Deportivo Toluca FC – CD Chivas de Guadalajara: 1:1

Welch eine Ehre! Der Schwechheimer Landbote hatte eine Akkreditierung in Mexiko! Für unseren Lateinamerika-Korrespondenten Marius Beu hieß es:

„WELCOME TO THE JUNGLE – PROFI-FUẞBALL AUF 2660 METERN HÖHE“

01.10.2023

Deportivo Toluca FC – CD Chivas de Guadalajara: 1:1

Liga MX

Zuschauer: 27.273

TOLUCA – Der Spielplan warf uns am ersten Tag im Oktober nur ein Spiel aus: Toluca gegen Chivas. Toluca liegt rund 70 Kilometer und weitere 400 Höhenmeter von der Hauptstadt Ciudad de México entfernt. Im Land der Busfahrer sollte diese Entfernung eigentlich kein Hindernis sein. Denkste! Nach Toluca fährt der Bus nur vier Mal am Tag. Um 08.30 und 08.45 sowie um 12.30 und 12.45 Uhr. Währenddessen gibt es täglich 134 Verbindungen nach Puebla. Somit stiegen wir in den Bus um 12.30, der das Ziel Guadalajara hatte. Angekommen in Toluca beantwortete uns der sehr nette Uber-Fahrer auch schon warum hier keiner hinwill. Zitat: Welcome to the Jungle, Toluca ist für ihn der beschissenste Ort in ganz Mexiko. Die Leute werden von der Politik allein gelassen und hier sollte man zu jeder Minute auf seine Sachen aufpassen.

Das sind ja super Voraussetzungen für einen Stadionbesuch mit über 27.000 Zuschauern!

Mit leicht mulmigem Gefühl ging es dann zum Stadion und dort wurden wir eines Besseren belehrt. Die Fans feierten vorm Stadion eine Party und wir wurden im Stadion super herzlich empfangen. Die Deutschen sind da, was für eine Ehre! Da geriet der Besuch der mexikanischen Legende Oswaldo Sánchez fast schon in den Hintergrund.

10 Minuten vor Anpfiff waren auch alle drin, links von uns eine Stehtribüne für die Ultras, rechts für die Gäste. Die „Roja Diablos“ wurden von ihren Fans frenetisch empfangen. Im „La Bombonera“ wird es hier richtig laut! Die Tribünen sind super dicht am Spielfeld und der Schall kann hier fast gar nicht entfliehen. Dazu sangen die Ultras der Diablos über 90 Minuten und wenn von der anderen Seite „Chivas, Chivas“ ertönte, dann hörte man seinen lieben Nachbarn nicht mehr.

Spielerisch wurde uns tatsächlich auch einiges geboten. Toluca nahm als Hausherr das Heft in die Hand und generierte Chance um Chance, traf nur leider nicht ins Netz. Als wir Anfang der zweiten Hälfte dachten, das wird hier heute nichts mehr mit einem Tor, belehrten uns die Hausherren erneut eines Besseren: Schöner Pass in die Schnittstelle, der Stürmer läuft ein – Tor! Das Bombonera bebt!

Kurze Zeit später die Ernüchterung: Chivas trifft mit seinem ersten Torschuss zum 1:1. Die Gäste verwalteten danach das Unentschieden in bester italienischer Manier und nach 90+7 Minuten war dann Schluss im Hexenkessel auf über 2.660 Meter! Für den ein oder anderen Besucher aus dem Ausland auch nicht schlecht, da die Luft langsam relativ dünn wurde.

Der Rückweg gestaltete sich dann etwas schwierig, da der besagte Bus natürlich um 19.00 Uhr schon zurückfuhr. Beim Anstoß um 17.20 war dies natürlich gar keine Option. Nach 20minütiger Wartezeit erbarmte sich ein netter, aber auch stiller Uber-Fahrer und fuhr uns für einen sehr guten Taler zurück in die Landeshauptstadt.

Toluca, es war uns eine Ehre! (MB)

FK AP Brera Strumica – FK Gostivar – 5:4 n.E. (0:0)

25.10.2023: FK AP Brera Strumica – FK Gostivar – 5:4 n.E. (0:0)

„MAILAND ODER MADRID – HAUPTSACHE: MAZEDONIEN“

Sportski Centar Pandev

Zuschauer: ca. 200

Nordmazedonien

Kup na Makedonija

STRUMICA – Am Ende des Tages ärgerte ich mich trotz der Entscheidung im Elfmeterschießen nicht zu Sileks Kratovar gefahren zu sein. Dort fielen in authentisch-mazedonischer Umgebung fünf Tore in einem spannenden Achtelfinale, während in dem klotzneuen Stadion der Kaderschmiede von Goran Pandev, dem Rekordnationalspieler Nordmazedoniens, 90 Minuten um den heißen Brei herumgespielt wurde. In den letzten 3 Spielen, die ich in Nordmazedonien gesehen habe, sah ich nur Elfmetertore und davon gerade mal ein einziges in der regulären Spielzeit. In allen drei Spielen gab es direkt in der 1. Minute eine hundertprozentige Torchance, diesmal sogar einen Pfostentreffer, ehe für die übrigen 89 Minuten in den grausam-neutralisierenden, ineffizienten Mazedonien-Modus geschaltet wurde.

Doch als erfahrener Mazedonien-Reisender, 29 Jahre nach meinem ersten Aufenthalt in dem Land, schockt mich nicht mal mehr der Spielstil der dortigen Rumpeltruppen. Der neue Ground vom „FK Akademija Pandev“, der sich seit diesem Jahr „FK AP Brera Strumica“ nennt, ist auf den ersten Blick ein ganz schöner Klunker. Auf den zweiten Blick ist er ein unfertiger Rohbau, mit dem der „TÜV Süd“ kurzen Prozess machen würde – wie fast jedes Haus und jede Baute in Nordmazedonien. Eyecatcher ist ganz klar das futuristische Akademie-Gebäude, in dem außen eine Tribüne integriert ist. Sonst bietet der Ort eigentlich nichts. Die Akademie scheint innen bis auf die Kabinen im Keller kaum fertig zu sein. Zwar hängen Öl-Gemälde von Goran Pandev an der Wand, doch auf dem Boden stolpert man alle zwei Meter über eine Bohrmaschine. Kein einziger Sitz auf der Tribüne ist festgeschraubt, so dass die Plastikstühle immer mal wieder von der Tribüne purzeln.

Warum ein Pokal-Achtelfinale um 14 Uhr auf einem Mittwoch ausgetragen wird, bleibt das große Geheimnis des nordmazedonischen Fußballverbands. Daher verirrten sich vielleicht gerade mal 200 Seelen an den Stadtrand Strumicas im Südosten des Landes und bezahlten rund 3 Euro Eintritt für diesen Kick. Im Ausschank gab es nur Wasser und vor dem Stadion die berühmten Kürbiskerne. Aber das Spiel soll hier eigentlich gar nicht großes Thema sein und war an diesem Mittwoch-Nachmittag auch nicht der Rede wert. Denn bei der Recherche bezüglich der Umbenennung des Vereinsnamens stolperte ich über einen Mailänder Stadtteil und die „Fenix Trophy“. Und so hatte dieser Grottenkick dann doch seinen Mehrwert.

Die Recherche ergab, dass der Brera FC, ein „fannaher“ Verein aus dem gleichnamigen Mailänder Stadtteil und Mitbegründer der „Fenix Trophy“, dem „Europapokal für Non-Profit-Teams“, vor gut einem Jahr vom US-Finanzjongleur Chris Gardner übernommen wurde. Chris Gardner ist Selfmade-Millionär und seine Geschichte wurde mit Will Smith verfilmt („Das Streben nach Glück“). Der Verein passt zu seinem Image. Leider passt aber auch die neugegründete „Brera Holding“ zu dem Image dieser Branche. Die „Multiclub Ownership“ ist NASDAQ-notiert und hat neben den Italienern auch den mazedonischen Pokalsieger von 2019 und ein Team aus Mosambik übernommen. Das Geschäftsmodell verspricht mit einer „einzigartigen Wertschöpfungsmethodik Rendite zu bieten“ und agiert „weltweit“, wie man auf der Homepage nachlesen kann. Und das obwohl man den Brera FC in Italien jüngst vom Spielbetrieb abgemeldet hat. Das Börsenunternehmen will auch ohne aktives Team zur „Nummer 3“ in Mailand aufsteigen und organisiert noch immer die Austragung der Fenix Trophy.

Kennen wir alles und ist für’n Arsch. Selbst wenn Will Smith die Fäden zieht. Oder um es ganz einfach auszudrücken: Fick dich, Fenix Trophy! (MM)