Holstebro BK – Aarhus Fremad – 1:3

Holstebro BK – Aarhus Fremad – 1:3

„0,1% ZUSCHAUER“

24.05.2021

2. Division/Pulje 1

Holstebro Idraetspark

Zuschauer: 125

HOLSTEBRO – Wie schon im Vorjahr lautete Dänemark das erste Ziel „after Corona“, wenn man ein Fußballspiel mit regulären Zuschauern zu Grunde legt. Vor 11 Monaten allerdings ohne Geisterspiele im Gepäck und bei feinsten Sonnenstrahlen, wenn auch in derselben Liga. Da die 2. Division (3. Liga) jedoch mit Ablauf der Saison von drei Staffeln zu einer Staffel verengt wird, ist auch diese Spielklasse bald Geschichte. Und auch sonst erwartete uns „strahlendes Pisswetter“ jenseits der unbewachten Grenze. Regen, den ganzen Tag. Und noch was Altvertrautes: Eine Zuschauerauslastung von um und bei 0,1%. Ich befürchte, da hatten einige Geisterspiele eine bessere Quote.

Der Grund für diese reißerische Prozentzahl ist allerdings ein freudiger: Der Holstebro Idraetspark. Denn die Spielstätte der Gastgeber kommt mit einer protzigen Kapazität von gut 10.000 Zuschauern daher und hat auch sonst eine ganze Menge zu bieten, z.B. eine schier endlose Gegentribüne, die nicht zuletzt ein bisschen an das alte-neue Parkstadion auf Schalke erinnert. Die Haupttribüne hat man gut in Schuss gehalten und das ist wichtig heute, denn sie bietet Schutz vor Regen und Wind. Tickets für rund 10€ kann man vorher ohne irgendwelche Einschränkungen oder Prüfungen online erwerben. Schriftliche Korrespondenz mit dem Verein sorgte vor der Partie für große Fragezeichen in Dänemark. Etliche Fragen zu Tickets, Corona-Nachweisen usw. usf. wurden einfach mit der Generalantwort: „Auswärtsfans sind nicht erlaubt!“ abgebügelt. Also alles klar, Feuer frei!

Holstebro kauert abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz, die Qualifikation für die neue Liga hat man um Längen verpasst. Immerhin konnte man das andere Team aus Aarhus (VSK) am letzten Spieltag schlagen. Und auch wenn die Gäste aus derselben Stadt noch gut im Rennen um die neue Liga liegen und trotzdem eine Handvoll Fans mitgebracht haben, rechnet man bei dem Gekicke auf dem Rasen mit dem Schlimmsten. Doch Hartkäse ist das nicht, was da auf dem Spielfeld produziert wird. Beide Teams agieren durchaus flott nach vorne, Aarhus braucht die Punkte dringender und spielt zwingender auf das Tor, was mit drei Treffern belohnt wird. Auch Holstebro duselt sich per Glückseigentor noch zum Ehrentreffer. So eine Einlage hatte man eher erwartet, sie bildet aber den Schlusspunkt einer soliden Veranstaltung: Fußball mit Bratwurst, Bier und, nun ja, ein paar Fans.

Für die Redaktion steht nun aller Voraussicht nach ein längerer Urlaub in Polen auf dem Programm. Kommt gut in und durch den Sommer!

mm

SV Meppen – VfB Lübeck – 0:2

SV Meppen – VfB Lübeck – 0:2

„KURZ VOR DEM KNALL“

09.05.2021

3. Liga

Emslandstadion (Hänsch-Arena)

Zuschauer: 0 (offiziell)

MEPPEN – Bis zum bitteren Ende. Siegen oder fliegen hieß das Motto für den VfB Lübeck am Sonntag in Meppen, die den ersten Nicht-Abstiegsplatz in der 3. Liga einnehmen und mit drei Punkten oder einem Unentschieden mindestens sieben Punkte Distanz auf den VfB wahren konnten. Zwei Spieltage vor Schluss hieße das: Lange Gesichter bei den Gästen, denn jeder Punktgewinn für die Emsländer bedeutete in dieser Konstellation den Abstieg für Lübeck in die Regionalliga.

Bei fantastischem Frühsommerwetter finden sich allerlei Personen in und um das Emslandstadion ein. Ein Haufen Bullen und sonstige Ordnungshüter sichern Stadion und Gelände ab. Ich lass mir meine Akkreditierung aushändigen und spaziere in die Arena. Ein Mob Meppener findet sich an der Ecke zur Haupttribüne vor dem Stadion ein und macht sich über die 90 Minuten immer wieder akustisch bemerkbar. Auch haben sich einige Fans auf Stromkästen hinter dem blickdichten Zaun postiert und können so das Spielgeschehen teilweise verfolgen. Unmittelbar vor dem Anpfiff startet der Mob hinter dem eigentlichen Gästeblock – der bei meinem Erstbesuch in Meppen vor knapp 10 Jahren übrigens noch ganz anders aussah – eine kleine blau-weiße Pyro-Show. Leider verscheucht mich in dem Moment des ersten Knalls Ex-Nationalspieler und SVM-Geschäftsführer Ronald Maul von meinem exklusiven, aber offensichtlich nicht coronakonformen Platz, so dass ich nur unzureichende Fotos anfertigen kann. Das Spiel kann beginnen.

In einer zerfahrenen, vorsichtigen Partie passiert in der ersten Hälfte nicht sehr viel. Zwei Abstiegskandidaten in der 3. Liga, das kann schon mal ein zähes Vergnügen werden. Auch im zweiten Abschnitt spielt sich das Duell eher zwischen den beiden Strafräumen ab, bis Sebastian Hertner aus dem Nichts einen wunderbaren Steckpass auf Thorben Deters spielt, der alleine vor dem gegnerischen Keeper etwas überraschend zur Führung trifft. Jener Deters, dessen Vater in Meppen als Zweitligalegende und Rekordspieler gehuldigt wird, hat kurze Zeit später sogar die Chance auf das 2:0, trifft aber nur die Querstange. Meppen spielt sich in der Folge wütende Bälle zu, es fehlt aber deutlich an Struktur und so springen allenfalls Halbchancen heraus, was selbst gegen einen halbtoten Fast-Absteiger deutlich zu wenig ist. Der VfB erlaubt sich wenig Fehler, hat nun mehr Platz zum Kontern und ein Angriff kurz vor Schluss mündet in einem Elfmeter, den Martin Röser riskant aber sicher in der Mitte des Tores versenkt.

Bei den Treffern und nach dem Schlusspfiff herrscht bei mir und dem VfB-Staff eher ungläubiges Staunen, statt helle Begeisterung. Zu sehr hatte sich nach der herben 0:3-Pleite gegen Wiesbaden der Gedanke vom Abstieg eingenistet. Aber Totgesagte leben länger: Nun verbleibt eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt. Bis zum nächsten Freitag, denn dann kann Meppen mit einem Sieg in Saarbrücken die zarte Hoffnung schon wieder frühzeitig beenden. Doch immerhin verabschiedet man sich nun einigermaßen sauber aus dieser Spielklasse, wenn der SVM in Saarbrücken gewinnt.

Die Meppener haben die drei Punkte natürlich ebenfalls bitter nötig. Zwar ändert sich an den Tabellenplätzen nach dem Schlusspfiff nichts, doch die Verfolger lauern erfahrungsgemäß genau so, wie der harte Kern der Meppener, der das Team nach der Partie noch zur Rede stellt und das nach einem minutenlangen Dialog am Stacheldrahtzaun selbstverständlich Besserung gelobt. Aus neutraler Sicht spricht allerdings nicht viel dafür. Außer dass Totgesagte halt länger leben. Und das gilt natürlich nicht nur für die Grünen, die im Emsland nochmal mit einem Blauen Auge davongekommen sind.

mm

FSV Frankfurt – Bahlinger SC – 4:2

FSV Frankfurt – Bahlinger SC – 4:2

„DER SCHIEBER VON BUTZBACH“

08.05.2021

Regionalliga Südwest

Stadion am Bornheimer Hang (PSD Bank Arena)

Zuschauer: 0

FRANKFURT – Auch in Frankfurt sind die Geschäfte momentan mehrheitlich geschlossen. Ansonsten macht sich „Corona“ an diesem schönen Frühlingstag in der hessischen Finanzmetropole nicht sonderlich bemerkbar. In Bornheims Stadtmitte fühlt man sich im Markttreiben gar wie in der Portobello Road in dem Film „Notting Hill“, für den der gleichnamige Londoner Stadtteil Pate stand. Fußball wird natürlich wie eh und je gespielt und in einem ziemlichen Kontrast zu der aktuellen Verfügungslage steht auch die Veranstaltung beim FSV Frankfurt. Zunächst mal: In der Regionalliga Südwest geht es sowohl für die Bornheimer als auch für die Gäste aus dem Kaiserstuhlgebirge um gar nichts mehr.

Auch sonst kann man diesen unspektakulären Kick als ziemlich lockere Veranstaltung durchwinken. Die Tribüne ist für ein Geisterspiel gut besucht. Augenscheinlich tummeln sich auch einige Angehörige in dem Stadion, einem Betonpalast, keine zehn Jahre alt, der aussieht wie ein Neubau aus den 80er-Jahren – unförmig und grau. Das seltsame Gebäude, aus dem die Hintertortribüne besteht, könnte auch in der JVA Butzbach stehen. Aber egal, schließlich zählen ja die inneren Werte. Und da kann man sich vorstellen, dass man hier schöne Fußballnachmittage erleben kann, vor halbwegs gefüllten Rängen. Und außerdem: Das Catering hat man – im Vergleich zu anderen Vereinen – nicht gänzlich eingestellt und serviert seinen geladenen Gästen zumindest Getränke. Das heißt für mich und die meisten anderen Stadiongänger: Endlich mal wieder Live-Fußball und Bier. Das Leben kann so einfach sein…

Dieses Motto gilt auch für die Männer, die sich auf dem Rasen duellieren. Bei den Gästen vom BSC spielt der Trainer an der Außenlinie eine lebendige Rolle. Immer wieder kommandiert und gestikuliert Dennis Bührer – ehemaliger Profi in Freiburg und Dresden – seine Elf nach vorne. Mit Erfolg, denn die gut strukturierten Bahlinger gehen schnell und etwas überraschend mit 2:0 in Führung. Ein zweifelhafter Elfmeter und ein ganz feines Hinterkopfballtor sorgen für ein komfortables Resultat. Der Elfmeter produziert überdies die wunderbare Stilblüte, dass die halbe Tribüne – namentlich der Staff vom FSV Frankfurt – lauthals „Schieber“ ins Rund brüllt. Für mich jetzt schon ein Highlight des Jahres.

Kurz vor der Pause verkürzen die Frankfurter etwas glücklich durch einen Beintunnler zum 1:2. Und wie das immer so ist: Die Gästemannschaft, der Außenseiter, knickt ein. Da nützt den Badenern auch ein überragender Hasan Pepic nichts, der die Abwehrspieler zuvor im Alleingang nass gemacht hat und dessen Bruder Mirnes in den Bundesligen kein Unbekannter ist. Noch bevor man Geld bei Sportwettenanbieter platzieren kann, gleichen die Hessen mit dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit aus. Gerade mal 30 Sekunden sind vielleicht gespielt, da steht es nach einem Konter 2:2. Die derben Zwischenrufe in hessischer Mundart verstummen endgültig, nachdem man in Folge eines Eckballs durch den starken Abwehrspieler Jesse Sierck den Zwei-Tore-Rückstand in eine Führung dreht.

Die tapferen Gäste hätten einen Punkt verdient und geben nicht auf, treffen in der Nachspielzeit sogar den Pfosten, doch zuvor macht der Sohnemann von Torwartlegende Dieter Burdenski den Deckel drauf, in dem er einen Konter zum 4:2-Endstand veredelt. Dieser Fabian Herbert Burdenski kam irgendwann mal vom SSV Jeddeloh zum FSV Frankfurt und hatte zuvor schon – passend zu den aktuellen, restriktiven Verhältnissen im Fußball – fernab der öffentlichen Wahrnehmung in Polens Ekstraklasa ein bisschen Karriere gemacht. Ein würdiger Schlusspunkt dieser Partie ist schließlich, dass man mir das letzte Bier aus dem Kühlschrank aushändigt. In dieser Disziplin meldet der FSV Frankfurt heute „ausverkauft“.

mm