KSV Holstein – VfL Borussia Mönchengladbach – 4:3

KSV Holstein – VfL Borussia Mönchengladbach – 4:3

„DAS PRINZIP DRNOVICE“

26.04.2025
Bundesliga
Holstein-Stadion
Zuschauer: 15.034

KIEL – Reden wir nicht großartig drumherum. Der Autor dieser Zeilen ist Anhänger eines großen Vereins aus Schleswig-Holstein. Und dieser Verein kommt nicht aus Kiel und heißt auch nicht TuRa Harksheide oder SV Hörnerkirchen. Aber der Autor ist auch Groundhopper und um irgendwelchen Komplettierungen im Heimat-Bundesland zuvorzukommen, brauchte es in dieser Saison unbedingt noch ein Bundesliga-Spiel bei Holstein Kiel. Abgesehen davon klafft zwischen Regionalliga und Bundesliga auch eine große Lücke und mit Hörnern auf der Stirn durch die Landeshauptstadt zu laufen, wäre aktuell schon großer Quatsch. Leben und leben lassen.

Das Spiel wurde einzig und allein nach der freien Lücke im Terminkalender ausgesucht. Und da kamen in der Rückrunde nur Gladbach und Freiburg in Frage. Reden wir nicht drumherum. Gegen Freiburg ist man eh schon abgestiegen (zwinkernder Smiley) und Gladbach hat dann doch die bessere Truppe auf den Rängen. Morgens noch in Italien aufgewacht, gab es also nachmittags den größtmöglichsten Kontrast: Kiel! (Lachender Smiley)

Die Stadt hat auch so ihre Vorteile: Viel Wasser, Backstein, wenig Touristen. Während man in Hamburg und Lübeck totgetrampelt wird, hat man in Kiel seine Ruhe. Und das gilt auch in etwa für das Holstein-Stadion. Auf dem Weg zum Stadion in Gästenähe zwar unglaublich viel Bullenpräsenz, ansonsten hat man fast das Gefühl, in einer dreiviertel Stunde wird in der Oberliga angepfiffen. Das ist definitiv angenehmer, als kurz vor der nächsten „Love-Parade-Katastrophe“ zu stehen. Auch die 17€ für den Steher im ehemaligen Gästeblock kann man nur als human empfinden, an Komfortpuffer im Block mangelt es eine halbe Stunde vor dem Anpfiff ebenso wenig. Das kann nun jeder bewerten wie er oder sie will.

Natürlich ist das nicht der erste Besuch in dem Stadion. Aber der erste mit neuem Gästeblock und ausverkaufter Hütte. Und hier muss man sagen, verwandelt sich das Stadion in einen anderen Zustand. Während so ein Spielort in der zweiten Liga vor halbleeren Rängen gegen einen 08/15-Gegner mehr als trist ist, greift nun in der Bundesliga das „Prinzip Drnovice“. Das 2000-Einwohner-Dorf, das jahrelang Tschechiens erste Liga aufgemischt hat, ist einigen Lesern ja vielleicht noch bekannt. Die Szenerie, die gar nicht darauf ausgelegt ist, bekommt nun eine Art Volksfestcharakter. Das Holstein-Stadion ist eine Blechbüchse, irgendwie zusammengezimmert um in der zweiten Liga die Lizenz unter Auflagen zu kriegen. Nun spielt man Bundesliga. Das gefällt der DFL bestimmt nicht, aber dann wird es ja immer erst interessant.

Was hat sich in Kiel so getan? Die Szene ist nicht die größte, aber es ist ein Pfropf hinter dem Tor vorhanden. Die restlichen Zuschauer gehen bestimmt auch mal zum Handball, aber der norddeutsche Slang ist entscheidend. Langeweile kommt jedenfalls nicht auf. Borussia Mönchengladbach, die nach lückenhaften Recherchen zum ersten Mal ein Pflichtspiel in Kiel austragen, ist mit voller Kapelle gekommen. Zum Intro gibt es zwei Banner und eine Schalparade. Zur zweiten Halbzeit wird wild gezündet, das Spiel für 5 Minuten unterbrochen. Ansonsten supportet man ziemlich massiv und konzentriert. Beim Groundhopper stellt sich Zufriedenheit ein und das gilt auch für das Spiel, in dem Kiel – der Außenseiter – richtig guten Fußball spielt und 2:0 in Führung geht. Gladbach lässt sich von dem überraschend formstarken Aufsteiger total überrumpeln. Der Fußballgott versucht offenbar alles, einen Richtungswechsel einzuleiten. (Smiley mit rollenden Augen)

Im zweiten Abschnitt kommt alles wie erwartet. Gladbach schafft den Anschluss und danach den Ausgleich, Kiel zittert. Und dann? Der Fußballgott, wie gesagt. Kiel geht in Führung. Gladbach gleicht aus. Als dann 9 Minuten Nachspielzeit angezeigt werden, weiß jeder: Da kommt noch was! Und es dauert gerade mal etwa eine Zeigerumdrehung, bis ein beherzter Schuss von Shuto Machino im Netz zappelt. Was für’n Spiel! Drnovice hat an insgesamt 10 Spielzeiten in der höchsten tschechischen Liga teilgenommen. Ab 2007 begann der Niedergang. Mittlerweile findet man sich in der 7. Liga wieder. Das sind doch stabile Aussichten. Da kann sich jetzt jede Fasson ein Szenario aussuchen. (Smiley mit teuflischem Gesicht). (mm)

Holstein Kiel – Borussia Dortmund – 4:2

Holstein Kiel – Borussia Dortmund – 4:2

“DIENSTAGABEND, FLUTLICHT & ÜBERRASCHUNGEN”

14.01.2025
Bundesliga
Holstein-Stadion
Zuschauer: 15.034

KIEL – Die Kieler Störche in ihrem ersten Jahr in der Bundesliga. Als erster Verein aus Schleswig-Holstein überhaupt. Schnell war für mich klar, diesen Kracher unter der Woche wollte ich mir nicht entgehen lassen. Borussia Dortmund an der Förde, ein Anblick, den sich viele Fans gewünscht haben. Als neutraler Beobachter ein Leckerbissen! Im letzten Jahr durfte die Anhängerschaft aus Nordrhein-Westfalen zum Champions-League-Finale nach London reisen. Was für ein Kontrastprogramm, am Dienstagabend steht man nun im neuen Gästeblock auf der Stahlrohrtribüne hinter dem Tor.

Zu meinem Jahresanfang brauch ich nicht viele Worte verlieren, frozen pitch, Flugverspätungen und Flugausfall. Die Motivation erreichte ihren Tiefpunkt, nachdem der Flug HH-MAN am Freitagabend flöten ging. Die Stadien in Liverpool und Leeds stehen weiterhin auf meiner To-do-Liste. Ich war der einzige aus der Reisegruppe, der sich gegen jeden Alternativplan wehrte. Am Sonntag motivierte ich mich für einen Besuch in Groningen. Es sollten Kräfte gesammelt werden, denn das Jahr startet von vorne. Reichlich Chaos erlebt, geheult wird zuhause und einfach mal machen. Ab jetzt geht es steil bergauf!

Positiv hervorzuheben für meinen ersten neutralen Besuch in Kiel: Das Ticket für den alten Gästeblock, welcher jetzt in den Heimbereich integriert wurde, kostet 17€. Fußball muss bezahlbar bleiben und für alle Schichten der Gesellschaft erreichbar sein! Das ist hier definitiv erreicht, Zuschauer bekommen immerhin auch die Bundesliga zu sehen. Zudem habe ich selten ein Stadion erlebt, welches einen sehr guten Shuttle-Verkehr anbietet wie in Kiel. Der Abpfiff war um 20:33 Uhr und um spätestens 21:00 Uhr waren wir am Kieler Hauptbahnhof. Dazwischen liegen noch ungefähr 15 Minuten Busfahrt. Richtig gut!

Was erwartet man eigentlich von einem solchen Spiel? Wieso zur Hölle besucht der Redakteur zum sechsten Mal das Stadion, ohne Fan von irgendeiner teilnehmenden Mannschaft zu sein? In erster Linie geht es um Fußball, in der Hoffnung ein gutes Spiel zu sehen. Oftmals wichtiger ist mir ein guter Auftritt der Fanszene und/oder der Gäste-Szene. Ich hätte es nicht erwartet, dennoch waren beide Seiten heute sehr gut aufgelegt. Die Ohrwürmer der Woche kamen definitiv aus dem Gästeblock. Ob zur Melodie von “Last Christmas” oder dem überall bekannten “Und wenn du das Spiel gewinnst”. Balsam für das angeschlagene Jahr 2025 war es definitiv. Danke dafür!

Die Störche führten zur Halbzeit mit 3:0, mir fehlten die Worte. Von dem Heimteam war es eine verdammt gute Arbeit auf dem Platz. Ob gegen den Ball, nach vorne oder im taktischen Verhalten. Hätte mir eine Person vor dem Spiel gesagt, zur Halbzeit steht es 3:0, ich hätte mit dem Kopf geschüttelt. Wahnsinn! Die Dortmunder kamen gar nicht in das Spiel, kaum Offensivaktionen, eventuelle Angst und ein schwieriges Geläuf.

In der zweiten Halbzeit kam es, wie es kommen musste. In der 71’ Minute trafen die Ruhrpottler in das Tor von Holstein. Die Anfeuerungen im Gästeblock wurden lauter. In meinen Augen der einzig hoffnungsvolle Spieler am Abend: Jamie Gittens traf durch einen abgefälschten Schuss ins Tor. 3:2 in der 77’ Spielminute. Das ist Fußball, so bringt mir Fußball am meisten Spaß! Für solche Spiele betreibe ich den Aufwand. Jeden Kilometer, ob Auto, Bahn oder Flugzeug. Einfach nur geil!

Mittlerweile standen Lewis Holtby und Jann-Fiete Arp auf dem Platz. Wieso erzähle ich es? Eben jener Lewis Holtby, früher beim HSV, Tottenham oder Schalke. Was für eine Karriere! Dennoch grätschte er in der 86’ Minute Emre Can so unnötig um und bewies seiner Mannschaft einen Bärendienst. Glatt Rot! Mit so viel Erfahrung, doppelt bitter und unnötig. Für die Kieler hieß es jetzt verteidigen, es klappte gut. Kaum eine Großchance für die Borussen. Zur letzten Ecke kam Kobel nochmal nach vorne aus seinem Kasten. Die Flanke fand keinen Dortmunder, der Ball wurde nach vorne getragen und Arp lief alleine mit dem Ball in Richtung Tor. Aus circa 40 Metern schoss er und traf zum 4:2-Endstand.

Wahnsinn! Ekstase im Holstein-Stadion! (tp)