Harbuger SC – TSV Sasel – 0:7

Harbuger SC – TSV Sasel – 0:7

„ALLES AUF WEIHNACHTEN GETRIMMT“

13.12.2019

Landespokal Hamburg/Achtelfinale

Sportplatz Rabenstein

Zuschauer: ca. 100

HAMBURG – Innerlich schon auf Weihnachten getrimmt, kam der Tag, an dem ich einfach mal zu Hause bleiben wollte. Ein Freitag im Dezember, das Quecksilber nähert sich dem Minusbereich und genussvoll registriere ich, wie ein Pokalspiel nach dem anderen in Hamburg abgesagt wird. Nur eine Begegnung ist standhaft: Harburg gegen Sasel. Bei dem Wetter würde die Partie eh auf der schmucklosen Anlage an der Baererstraße ausgetragen werden, wo ich vor kurzem unter der Woche ja sogar mal aufgeschlagen bin, so meine Vermutung. Aber nein, beim Veranstaltungsort beharrt der HSC auf den „Sportplatz Rabenstein“. Tatsächlich stelle ich Nachforschungen an. Wie gesagt, nicht mal ein Großfeuer würde mich heute aus dem Haus locken. Aber man kann ja mal schauen, wo der Fehler liegt. Der Fehler liegt eindeutig im System. Denn auf der Facebook-Seite vom HSC werde ich fündig. Dort wird das letzte Spiel auf Naturrasen in der historischen Sportstätte am Rabenstein angekündigt. Offiziell. Vom Verein! Auch am Hölscherweg wird man Matsch und Gras gegen Kunstrasen und Plastikgranulat tauschen. Für Puristen ein Graus. Also ab dafür!

Anschließend muss ich mich zu Hause erklären und es gibt wieder mal ein paar lange Gesichter. Aber nur kurz und nicht bei mir. Wenig später sitze in einem ziemlich alten, schwarzen Kombi deutschen Fabrikats und fahre einmal quer durch Hamburg-Harburg. Als ich die Anlage betrete, verschlägt es mir die Sprache. Ein richtig feines Teil, das ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. In den 70er-Jahren fusionierten die Traditionsvereine Rasensport Harburg und Borussia zum Harburger SC. Abgesehen von ein paar Spielzeiten in der höchsten HFV-Spielklasse in den ersten Jahren der Neugründung, muss man die sportlichen Erfolge nach dem Zusammenschluss eher mit der Lupe suchen. Die beste Zeit im Harburger Fußball repräsentierte der Vorgängerverein „Raspo“ in der damals zweitklassigen Regionalliga Nord in den 60er-Jahren. Und genau aus dieser Zeit zeugt der „Rabenstein“. Der ganze Platz wird im Oval von verwitterten Stufen umzogen. Alles schief und krumm, die Stufen teilweise mit Backsteinen verstärkt. Ein uralter Umlauf, ebenfalls mit ganz viel Patina. Highlight und Eyecatcher ist eine Kiefer, die in einer Kurve aus den Stufen emporschießt. Außerdem stehen überall vereinzelt Bänke auf den Ebenen und auf der Längsseite zwischen den Trainerbänken hat irgendjemand mal Sitzschalen auf Holzbretter geschraubt. Natürlich hat man das Flutlicht angeknipst. Bei diesem Anblick hätte ich es wirklich sehr bereut, wenn ich in meinem warmen Zuhause in den Ofen geschaut und mit meiner Frau gemeinsam auf dem Sofa einen gemütlichen Abend verlebt hätte. Oder irgendwie so.

Immerhin: Zum Anpfiff regnet es nicht. Der Platz ist natürlich gut im Eimer. Aber egal, wird ja eh nächstes Jahr ausgekoffert. Bespielbar ist das Geläuf trotzdem. Der HSC aus der Bezirksliga hat es mit diesem Spiel – guck an – in das Achtelfinale des Landespokals geschafft und empfängt heute den TSV Sasel aus der höchsten Verbandsspielklasse. Die Ost-Hamburger kicken seit dem Aufstieg in die Oberliga in selbiger auch in schöner Regelmäßigkeit um die Spitze mit und überzeugen Jahr für Jahr mit einer griffigen, flinken, willigen Mannschaft. So naiv, von einer Pokalüberraschung am Rabenstein zu träumen, ist hier heute keiner. Nicht mal der Blick in das romantische Rund stachelt zu derartigen Gedankengängen an. Wenigstens hält der Außenseiter ganz gut dagegen und bewahrt rund 20 Minuten eine weiße Weste. Sasel dominiert das Geschehen, spielt seine Vorteile aber auch nicht brutal aus. In der zweiten Hälfte purzeln dann doch noch einige Tore. Auch zwei, drei sehr sehenswerte Treffer sind zu bestaunen, unter anderem eine Direktabnahme in Form einer Bogenlampe gut 25 Meter vor dem Tor.

Vor dem Anpfiff treffe ich mal wieder Niels vom SV Altengamme. Ich glaube, das dritte Mal hintereinander in Hamburg. Diesmal verquatschen wir fast das ganze Spiel, das allerdings – wie erwähnt – keine großen Überraschungen parat hält. Die größte HSC-Chance kreiert der Außenseiter in der Nachspielzeit, als Stürmerstar Mümin Mus alleine auf den TSV-Keeper zuläuft und vergibt. Niels und ich raufen uns die Haare. Die Begegnung auf und außerhalb des Platzes ist ein Gewinn. Nach dem Abpfiff wärmen wir uns in der gleichnamigen Absturzkneipe „Rabenstein“ auf, in der völlig überdrehte Musik aus einer Stereo-Anlage die Gäste beschallt und das tätowierte Service-Personal hinter’m Tresen seine mitgebrachten Hunde betütert. Ohne Mampf, kein Kampf – ich muss dringend mal was futtern: Pferde-Bockwurst passt irgendwie zu dem rustikalen Platz und der Kneipe. Als ich im Auto sitze und Niels sogar noch nach Hause fahre, rieseln die ersten Schneeflocken des Winters herab und zumindest im Amateurfußball ist jetzt tatsächlich erstmal alles auf Weihnachten getrimmt.

SV Börnsen – SV Rugenbergen – 2:6

SV Börnsen – SV Rugenbergen – 2:6

02.10.2019

Landespokal Hamburg/3. Runde

Sportplatz Hamfelderedder „Hamfieldroad“

Zuschauer:ca. 80

„BÖRNING DOWN THE HOUSE“

BÖRNSEN – Zwei Mal ein 2:6-Auswärtssieg in einer Woche – damit können wohl die wenigsten prahlen. Nicht die einzige Parallele, die von diesem Spiel ausging. Bereits auf den Tag genau vor einem Jahr wollte ich dem Dorf am Rande Bergedorfs einen Pokal-Besuch abstatten. Auch damals war ein Oberligist zu Gast. Kein geringerer als die TuS Dassendorf, die übrigens gerade mal zwei Dörfer weiter ihre Heimspiele austrägt. Es schüttete wie aus Eimern, weshalb ich auf einen Besuch an der „Hamfieldroad“ verzichtete. „Dasse“ won 8:0. Ein Jahr war zwischen den beiden Pokal-Begegnungen vergangen, der Regen war geblieben. Doch der Unterschied zu 2018 lag darin, dass sich beim SV Börnsen für dieses Drittrundenspiel zarte Hoffnungen auf ein Weiterkommen entfalteten. Der Gast aus Bönningstedt – am komplett anderen Ende von Hamburg gelegen – krebst im Abstiegssumpf der Oberliga herum. Und Börnsen startete mit einem 18:0-Auswärtssieg bei der DJK Hamburg in diesen Wettbewerb. Diese Erstrunden-Partie um 10:00 Uhr morgens am Horner Kreisel war die torreichste Partie, der ich jemals beiwohnen durfte. So schließt sich der Kreis.

Der Ground bietet neben Flutlicht und Anzeigetafel ein paar Stufen auf der Längsseite und erhöhte Sicht von einem Plateau am Funktionsgebäude. Das Highlight am Vereinsheim ist sicherlich „Marinas Büdchen“, mit Naschi-Tüten und anderen Knabbereien, durch’s schmale Fenster gereicht von einer echten Vereinslegende – Marina. Nebenan sorgt der Grillmeister für krosse Fleischerzeugnisse. Die Currywurst lässt keine Wünsche übrig. Diese ganzen Fußnoten gepaart mit Naturrasen, ergeben definitiv einen recht charmanten Dorfsportplatz.

Noch etwas ist bemerkenswert: Auf der Längsseite sammeln sich nach und nach junge Männer in standesgemäßer Casual-Kleidung ein. Am Ende sind es gut ein Dutzend, irgendwann entrollen sie ein Plakat – und ich bin Augenzeuge der Geburtsstunde der „Börn Ultras“. Ich stehe in der ersten Halbzeit mehr als günstig zwischen den Ultras – die nach dem Wiederanpfiff noch eine Wunderkerzen-Choreo auspacken – und ein paar Edelfans vom SV Rugenbergen. In einem recht ausgeglichenen Spiel nutzt der SVR recht schnell seine individuelle Klasse zum 1:0. Danach lässt der Favorit aber die Zügel schleifen – der Bezirksligist kämpft sich in die Partie zurück! Und wird kurz vor der Halbzeit mit einem berechtigten Elfmeterpfiff belohnt. Nur Sekunden später steht es nach einem Kunstschuss 2:1 für Börnsen. Die „Ultras“ toben und der Außenseiter geht völlig überraschend mit einer Führung in die Kabine! Die Bönningstedter schwören sich bereits einige Minuten vor Wiederanpfiff im Spielerkreis auf die Wende ein – und nach ein paar Augenblicken fällt schon der Ausgleich. Rugenbergen lässt nicht locker und führt nach vermeidbaren Toren schnell mit 4:2. Dann jedoch die nächste vermeintlich spielentscheidende Szene in einem sehr hart geführten Spiel: Rote Karte für den Oberligisten! Ein bisschen Rest-Spannung verbleibt, ehe Bönningstedt in den letzten zehn Minuten die knappe Kiste doch noch in einen Kantersieg umwandelt.

Ein ausgewechselter SVR-Spieler legt sich noch wenig charmant mit dem Publikum an – wie ein Vierbeiner, den man von der Leine gelassen hat. Zweikämpfe mit der Kreissäge, Wunderkerzen, Kettenhunde, Holsten Edel aus der Handgranate – das ist keine Champions League, aber das ist der Fußball den wir lieben.

SV Hamwarde – VfL Lohbrügge – 1:0

SV Hamwarde – VfL Lohbrügge – 1:0

30.07.2019

Landespokal Hamburg/2. Runde

Sportplatz an der Mühlenstraße

Zuschauer: ca. 125

„KREISLIGIST WIRFT BAYERN MÜNCHEN AUS DEM POKAL!“

HAMWARDE – Auftakt zu einer pickepackevollen Fußballwoche in der Provinz: Hamwarde, ein kleines Dorf hinter Schwarzenbek, in dem es auch schon mal, naja, nach Tieren riechen kann. Der Verein bietet „Fußball an der Mühle“ an und empfängt an diesem Dienstag-Abend den haushohen Favoriten vom VfL Lohbrügge zur zweiten Runde im Landespokal. Der VfL war erst im Relegationsspiel an Union Tornesch am Aufstieg in die Oberliga gescheitert. Hamwarde schlug in der ersten Runde den Lohbrügger Landesliga-Konkurrenten V/W Billstedt mit 1:0 und krebst sonst im Mittelfeld der Kreisliga herum.

Das Ergebnis aus der 1. Runde des Pokals lässt aufhorchen und pünktlich zum Feierabend blinzelt endlich wieder die Sonne durch das Wolkennest. Mit einem perlenden Alsterwasser in der Hand wird die Anlage in Augenschein genommen, die für einen Dorfsportplatz gute Argumente zu liefern weiß: Hanglage mit Stufenausbau und ein paar Parkbänke, auf die ich mich niederlasse. Altes, verranztes Vereinsheim mit historischen Mannschaftsfotos an den Wänden, neues Funktionsgebäude und ein paar nette Details, wie eine funktionstüchtige Turnhallen-Anzeigetafel und ein ausrangiertes Tor, das man mit Plane überzogen hat uns seitdem als „Westkurve Hamwarde“ fungiert. Die Westkurve bleibt unbesetzt, die Anlage füllt sich aber nach und nach mit den Dorfbewohnern. Unter ihnen eine bemerkenswert hohe Hübsche-Mädchen-Quote.

Lohbrügge punktet mit reichlich Ballbesitz und auffallend viele Spieler, deren Namen auf -ic enden, glänzen durch akurate Ballbehandlung. Im Begleitheft zum Spiel (einem Sonderheft der Bergedorfer Zeitung für die Mannschaften aus dem Osten Hamburgs) wird der VfL-Kader mit dem von Bayern München verglichen… Das Spiel ist eher ausgeglichen und arm an Torchancen. Die besseren Möglichkeiten hat Hamwarde. Für einen Fast-Oberligisten ist das schon sehr harmlos, was die Gäste anbieten. Es geht mit einem torlosen Unentschieden in die Pause. Ähnliches Bild im zweiten Durchgang. Der SVH spielt sehr aufgeweckt und irgendwann nutzt man tatsächlich die Chance zum 1:0, die durch einen schnell ausgeführten Einwurf zu Stande kommt und vom Außenbahnspieler aus spitzem Winkel ins Tor gejagt wird. Die Luft wird anschließend immer dünner für den Kreisligisten, Lohbrügge passt sich unaufhörlich den Ball zu. Abgesehen von einem Lattenschuss vor dem Rückstand, kommt es aber kaum mal zu einer gefährlichen Situation. Trotzdem ist die Spannung zum Greifen nah, wie man immer so schön sagt. Kompliment an die organisierte Leistung im Defensiv-Verbund der Lauenburger. Unglaublich, wie viele Bälle man in der Luft klärt. Selbst die berühmte Bierkiste hätte Hamwarde heute lässig aus dem Strafraum geköpft.

Sogar ein Platzverweis der Hausherren kann die Blamage für den Landesligisten nicht abwenden. Ein übles Foul wird erst mit der Gelben Karten geahndet. Als schon zwei Minuten vergangen sind und der Gästespieler den Freistoß kurz vor der Strafraumkante durchführen will, winkt der Schiri den SVH-Spieler nochmal zu sich, ich höre die Worte: „…ich hab’s mir nochmal anders überlegt“, dann gibt es doch noch den Roten Karton für den Kreisligaspieler. Die Stimmung in den letzten Minuten ist etwas aufgebracht, es gibt euphorische Anfeuerungsrufe (HAM-WAR-DE!) von den Rängen und großen Jubel, als der Schlusspfiff ertönt. Eine echte Überraschung! Jeder kennt hier jeden – kurze Zeit später vermischen sich die Akteure und Zuschauer zu einer Einheit. Während sich die hochgehandelten Landesliga-Spieler auf „Serbo-Kroatisch“ zanken oder hinter dem Funktionsgebäude rauchen.

Ein paar Tage später fegt der VfL im Liga-Betrieb den TuS Berne standesgemäß mit 7:0 vom Platz und Hamwarde verliert das nächste Spiel zu Hause gegen den SC Wentorf II mit 1:2. Manchmal ist man halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort. In der dritten Runde hat der SVH übrigens ein Freilos gezogen. Ein weiterer Schritt Richtung Europapokal.