SC Cambuur-Leeuwarden – SC Heerenveen – 1:2
„FRIESENDERBY MIT FALLRÜCKZIEHER“
19.02.2023
Zuschauer: 10.000
Eredivisie
LEEUWARDEN – Das „Friesenderby“ in Leeuwarden versprach eine Menge Zündstoff und so sattelte man Sonntag in der Früh zu einem Revisit an die holländische Nordseeküste auf. Nicht nur der letzte Tabellenplatz, auf den die Gastgeber am Vortag durch den Punktgewinn vom FC Groningen rutschten, erhöhte den Druck auf den SCC. Das Derby zwischen den beiden Städten, die gerade mal 25km auseinander liegen, fand in den vergangenen 20 Jahren keine 10 Mal statt. Und während Heerenveen im gesicherten Tabellenmittelfeld herumgondelt, sieht es für Leeuwarden momentan verdammt schlecht aus: 13 Punkte aus 21 Spielen – das ist die Bilanz eines Absteigers.
Trotzdem wurde seitens der Heimfans natürlich ein Feiertag ausgerufen und zur christlichen Anstoßzeit von 12.15 Uhr am Sonntag-Mittag stand das Saison-Highlight vor der Tür, für das man per Fanmarsch durch die Stadt zog. Vor dem Spiel gab es dann zum Einlauf der Teams eine Choreo mit den Worten: „Willkommen in der Hölle Leeuwarden“, dazu Rauchtöpfe, Fackeln und eine Leuchtspur in den Gästeblock, die am Netz abprallte. Alles ohne große Eskalation. Die folgte nach 45 Sekunden, als ein norwegischer Spieler namens Johnsen per Direktabnahme mit der ersten Chance in die Maschen traf. Das restlos ausverkaufte Stadion anschließend völlig aus dem Häuschen!
Doch auch die Gäste hatten ihre Anteile an dem Spiel. Schon weit vor dem Anpfiff präsentierte man eine Choreo, bestehend aus den berühmten Seerosen, die aussehen wie Herzchen und einem Spruch auf Westfriesisch, der so viel bedeutet wie „Wir singen für das beste Land der Welt“, garniert mit ein paar Effekten. Den Spruch kann man als eine Provokation in Richtung Cambuur deuten, da sich Heerenveen als „gesamtfriesischer Verein“ sieht, der den ganzen Landstrich repräsentiert, was man in Leeuwarden naturgemäß anders wertet. Auf dem Feld in den ersten 10 Minuten noch völlig in die Defensive gedrängt, kamen die Blau-Weißen immer besser ins Spiel und es zeichnete sich Torgefahr ab, die Mitte des ersten Abschnitts mit einem sehenswerten Schuss zum 1:1 belohnt wurde.
Anschließende Höhepunkte fanden nach der Pause eher auf dem Spielfeld statt. Leeuwarden hatte sich eine Menge vorgenommen und wie am Anfang des Spiels fand man rasch wieder einen guten Rhythmus. Harte Zweikampfführung und glücklose Offensive umschreibt den Spielstil von Cambuur am besten. Als die gute Phase abebbte und trotz teilweise wirklich bombastischer Unterstützung aus dem ganzen Stadion kein Tor daraus resultierte, kam es wie es kommen musste: Heerenveen nutzte die berühmte Konfusion im gegnerischen Strafraum und am Ende war es ein echtes Kacktor per Fallrückzieher (!), das dem mehrfachen Europacup-Teilnehmer den Weg zum Derbysieg ebnete.
Obwohl die Gastgeber in der Schlussphase noch einige hochkarätige Chancen kreierten, war die Luft irgendwie raus. Auf den Rängen und bei den Stürmern, denen man das mangelnde Selbstvertrauen ansieht. Es fehlt das Glück des Tüchtigen – ein untrüglicher Hinweis auf einen Absteiger. Schade um das Friesenderby, wenn es denn so kommt, das beim nächsten Mal ohnehin einen ganz neuen Anstrich erhält: Dann nämlich soll das neue Stadion in Leeuwarden fertig sein, das zum nächsten Jahr bezogen wird. Daher hielt sich die Enttäuschung über den ungekrönten Spielverlauf seitens der Heimelf auch in Grenzen. Ziemlich wahrscheinlich fand am Sonntag das letzte Derby im alten Cambuur-Stadion statt, das mit seinen zusammengetragenen Tribünen eine herrliche Unordnung ausstrahlt und allenthalben zu so einer hektischen Derby-Atmosphäre beiträgt. (mm)







