FC Petrocub Hîncesti – Pafos FC – 1:4

FC Petrocub Hîncesti – Pafos FC – 1:4

„MOLDAUISCHER GRIFF NACH DEN STERNEN!“

03.10.2024
UEFA Conference League
Zimbrustadion
Zuschauer: 3.200

CHIȘINĂU – Es ist Mittwochabend und das Abenteuer beginnt am Flughafen Hamburg. Der letzte Flug des Tages verlässt den Hamburger Boden und hebt mit einer rappelvollen Maschine der Airline „HiSky“ direkt in die moldauische Hauptstadt Chișinău ab. Nach der Ankunft in der Stadt treffe ich einen weiteren HSV-Fan aus Hamburg. Nach dem Austausch unserer Kontaktdaten planten wir, die kommenden Tage gemeinsam zu verbringen. Für mich stand zunächst der Weg zu meiner Unterkunft in der Nähe des Flughafens auf dem Programm. Die Stunde Fußweg mitten in der Nacht in einer fremden Umgebung und der Respekt vor den umherstreunenden Straßenhunden waren mir zu heikel, um diesen Weg ohne Hilfe zurückzulegen. Yandex, eine Taxi-App aus Russland, schien die beste Option zu sein. Jedoch scheiterte ich an der Bestätigung meiner Telefonnummer und den hohen Gebühren. Also musste ich mich wohl oder übel auf die Taximafia einlassen.

Der Festpreis von 20 Euro für die kurze Fahrt kam mir überteuert vor. Aber eine Alternative war nicht in Sicht. Nach etwa einer Minute Telefonat wollte der Fahrer den Preis erhöhen, was ich ablehnte. Dank Google Maps, das ich zur Navigation aktiviert hatte, lotste ich den Fahrer zu meiner Unterkunft. Ich drückte ihm 400 Lei in die Hand, erhielt einen verärgerten Blick und stieg aus dem Auto.

Am nächsten Tag machte ich mich von der Unterkunft aus auf in die Innenstadt. Da Google Maps keine öffentlichen Verkehrsanbindungen anzeigte, fragte ich im Hotel nach. Die Angestellte zeigte mir auf der Karte die nächste Bushaltestelle und ein Bild der Abfahrtszeiten. Rund 30 Minuten später war ich bereits im Herzen der Stadt.

Der Anpfiff war für 22:00 Uhr angesetzt. Daher nutzte ich die Zeit, um mir die Stadt anzusehen. Wer sich für ostblockhafte Romantik interessiert, sollte unbedingt das „Hotel National“ besuchen, das in den Nationalfarben gestrichen ist. Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Triumphbogen und der Park Valea mit seiner schönen Cascada.

Wie bereits erwähnt, hatte ich einen HSV-Fan aus Hamburg kennengelernt. Wir verabredeten uns im Restaurant „La Placinte“, wo uns die einheimischen Gerichte überzeugten.

Schließlich meldete sich der Gastgeber meiner neuen Unterkunft. Er verlangte nun das Geld für das Hotel und die Eintrittskarte, die er für mich organisiert hatte. Also kurz zum Hotel, das Geld übergeben und einige weitere Sehenswürdigkeiten besichtigen.

Als der Abend näher rückte, machte ich mich mit dem Linienbus auf den Weg zum Stadion. Das Zimbrustadion stand schon lange auf meiner Bucket List. Die eindrucksvolle Wandmalerei an einem Wohnblock und die reflektierten Flutlichter in den Fenstern zogen mich in den Bann. Zudem hatte der Hamburger SV bereits 2007 in diesem Stadion im Intertoto-Cup gegen Dacia Chișinău gespielt – ein weiterer Grund für meinen Besuch.

Heute war der FC Petrocub Hîncesti in der UEFA Conference League der Gastgeber und zugleich war es deren erstes Spiel in diesem Wettbewerb. Gegen den zypriotischen Vertreter FC Pafos hatte man nicht viel zu verlieren. Hîncesti wurde von einigen Fans unterstützt, die mit dem Auto angereist waren. Normalerweise spielt der Verein im Hîncești Municipal Stadium.

Der FCP-Mob betrat lautstark den Block und unterstützte seine Mannschaft mit Trommeln, Fahnen und Gesängen. Auch die Gäste aus Zypern hatten einige Fans und Fahnen mitgebracht.

Bereits nach 15 Sekunden gab es die erste große Chance für die Gäste, die jedoch in letzter Sekunde auf der Linie gerettet wurde. Großartige Stimmung kam in der 26. Spielminute auf, als ein Strafstoß für den FCP verhängt wurde, den Lungu zum 1:0 verwandelte. Die Freude über das Tor währte jedoch nur kurz. Sechs Minuten später erzielte Correia den Ausgleich. Nur vier Minuten danach sorgte Pafos-Spieler Jaja mit einem Traumtor für das 1:2, was zugleich der Halbzeitstand war. Nach dem Seitenwechsel dominierten die Gäste weiter das Spiel. In der 52. Minute war es Correia, der seinen zweiten Treffer des Abends erzielte. Das Spiel plätscherte nun vor sich hin, und es gab nur noch einen Treffer zu bewundern. Nach einem sehenswerten Zusammenspiel war es Name, der zum 1:4 einnetzte. Das Tor überstand die VAR-Überprüfung und war gleichzeitig das Endergebnis.

Nach dem Spiel ging es wieder mit dem Bus zurück zur Unterkunft. Die Stadt hatte für das heutige Spiel die Busfahrzeiten verlängert. Irgendwann werde ich bestimmt noch einmal für den HSV hierher reisen. (fj)

Moldawien – Polen – 3:2

20.06.2023: Moldawien – Polen – 3:2

„STERNSTUNDEN DES MOLDAWISCHEN FUẞBALLS“

Stadionul Zimbru

Zuschauer: 9.442

EM-Qualifikation

CHIŞINĂU– Das eigentliche Highlight dieser Spielpaarung fand schon vor dem Anpfiff statt: Die Anreise mit dem moldawischen Rumpelzug durch die nächtliche Walachei von Bukarest nach Chișinău. Über 12 Stunden verbrachte man in dem rund 50 Jahre alten Gefährt russischer Baukunst, in dem man gebratene Würstchen auf der Speisekarte findet, wo der halbe Liter „Helles“ weniger als 1€ kostet und auf Kunstlederpritschen genächtigt wird. Wie es der Zufall so wollte, teilte man sich das 4er-Abteil mit drei Jungs aus Sachsen. Die Drei waren zwar keine Groundhopper, wollten aber auch zu dem Spiel.

Nach anderthalbstündigen Grenzkontrollen und wenig Schlaf erreichte man vormittags die moldawische Hauptstadt und wurde sogleich von einer Bande streunender Hunde begrüßt. Abgesehen von ein paar Lumpenhändlern am Bahnhof und den Vierbeinern zuvor, fühlte man sich in der grünen und durchaus aufgeräumten Stadt aber von der ersten Minute an ziemlich wohl.

Im Vorfeld war alles erledigt und durchorganisiert worden, sogar eine Unterkunft gebucht, obwohl die Abreise zurück nach Bukarest mit dem Nachtbus bereits um 1 Uhr, kurz nach dem Abpfiff der Partie, erfolgen sollte. Nur ein Ticket für das Spiel, das fehlte noch. Über den Online-Shop des moldawischen Verbands konnte man sich bequem einen Platz aussuchen, scheiterte aber mit mehreren Kreditkarten jedes Mal bei der Bezahlung. Eine Recherche durch meine Bank ergab, dass der Verband nur moldauische Karten akzeptierte. Der Verband wurde angeschrieben. Ohne Antwort. Die Unterkunft wurde angeschrieben. Ohne Antwort. Fragen in einschlägigen Groundhopping-Gruppen wurden gestellt. Ohne Lösung. Dann war das Spiel ausverkauft. Schöner Mist.

Der einzige direkte Kontakt nach Moldawien – ein schreibfauler Sportjournalist – versprach mir ein Ticket zu besorgen, wollte die Karte aber nur persönlich vor Ort in Chișinău übergeben. Wird schon schief gehen, dachte ich. Während die drei Sachsen auf dem Schwarzmarkt kein Glück hatten, traf ich mich am späten Nachmittag mit meinem „Kontaktmann“ Sergej vor dem Mannschaftshotel der polnischen Auswahl. Wir gingen zusammen was essen, ich überreichte ihm als kleines Dankeschön ein Päckchen Marzipan aus meiner Heimatstadt und bezahlte für seine Dienste freiwillig den doppelten Preis. 5€ statt 2,50€ – endlich hatte ich ein Ticket.

Mit dem ziemlich überfüllten O-Bus ging es dann spätabends zum 21:45-Uhr-Termin für umgerechnet 25ct zum Zimbru-Stadion, in dem nicht nur die Länderspiele sondern auch die Begegnungen vom FC Zimbru Chișinău stattfinden. Das Stadion ist an und für sich nichts Besonderes, viele Moldawien-Reisende werden schon dort gewesen sein, auch Sheriff Tiraspol trägt ja die internationalen Spiele im „Zimbru“ aus. Charme versprüht vor allem der Hochhaus-Komplex hinter der Gegengerade. Die Balkons der Wohnungen fungieren als VIP-Logen der arbeitenden Klasse. Im ausverkauften Stadion hatten die Polen ihr Kontingent abgesetzt, allerdings bestand der Gästeblock vielleicht aus 500 Leuten. Auch bei den polnischen Schlachtenbummlern kommt der Support der Nationalelf nicht an die Vereine heran, obwohl sogar gezündet wurde und lange Zeit eine hohe Mitmachquote bestand.

Ziemlich zügig ging der Weltranglisten-Dreiundzwanzigste durch Arkadiusz Milik in Führung und legte mit einer schönen Einzelleistung von Robert Lewandowski nach. Der Superstar vom FC Barcelona wurde frenetisch von allein Seiten begrüßt, im Laufe der Partie aber ausgebuht und ein bisschen verhöhnt. Das lag vor allem daran, dass der im ersten Abschnitt völlig chancenlosen Heimelf direkt nach der Pause mit einem satten Schuss der Anschlusstreffer gelang. Plötzlich war das Stadion hellwach und die polnische Elf ließ sich verunsichern. Moldawien zog ein Powerplay auf, das man ihnen nicht zugetraut hätte. Immer wieder schallte der „Moldova“-Schlachtruf aus vollen Kehlen durch das pulsierende Stadion. Als der mögliche Ausgleich vom slowakischen Schiedsrichter-Gespann zurückgenommen wurde, hatte man kurz das Gefühl, die moldawische Druckphase findet ihr ungekröntes Ende und Polen schaukelt das Ding nach Hause. Doch die Bemühungen der Gäste zerbrachen regelmäßig an der eindrucksvollen Zweikampfstärke der Hausherren.

Die polnischen Ballverluste wurden auf Heimseite in mitreißende Tempogegenstöße umgewandelt und zwei Mal konnte Weltklasse-Keeper Wojciech Szczęsny noch überwunden werden. Wahnsinn, was der Weltranglisten-Einhunderteinundsiebzigste für eine Show bot! Das Stadion kochte und nicht nur der deutsche Groundhopper war überrascht, auch die Einheimischen konnten nicht fassen welchen Verlauf die zweite Halbzeit genommen hatte! Kein Wunder: Vanuatu, Fidschi oder der Jemen – all diese Nationen stehen in der Weltrangliste vor Moldawien. Und jetzt das!

Der größte Erfolg der Nationalmannschaft in den letzten 10 Jahren war ein Sieg im Jahre 2013 gegen Saudi-Arabien. Andorra, Lettland, Liechtenstein, Aserbaidschan, San Marino und Kirgisien heißen die weiteren Nationen, gegen die in diesem Zeitraum Siege gelangen. Nachvollziehbar, dass die Zeitungen am nächsten Tag den Sieg gegen Polen zum größten Erfolg der moldawischen Verbandsgeschichte kürten. Mit dieser Sternstunde im Gepäck ließ sich auch die zehnstündige Rückfahrt via Nachtbus zurück nach Bukarest ganz gut meistern. (MM)