasen der Waliser ein paar Mal zu hören gewesen. In Gatwick leerte sich die Busbesetzung um halb 7 und der Fußball-Mob verteilte sich nicht nur sprichwörtlich in alle Teile der Welt. (mm)

England – Albanien – 2:0

England – Albanien – 2:0

„NEUER TRAINER. ALTER FUẞBALL.“

21.03.2025
WM-Qualifikation
Wembley Stadium
Zuschauer: 82.378

LONDON – Die Reise sollte nach Wales gehen. Logisch, dass da London als Drehkreuz in Frage kommt. Da diese Partie im „Wembley Stadium“ zufällig am Freitag-Abend stattfand, wollte man das Länderspiel der „Three Lions“ gerne mitnehmen. Aber ganz so einfach war das nicht. Alle rund 90.000 Tickets waren bereits 2 Monate (!) vor dem Anpfiff im Mitglieder-Verkauf über den Tisch gegangen. Der Redakteur des Landboten musste in seinem 1202. Spiel als Groundhopper zum zweiten Mal überhaupt in seiner zweifelhaften „Karriere“ eine Ticketbörse bemühen. Mit 18€ Aufschlag hielt sich der Kaufpreis in Grenzen und es wurde einmal kurz durchgepustet, als der Verkäufer aus Hongkong die Eintrittskarte mit 12 Stunden Verspätung übersendete.

Ob es einen „Run“ auf die Karten gab, weil die FA Thomas Tuchel als neuen Headcoach verpflichtete und gegen Albanien seine Premiere bevorstand? Keine Ahnung. Dieser Umstand fiel auch erst ein paar Tage vor dem Spiel auf. Euphorie rund um Wembley war eher wenig zu spüren. Die Zuschauer begrüßten den deutschen Trainer mit einem Transparent auf dem: „Welcome to the home of football“ stand, dazu gab es eine kleine Zettel-Choreo. Beide Aktionen sicherlich vom Verband, nun ja, angezettelt und ohne Emotionen.

Keine Emotionen, das gilt für die ganze Veranstaltung. Da fragt man sich schon, wieso die Karten für den Kick so einen reißenden Absatz finden und am Ende alle kaugummikauend Löcher in die Luft starren. Okay, das Spiel war über weite Strecken lausig. Albanien hatte sich vorgenommen, nicht einmal über die Mittellinie zu kommen. Musste mit der Defensivtaktik aber nach dem ersten guten Pass und Abschluss der Engländer den Rückstand schlucken. Bei den Briten sorgte das nicht für viel Euphorie. Thomas Tuchel fiel durch einige mutige Personalentscheidungen auf, seine Jungs mühten sich, konnten den Gegner aber nicht großartig unter Druck setzen, geschweige denn das Stadion verzücken. Irgendwann bastelten die Fans auf der Tribüne Papierflieger und versuchten sie auf den Pitch zu werfen, was einige Male gelang. Ausgelassene Stimmung. Das sagt wohl alles über die Gesellschaft auf den Rängen dieser ikonischen Spielstätte.

Albanien war mit rund 10.000 Leuten angereist und fiel durch ein paar Nebelkerzen und Transparente auf. In so einem 90.000er verliert sich aber fast alles. Das ist Fluch und Segen zugleich. Auf jeden Fall aber ist es beeindruckend, das Stadion. Den ersten magischen Moment gibt es, sobald man die Metro verlässt und sich den Weg zur Arena bahnt. Magische Momente waren an diesem Abend aber rar. Immerhin sorgte Harry Kane mit einem gewohnt trockenen Torabschluss am Ende für einen letztlich gelungenen Tuchel-Einstand. Doch die Skepsis bleibt, gerade weil Thomas Tuchel via Presse seinen Vorgänger arg kritisierte und unter seiner Führung einmal mehr Angsthasenfußball zu bieten hatte. Die Fans hätten aus den Tickets vielleicht lieber zahnlose Papiertiger basteln sollen.

Eine Stunde später, der Kick war längst verdaut. Bei einem kurzen Gespräch in einer Burger-Braterei ein paar Straßen weiter, schließt ein Mann die Unterhaltung mit denkwürdigen Worten: „Der Fußball unter Southgate war besser“. Kurzum: Neuer Trainer, alter Fußball. (mm)

Nordkorea – Usbekistan 0:1

Nordkorea – Usbekistan 0:1

„BIER TRINKEN KANN LEBEN RETTEN“

19.11.2024
WM Qualifikation
KM 16 National Stadium
Zuschauer: 347

VIENTIANE- Nordkorea gegen Usbekistan in Laos, das geht doch runter wie Öl. Als mir im Rahmen der Planung diese Ansetzung über den Weg lief, musste ich nicht lang überlegen, zumal aufgrund der Länderspielpause der Spielplan ziemlich mau aussah, was die Möglichkeit für einen neuen LP anging. So wurde kurzerhand der Flug aus Hanoi nach Vientiane gebucht, zugegebenermaßen nicht günstig, wenn man es mit den anderen Flügen im südostasiatischen Raum vergleicht, wo man in der Regel bei mittleren zweistelligen Preisen liegt. Die Einreise ist etwas ungewöhnlich, dass Visa-on-Arrival verlangt zwei Passfoto’s welche man mitbringen muss und die 40 Dollar Gebühr bitte passend in bar dabei haben. Dazu solltet noch etwas Platz im Pass vorhanden sein, insgesamt 1,5 Seiten benötigen die Kollegen an der Immigration.

Am Geldautomaten dann noch schnell zum Kip-Millionär gemacht, ging es mit dem Taxi zum Hotel in die City. Ein Taxi ruft ihr in Laos übrigens nicht wie in Südostasien gewohnt über Grab, hier gibt es eine eigene App: Loca. Funktioniert aber mindestens genauso gut und die Fortbewegung macht einen auch hier nicht arm.

Das erste Lao-Bier wurde auf Einladung ein paar einheimischer Daydrinker konsummiert, im Anschluss entschloss ich mich zum laotischen Verband zu fahren, um mal herauszufinden, wie kompliziert die Ticketbeschaffung wird. Ich rechnete hier natürlich nicht mit einem Sold out, aber vor Ort bestätigte man mir das bereits vermutete „behind closed doors“ und verwies mich an die Usbeken, die evtl. mit einer Einladung helfen könnten.

Natürlich diskret bekam ich die Nummer vom Teammanager, dem ich die Situation schilderte, schlussendlich konnte ich mir dann die Einladung im Mannschaftshotel abholen und war dann VIP-Gast von Usbekistan. Am Spieltag sämtliche Sehenswürdigkeiten abgeklappert und zwei Stunden vor Anpfif gings ins etwas außerhalb gelegene neue Nationalstadion.

Hier empfiehlt sich Zeit einzuplanen, für die ca. 20 km braucht man ne gute Stunde im Feierabendverkehr. Der Neubau füllte sich bis Anstoß dann mit ca. 300 Menschen, letztendlich musste niemand draußen bleiben, auch nicht die 10 angereisten Usbeken und 50 deligierten Nordkoreaner. Usbekistan machte das Spiel und belohnte sich Ende der ersten Halbzeit mit dem Führungstreffer. In Halbzeit zwei gaben die Koreaner ordentlich Gas, konnten den Ausgleich aber nicht mal durch einen Elfmeter erzwingen und so bleib es beim 1:0, was die Usbeken weiter von einer WM-Teilnahme beim aufgeblähtem Turnier in 2026 hoffen lässt.

Der für einige vielleicht fragwürdige LP wurde Abends auf dem Rooftop mit ein paar Bier gefeiert. In diesen Ländern ist es offensichlich auch besser beim Bier zu bleiben. Am Folgetag war dann in sämtlichen Onlinegazetten zu lesen, dass sechs australierinnen ihre Feier aufgrund vom Hostel ausgeschenkten und mit Methanol gepanschtem Alkohol nicht überlebten. Mein Beileid den Angehörigen, die sicher lange auf Antworten warten werden müssen.

Am nächstem Tag ging es dann frühzeitig zum Airport, wo nochmal die einheitlichen Frisuren der Nordkoreander aus der Nähe begutachtet werden konnten. Next Stop: Phnom Penh. (CvS)